Ausbildung junger Geflüchteter im Betrieb

Auszüge aus der IAB-Stellenerhebung „Geflüchtete kommen mehr und mehr am Arbeitsmarkt an“ von Nicole Gürtzgen, Alexander Kubis und Martina Rebien:
„(…) Betriebliche Planung von Ausbildung und Beschäftigung Geflüchteter
Da von den Geflüchteten der Jahre 2014/2015 erwartungsgemäß vergleichsweise wenige bereits beschäftigt sind, wurden (…) Betriebe (…) gefragt, ob sie planen, Geflüchtete zukünftig regulär einzustellen oder auszubilden. Der Großteil der Geflüchteten, die nach Deutschland kommen, ist sehr jung. Zum Zeitpunkt der Zuwanderung liegt der häufigste Wert um das 20. bis 25. Lebensjahr. Im zweiten Quartal 2016 planten 12 Prozent der Betriebe, diese vorwiegend jungen Geflüchteten auszubilden. Im vierten Quartal 2016 lag dieser Wert bei 8,1 Prozent. Auf den ersten Blick scheint dieser Anteil gering zu sein. Bei einer Ausbildungsquote von insgesamt rund 20 Prozent aller Betriebe mit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten ist er jedoch vergleichsweise hoch.

Während die unsichere Rechtslage hinsichtlich des Aufenthaltsstatus lange Zeit ein erhebliches Hemmnis für diese Investitionsentscheidung darstellte, ermöglicht die neue „3+2-Regelung“ im Integrationsgesetz für viele geflüchtete Personen nun das Durchlaufen einer (i. d. R. dreijährigen) Ausbildung sowie eine daran anschließende zweijährige Beschäftigungsphase. Dieser fünfjährige Aufenthalt bietet den Betrieben einen mittelfristig sicheren Planungshorizont und erhöht die Einstellungschancen der Geflüchteten. Auch langfristig eröffnet sich so die Möglichkeit einer Niederlassungserlaubnis für Geflüchtete und somit eine dauerhafte Beschäftigungschance im Betrieb.

Das hierfür oft geforderte Sprachniveau ist allerdings eine erhebliche Einstiegshürde, die sich nicht von heute auf morgen überwinden lässt. Gerade für Geduldete ist der Zugang zur Förderung deutlich erschwert, da diese grundsätzlich nicht über Integrations- und/oder Sprachkurse gefördert werden dürfen. Hier fehlt der Automatismus, der nach einem positivem Asylbescheid zu einem verpflichteten Integrations-/Sprachkurs führt.

Betriebe haben Geflüchtete nicht nur als potenzielle Auszubildende, sondern auch für reguläre Einstellungen im Blick. Im zweiten Quartal 2016 planten 13,6 Prozent der Betriebe die Einstellung von Geflüchteten. Im vierten Quartal 2016 stieg dieser Wert bereits auf 15,7 Prozent. Würde man den Anteil nur auf die Betriebe mit aktueller Personalsuche beziehen, läge er sogar bei 35 Prozent. (…)

Betriebe, die nach eigenen Angaben nicht planen, Geflüchtete zu beschäftigen, wurden im Rahmen der Sonderbefragung im zweiten Quartal 2016 nach ihren Gründen dafür befragt. Für die Mehrheit der Betriebe ist das Erlernen der deutschen Sprache von herausragender Bedeutung für eine dauerhafte und existenzsichernde Arbeitsmarktintegration. Fehlende Deutschkenntnisse stellen für 49 Prozent der Betriebe, die keine Beschäftigung von Geflüchteten planen, derzeit den Hauptgrund für Vorbehalte gegenüber den Geflüchteten dar.

Zudem zeichnet sich ab, dass trotz einer hohen Bildungsaspiration der geflüchteten Menschen ihre beruflichen Qualifikationen von einem erheblichen Anteil der Betriebe als noch nicht ausreichend für den deutschen Arbeitsmarkt angesehen werden. Der Staat, die Betriebe und die betroffenen Geflüchteten selbst werden daher zusätzliche Qualifikationsanstrengungen für die Integration in den Arbeitsmarkt aufbringen müssen. (…)

Bleibende Herausforderungen am Arbeitsmarkt
(…) Vor allem Betriebe im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung haben Erfahrungen mit Geflüchteten gemacht, deutlich mehr als in allen anderen Branchen. Über die gewonnen Erfahrungen hinaus geben im vierten Quartal 2016 über 15 Prozent der Betriebe an, Geflüchtete zukünftig einstellen zu wollen. Rund 8 Prozent Betriebe planen eine Ausbildung von Geflüchteten.

Aus Sicht der Betriebe stellen unzureichende deutsche Sprachkenntnisse derzeit den Hauptgrund für Einstellungshemmnisse von Geflüchteten dar. Die besten Chancen auf eine Ausbildung oder eine Beschäftigung haben Geflüchtete in Betrieben, in denen bereits ein hoher Anteil von Personen mit ausländischer Nationalität arbeitet.

Die Betriebe in Deutschland stehen vor der Aufgabe, auf das langfristig sinkende Erwerbspersonenpotenzial zu reagieren. Die Zuwanderung der hier betrachteten Geflüchteten kann diese Entwicklung mittelfristig abbremsen. (…) Der Zuzug aus Drittstaaten wird in seiner relativen Bedeutung voraussichtlich zunehmen. Da ein Großteil der Zuwanderung aus Drittstaaten aus (langjährigen) Kriegs- und Krisenregionen erfolgt, stellt die von den Betrieben zum Teil geschilderte fehlende Qualifikationsstruktur der Geflüchteten eine erhebliche Herausforderung für den notwendigen betrieblichen Integrationsprozess dar. Gleichzeitig ergibt sich durch diese Zuwanderung die gesellschaftliche und betriebliche Chance, das künftige Personalangebot auf dem bestehenden Niveau mittelfristig zu stabilisieren. (…)“

Die IAB-Studie in vollem Textumfang entnehmen Sie aufgeführtem Link.

Link: http://www.iab.de/194/section.aspx/Publikation/k170613307

Quelle: KNA; epd; IAB

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