Diskriminierungserfahrungen sind in Deutschland weit verbreitet und betreffen direkt oder indirekt einen großen Teil der Bevölkerung. Damit ist Diskriminierung ein wichtiges, gesellschaftliches Thema, insbesondere im Hinblick auf soziale Teilhabe und Zusammenhalt. Während hierfür jedoch bisher lediglich Forschungsdaten zu Erwachsenen vorlagen, werden durch die Studie des Deutschen Jugendinstituts (DJI) „Aufwachsen in Deutschland: Alltagswelten“ (AID:A) nun erstmals die Erfahrungen junger Menschen mit Diskriminierung und dessen Folgen beleuchtet. Das Ergebnis: Ein großer Anteil junger Menschen ist von Diskriminierung im Alltag betroffen – mit deutlichen Unterschieden zwischen den Geschlechtern.
Im Rahmen der Studie wurden 12- bis 32-Jährige nach ihren Erfahrungen mit Diskriminierung im Hinblick auf sieben soziale Merkmale befragt: Geschlecht, soziale und finanzielle Situation, Zuwanderungsgeschichte, Gewicht, körperliche Beeinträchtigung, Religion und sexuelle Orientierung. In der Gesamtbetrachtung gaben 70 % aller Befragten an, bereits Benachteiligung aufgrund mindestens eines sozialen Merkmals erfahren zu haben – knapp ein Fünftel von ihnen häufig.
Unterschiedliche Erfahrungen je nach Geschlecht
„Es ist deutlich zu erkennen, dass junge Menschen nicht gleichermaßen von häufiger Diskriminierung betroffen sind. Bei den Befragten, die ihre Geschlechtsidentität als weiblich bezeichnen, ist die Betroffenheit von häufigen Diskriminierungen unter den 18- bis 25-Jährigen und 26- bis 32-Jährigen fast doppelt so hoch wie unter den 12- bis 17-Jährigen (29 % bzw. 31 % vs. 17 %). Im Gegensatz dazu ist keine wesentliche Zunahme von häufigen Diskriminierungserfahrungen bei männlichen Befragten mit zunehmendem Alter zu verzeichnen (…). Werden die Altersgruppe und die Geschlechtsidentität gleichzeitig betrachtet, zeigt sich, dass Frauen in ihrem jungen Erwachsenenalter deutlich häufiger Diskriminierungserfahrungen als Männer gleichen Alters machen. Darüber hinaus erleben junge Menschen wesentlich häufiger Diskriminierung, wenn sie entweder selbst oder ihre beiden Elternteile im Ausland geboren sind, sie in materieller Deprivation leben, sie eine Beeinträchtigung haben oder sie eine nicht-heterosexuelle Orientierung aufweisen“, fasst Dr. Shih-cheng Lien, wissenschaftliche Referentin beim DJI, die Ergebnisse zusammen.
Mehrfachdiskriminierungen und Auswirkungen für die Lebenszufriedenheit
Die Studie kommt zudem zu der Schlussfolgerung, dass Mehrfachdiskriminierung keine Seltenheit ist. Im Gegenteil: 63 % der Befragten nannten zwei oder mehr Gründe für ihre Benachteiligung. Am häufigsten wurden dabei Geschlecht, Gewicht und die soziale und finanzielle Situation der eigenen Familie zusammen genannt. Untersucht wurden in diesem Kontext auch die Auswirkungen der Diskriminierungserfahrungen auf das subjektive Wohlbefinden. Wenngleich die meisten jungen Menschen angaben, mit ihrem Leben insgesamt recht zufrieden zu sein, wirkten sich die Diskriminierungserfahrungen bei den Betroffenen negativ auf ihre Lebenszufriedenheit aus. „Solche Erlebnisse gehen nicht spurlos an Menschen vorbei: Diskriminierungserfahrungen können langfristige Folgen für das Leben und Wohlbefinden junger Menschen haben“, betont DJI-Sozialepidemiologin Dr. Katrina Blindow. Klar ist somit: Es besteht Handlungsbedarf sich mit dem Thema Diskriminierung in allen für junge Menschen relevanten Kontexten auseinanderzusetzen.
Autorin: Mareike Klemz