Mit dem Gesetz zur Aussetzung der Hartz-IV-Sanktionen sollen für ein Jahr die Sanktionen bei SGB II-Leistungsbezieher*innen grundsätzlich ausgesetzt werden. Das Sanktionsmoratorium geht aber nicht weit genug, um eine Verbesserung der Situation von jungen Menschen im Leistungsbezug von Arbeitslosengeld II zu erreichen, findet der Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit. Meldeversäumnisse und Terminverletzungen bleiben auch mit dem Sanktionsmoratorium ab dem zweiten Versäumnis Gründe für eine Leistungskürzung von bis zu 10 Prozent des Regelsatzes. Dabei sind genau diese Versäumnisse die Begründung für etwa drei Viertel aller Sanktionen. Somit bleiben junge Menschen weiterhin von den Sanktionen bedroht. Obwohl vor dem Hintergrund steigender Miet-, Energie- und Lebensmittelpreise eine Erhöhung der Leistungsbeträge dringend geboten und jetzt keine Zeit für Leistungskürzungen ist.
Professionelle Beziehungsarbeit statt Strafe
Der Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit setzt sich für das Recht junger Menschen auf Förderung ihrer Entwicklung zu selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten ein. Dazu gehört eine individuelle Beratung und ein Vorgehen, das geringfügiges Fehlverhalten toleriert und mit professioneller Beziehungsarbeit statt Strafe reagiert. Hier wird eine Intensivierung von individuellen Unterstützungsangeboten benötigt, nicht ein Manifestieren der Sanktionen. Sanktionen stehen – insbesondere in der Jugendphase – einer „Beratung auf Augenhöhe“ entgegen und zementieren das Gefühl der jungen Menschen, den Behörden ausgeliefert zu sein. In der Pandemie sind viele junge Menschen aus dem Hilfesystem verschwunden. Um sie wieder zu erreichen, muss das Hilfesystem weiterentwickelt werden. Dafür ist es notwendig, aktiv und zugewandt auf die jungen Menschen zuzugehen. Gerade in diesen Zeiten geht es also nicht um den Erhalt eines „Strafsystems“ durch Sanktionen, sondern um ein intensiviertes Hilfsangebot.
Förderung und Anreize für die soziale und berufliche Integration weiterentwickeln
Tom Urig, Sprecher des Kooperationsverbundes Jugendsozialarbeit, mahnt daher an: „Mit 25,6 % sind junge Menschen zwischen 18 und 25 Jahren die Altersgruppe mit dem höchsten Armutsrisiko. Jede weitere Gesetzesinitiative, die Sanktionen von jungen Leistungsbezieher*innen beinhaltet, auch im Rahmen der geplanten Bürgergeldreform, stellt ein grundsätzliches Votum gegen die selbstbestimmte und eigenverantwortliche Entwicklung junger Menschen dar. Die aktuelle Herausforderung sollte im Gegensatz darin liegen, Instrumente der Förderung und Anreize für die soziale und berufliche Integration junger Menschen zu entwickeln.“
Quelle: Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit