Junge Menschen in Deutschland blicken immer häufiger in eine ungewisse Zukunft. Dies belegt der neue Monitor „Jugendarmut“, den die Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit (BAG KJS) e. V. im Januar 2025 veröffentlicht hat: Jede*r vierte junge Mensch zwischen 18 und 24 Jahren ist von Armut bedroht oder betroffen. Bei Minderjährigen liegt die Quote kaum niedriger.
Großer Anteil junger Menschen von Armut betroffen
Der Begriff Armut bleibt abstrakt, bis man diesen mit Zahlen veranschaulicht: Als armutsgefährdet gilt, wer mit weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens leben muss. Im Jahr 2023 lag dieser Schwellenwert für eine alleinlebende Person in Deutschland bei 1.310 Euro netto im Monat. Für junge Erwachsene, von denen viele in prekären Ausbildungs- oder Beschäftigungsverhältnissen stehen, ist dies ein Einkommen, das viele nicht erreichen können. Laut dem Monitor lebt jede*r Vierte zwischen 18 und 24 Jahren unter dieser Schwelle. Dadurch sehen sich die betroffenen jungen Menschen in ihren Möglichkeiten zur Verselbständigung und Teilhabe massiv eingeschränkt.
Rund 21 Prozent der unter 18-Jährigen in Deutschland wachsen in Armut auf. Dies ist eine Realität, die nicht nur kurzfristig den Alltag entscheidend prägt, sondern auch langfristige Spuren hinterlässt – mit Auswirkungen für die Bildung, Gesundheit und Berufsaussichten der jungen Menschen.
Wenn das Dach über dem Kopf zum Luxus wird
Ein gravierendes Problem ist die Wohnsituation junger Menschen. In einem Land, in dem die Mietpreise vielerorts rasant steigen, geraten insbesondere junge Menschen unter Druck. Zahlreiche Auszubildende und Studierende geben mehr als 40 Prozent ihres Einkommens für Wohnkosten aus, wie der Jugendarmutsmonitor dokumentiert. Eine Belastung, die kaum finanziellen Spielraum für anderes im Leben zulässt.
Besonders dramatisch zeigt sich die Wohnungsnot und die Problematik hoher Mietkosten in der Wohnungslosen-Statistik: 40 Prozent der Menschen, die im Jahr 2024 in Einrichtungen für Wohnungslose untergebracht waren, waren jünger als 25 Jahre. Die ohnehin fragile Lebenssituation vieler armutsbetroffener junger Menschen gerät so endgültig ins Wanken.
Appell an die Politik: Jugendarmut darf kein Schicksal sein
Die BAG KJS sieht dringenden Handlungsbedarf beim Thema Jugendarmut. Sie fordert von der Politik jene Strukturen zu ändern, die Jugendarmut begünstigen. Im Konkreten lauten die Forderungen: Mehr bezahlbaren Wohnraum, höhere Ausbildungsvergütungen und eine Grundsicherung, die existenzsichernd ist. Es bedarf Maßnahmen, die den Übergang von Schule in den Beruf verbessern und gezielt junge Menschen fördern, die von sozialer Benachteiligung oder individueller Beeinträchtigung betroffen sind.
Dass Armut junger Menschen nicht nur ein individuelles Problem, sondern ein gesellschaftliches Versagen ist, wird in dem Interview mit Prof. Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, deutlich. Das Interview wurde im Rahmen des Monitors veröffentlicht und zeigt den volkswirtschaftlichen Schaden, der durch Jugendarmut in Deutschland entsteht.
Die BAG KJS warnt eindringlich davor, die Zukunftsperspektiven junger Menschen weiter zu ignorieren. „Armut ist nicht nur ein soziales Problem, sie ist ein Sprengsatz für unsere Demokratie,“ betont Dr. Stefan Ottersbach, Vorsitzender der BAG KJS.
Eine Aufgabe für alle
Jugendarmut ist kein Randthema, sondern ein gesamtgesellschaftliches Problem. Die Zahlen des Monitors belegen eindrücklich, dass es entschlossenes Handeln braucht, um die Lebensrealitäten vieler junger Menschen zu verbessern.
Die BAG KJS fordert konkrete Maßnahmen, um die Weichen für mehr Chancengerechtigkeit zu stellen. Angesichts der bevorstehenden Bundestagswahl adressiert sie damit auch bewusst (verantwortliche) Politiker*innen, um gemeinsam Wege aus der Armut zu diskutieren und zu finden.
Autorin: Silke Starke-Uekermann