Für obdach- und wohnungslose Frauen interessiert sich die Fraktion Die LINKE. Sie fragte die Bundesregierung unter anderem nach der Zahl der betroffenen Frauen und nach geschlechtsspezifischen Ursachen und Formen der Wohnungslosigkeit. Da es keine bundesweit amtliche Statistik gibt, bezieht sich die Regierung in ihrer Antwort auf die Schätzungen der BAG Wohnungslosenhilfe. Die BAG W schätzt für 2016, dass 100.000 Frauen wohnungslos waren. Dies ist ein Anteil von 27 Prozent aller Wohnungslosen.
Zunehmend mehr wohnungslose Frauen
Zur Bewertung der Aussagekraft der Schätzung der BAG W verweist die Bundesregierung auf Daten aus den Wohnungslosenstatistiken der Länder Nordrhein-Westfalen und Bayern, die als einzige Länder entsprechende Statistiken veröffentlicht haben.
Nordrhein-Westfalen weist in seiner „Integrierten Wohnungsnotfall-Berichterstattung 2017 in Nordrhein-Westfalen“ aus, dass am Stichtag des 30. Juni 2017 unter den erfassten Wohnungslosen 9.524 weiblich waren. Dies entspricht einem Anteil von 30,3 Prozent. Davon waren 7.415 Personen 18 Jahre und älter und 2.087 Personen jünger als 18 Jahre.
Für den Freistaat Bayern liegen Daten zum Stichtag 30. Juni 2014 vor, die mit dem Bericht zur sozialen Lage in Bayern (Bayerischer Sozialbericht) im Mai 2017 veröffentlicht wurden. Darin wird ausgewiesen, dass am Stichtag unter den erfassten Wohnungslosen 1.796 weiblich waren, was einem Anteil von 26,2 Prozent entsprach. Davon waren 1.439 Personen 18 Jahre und älter und 357 Personen jünger als 18 Jahre.
Die Bundesregierung merkt in ihrer Antwort aber auch an, dass nicht unterschieden werden kann, ob es sich um Personen handelt, die die Phase der Wohnungslosigkeit nach einer gewissen Zeit wieder überwunden haben oder über einen längeren Zeitraum hinweg bzw. andauernd wohnungslos waren oder sind.
Wohnungslosigkeit hat auch ein weibliches Gesicht
Die genannten Zahlen zeigen, dass das öffentliche und gedachte Bild des Wohnungslosen, das in der Regel männlich ist, dringend korrigiert werden muss. Zu geschlechtsspezifischen Ursachen von Wohnungslosigkeit gibt die Regierung keine Auskunft.
Die Bundesregierung räumt jedoch ein, dass es notwendig ist, Wohnungslosigkeit in Gänze besser zu erforschen. Deshalb fördert das Bundesministerium für Arbeit und Soziales seit September 2017 ein Forschungsprojekt der Gesellschaft für innovative Sozialforschung und Sozialplanung (GISS e. V.) unter dem Titel „Entstehung, Verlauf und Struktur von Wohnungslosigkeit und Strategien ihrer Vermeidung und Behebung“. Hierin sollen geschlechtsspezifische Fragen durchgehend mitbetrachtet werden. In vertiefenden Fallstudien soll beispielsweise untersucht werden, mit welchen Strategien die lokalen Systeme auf die Bedarfe besonderer Personengruppen (z. B. wohnungsloser Frauen) reagieren. Auch die möglicherweise unterschiedlichen Wege von Frauen und Männern in die Wohnungslosigkeit werden untersucht. Die Ergebnisse dieser Untersuchung sollen im Frühjahr 2019 vorgelegt und anschließend von der Bundesregierung ausgewertet werden.
Quelle: Pressedienst des Deutschen Bundestages; Cornelia Möhring MdB (Die LINKE)