Die jüngste Untersuchung des ifo Instituts verdeutlicht: Bildungschancen in Deutschland hängen stark von sozioökonomischen Bedingungen ab. Kinder und Jugendliche aus benachteiligten Familien haben deutlich geringere Chancen, ein Gymnasium zu besuchen, – insbesondere in Bundesländern wie Bayern und Sachsen. Der Unterschied zwischen den Bundesländern ist markant: Während in Berlin und Brandenburg die Wahrscheinlichkeiten für den Besuch eines Gymnasiums bei etwa 53,8 % bzw. 52,8 % liegen, fallen sie in Bayern und Sachsen auf 38,1 % bzw. 40,1 %.
Der Zusammenhang zwischen Bildungsungleichheit und Jugendarmut
Die Bildungsbenachteiligung, die das ifo Institut dokumentiert, spiegelt ein zentrales Element der Bildungsarmut . Junge Menschen aus sozioökonomisch schwächeren Familien haben nicht nur reduzierten Zugang zu höherer Bildung, die Lebenslage wirkt sich auch langfristig auf ihre beruflichen Chancen und sozialen Aufstiegsmöglichkeiten aus. Der Monitor „Jugendarmut in Deutschland 2022″ der Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit (BAG KJS) e. V. zeigt unmissverständlich, dass diese Jugendlichen mit geringeren Chancen in das Leben starten.
Die vom ifo Institut vorgelegten Zahlen sind besonders alarmierend, weil ein Gymnasialbesuch meist den Grundstein für weiterführende Bildungswege legt, die bessere berufliche Chancen bieten. Kinder und Jugendliche aus Familien ohne akademischen Hintergrund oder mit niedrigerem Einkommen sind demnach deutlich benachteiligt. Dies unterstreicht die Dringlichkeit, Bildungsungleichheit nicht nur als isoliertes Phänomen, sondern als Teil der umfassenderen Bekämpfung von Jugendarmut zu behandeln.
Maßnahmen gegen die Bildungsungleichheit sind zwingend erforderlich
Die ifo-Studie verdeutlicht nicht nur das Problem, sie bietet auch Lösungsansätze. Besonders hervorgehoben wird die Notwendigkeit, bereits im frühkindlichen Alter zu intervenieren. Eine Verbesserung der Bildungschancen könnte durch gezielte Förderprogramme, die Unterstützung von Eltern und Schulen in sozial benachteiligten Gebieten und durch Maßnahmen wie datenbasierte Sprachförderung und Mentoring erreicht werden.
Darüber hinaus weist die ifo-Studie auf die Bedeutung einer späteren schulischen Aufteilung hin. In Bundesländern wie Berlin und Brandenburg, wo Schüler erst ab der 7. Klasse auf das Gymnasium wechseln, sind die Bildungschancen vergleichsweise gerechter verteilt. Dies könnte ein Modell für andere Bundesländer sein, um die Chancenungleichheit zu verringern.
Die ifo-Studie und der Monitor „Jugendarmut in Deutschland“ zeichnen ein klares Bild der Bildungs- und sozialen Ungleichheiten, die tief in der deutschen Gesellschaft verwurzelt scheinen.
Das neue Startchancen-Programm, das die Bundesregierung gemeinsam mit den Bundesländern plant, um Schulen in benachteiligten Quartieren zu unterstützen, kann eine relevante politische Maßnahme sein. Beide Publikationen unterstreichen die Notwendigkeit politischer Maßnahmen und gezielter Unterstützung für junge Menschen in benachteiligten Verhältnissen. Mehr Informationen zu politischen Forderungen, um Jugendarmut oder Benachteiligung wirksam zu bekämpfen, gibt es direkt auf der .
Datenbasis zur Studie über Bildungsungleichheit
Die vom ifo Institut ausgewertete Datenbasis ist der Mikrozensus 2018 und 2019. Für eine Stichprobe von 102.005 Kindern und Jugendlichen im Alter von 10 bis 18 Jahren liefert er Informationen über den Gymnasialbesuch und den familiären Hintergrund. Die Fallzahlen reichen von 947 Kindern in Bremen bis 23.022 in Nordrhein-Westfalen.
Die Studienergebnisse von Ludger Wößmann, Florian Schoner, Vera Freundl und Franziska Pfaehler wurden als Aufsatz in der Zeitschrift ifo Schnelldienst, 2024, 77, Nr. 05, 01-14, veröffentlicht. Die Zeitschrift steht zum kostenfreien Download zur Verfügung.
Quelle: ifo Institut; KNA; BAG KJS