Jugendliche melden sich vermehrt zu Wort

Jugendliche melden sich vermehrt zu Wort und artikulieren ihre Interessen und Ansprüche nicht nur untereinander, sondern zunehmend auch gegenüber Politik, Gesellschaft und Arbeitgebern. Dabei blickt die Mehrheit der Jugendlichen eher positiv in die Zukunft. Ihre Zufriedenheit mit der Demokratie nimmt zu. Die EU wird überwiegend positiv wahrgenommen. Jugendliche sind mehrheitlich tolerant und gesellschaftlich liberal. Am meisten Angst macht Jugendlichen die Umweltzerstörung. Auf Platz zwei rangiert die Angst vor Terror, auf Platz drei die Furcht vor einem Klimawandel. Das sind zentrale Resultate der 18. Shell Jugendstudie. Die Studie stützt sich auf eine repräsentativ zusammengesetzte Stichprobe von 2.572 Jugendlichen im Alter von 12 bis 25 Jahren, die zu ihrer Lebenssituation und zu ihren Einstellungen und Orientierungen persönlich anhand eines standardisierten Fragebogens befragt wurden. Die Erhebung fand im Zeitraum von Anfang Januar bis Ende März 2019 statt. Quer durch alle Gruppierungen findet sich eine Reihe von Gemeinsamkeiten. Dazu zählt auch ein Trend zu gegenseitigem Respekt und einer Achtsamkeit in der eigenen Lebensführung, ein starker Sinn für Gerechtigkeit sowie ein wachsender Drang, sich für diese Belange aktiv einzubringen. Nicht zu übersehen ist allerdings die Affinität einiger Jugendlicher zu populistischen Positionen und dass sich junge Menschen generell nicht hinreichend gefragt und einbezogen fühlen. Für die Shell-Jugendstudie werden seit 1953 alle drei bis fünf Jahre junge Menschen im Alter von 12 bis 25 Jahren zu ihren Einstellungen befragt. Der Untertitel der aktuellen Studie lautet: „Eine Generation meldet sich zu Wort“.

Soziale Herkunft auch nach wie vor prägend

Junge Menschen sind heute insgesamt tolerant. Vielfalt – unter anderem bei der Herkunft junger Menschen – ist Bestandteil jungen Lebens in Deutschland. Mädchen und Jungen, von denen heute ein Drittel einen Migrationshintergrund oder nicht die deutsche Staatsbürgerschaft hat, haben insgesamt mehr Angst vor Ausländerfeindlichkeit als vor weiterer Zuwanderung nach Deutschland. Dennoch zeigt sich zugleich eine bedeutende Minderheit offen für populistische Orientierungen. Unterschiede etwa nach Geschlecht, Alter, Ost-West und Migrationshintergrund bestehen in unterschiedlichen Bereichen und Intensitäten. Keiner dieser Unterschiede fällt aber insgesamt so stark ins Gewicht wie der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und dem Bildungsgrad.

Bemerkenswert jedoch ist, dass Jugendliche aus der sozial schwächsten Schicht – entgegen dem Trend – optimistischer geworden sind. War 2010 und 2015 nur fast ein Drittel (32 %) optimistisch hinsichtlich der eigenen Zukunft, sind es 2019 mit 45 % deutlich mehr.

Mädchen besuchen deutlich häufiger das Gymnasium als Jungen (53 % zu 42 %). Während unter Jugendlichen aus der unteren Schicht (13 %) es nur eine kleine Minderheit an das Gymnasium schafft, ist es bei Jugendlichen aus der oberen Schicht (71 %) die breite Mehrheit.

Optimistisch sind die Jugendlichen in ihrer Einschätzung, wenn es um bevorstehende Unsicherheiten in der Bildungskarriere geht. Diese breite Mehrheit findet sich auch bei den Auszubildenden, wenn es um die Übernahme nach der Ausbildung geht, und noch stärker bei den Studierenden, wenn es darum geht, innerhalb eines Jahres nach dem Studium einen angemessenen Arbeitsplatz zu finden. Jugendliche, die bereits kritische Bildungsereignisse erlebt haben, blicken nur zu 47 % und diejenigen, die Unsicherheiten in der Qualifikationsphase erwarten, sogar nur zu 30 % zuversichtlich in die Zukunft.

Die soziale Herkunftsschicht spielt eine bedeutende Rolle für das Freizeitverhalten: Jugendliche aus den unteren sozialen Schichten surfen häufiger im Netz, gamen oder sehen regelmäßiger fern als Gleichaltrige aus den höheren Schichten. Letztere liegen stattdessen bei »aktiven« Beschäftigungen wie Sport, Lesen oder Kreativität vorn.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) erklärte bei der Vorstellung der Studie, die Beteiligung von Jugendlichen an der Politik dürfe nicht von ihrem Elternhaus abhängen. Sie warb für ein Herabsetzen des Wahlalters auf 16 Jahren. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) betonte, das Engagement der Jugendlichen verdiene „Anerkennung und konkrete Unterstützung“. Die jugendpolitische Sprecherin der Grünen, Beate Walter-Rosenheimer, sprach sich dafür aus, politische Bildung sowohl als Unterrichtsfach als auch als Querschnittsaufgabe auszubauen. Weiter sprach sie sich für ein Demokratiefördergesetz aus, das die Arbeit des Programms „Demokratie leben“ verstetigen solle.

Die 18. Shell Jugendstudie lesen und bestellen

Die Studie ist als Buch im Beltz-Verlag erschienen und für 24,95 Euro zu erwerben. Als E-Book kostet sie 22,99 Euro. Kostenfrei steht eine eine 21-seitige Zusammenfassung zur Verfügung.

Elise Bohlen von IN VIA Deutschland hat für die Jugendsozialarbeit die relevanten Punkte auf vier Seiten gebündelt.

Quelle: Shell Jugendstudie; Beltz-Verlag; IN VIA Deutschland; KNA

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