IAB-Forschungsbericht zu Effekten des Klimawandels auf die Wirtschaft

Der Klimawandel hat bereits Auswirkungen auf den deutschen Arbeitsmarkt. Das ist eine Erkenntnis aus einem aktuellen Forschungsbericht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Der Bericht untersucht die Effekte des Klimawandels. Vor allem Temperaturanstieg und Hitzewellen treffen Branchen, verändern wirtschaftliche Kosten, Wertschöpfungsketten und führen zu Arbeitsplatzverlusten. Höhere gesundheitliche Risiken, höhere Unfallzahlen, steigende Krankheitstage bis hin zu Todesfällen können die Produktivität negativ beeinflussen.

Bernd Fitzenberger und Florian Hack (beide IAB/Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg) führen zahlreiche wissenschaftliche Belege und konkrete Beispiele auf, um die Dramatik der Auswirkungen zu unterstreichen. Hitzewellen und Dürren haben gravierende Folgen für Lebensmittelproduktion und Energieversorgung. Extremwetterereignisse wie Stürme, Starkregen und Überschwemmungen richten Milliardenschäden an und zerstören relevante Infrastruktur. Das hat Folgen für Produktionsprozesse und Logistik. Die Wissenschaftler zitieren eine Analyse des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, das für Deutschland bis zum Jahr 2050 einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um bis zu elf Prozent prognostiziert.

Indirekte negative Effekte

Der Forschungsbericht weitet die Dimensionen. Zu direkten, überwiegend negativen Auswirkungen auf Arbeitsbedingungen und Produktionsergebnisse durch den Klimawandel kommen indirekte Effekte, die negativ ausfallen können: Höhere Staatsausgaben für Klimafolgen führen dazu, dass weniger Mittel für andere Bereiche wie Bildung, Forschung oder sozialen Wohnungsbau verbleiben. Zudem können bestehende Knappheiten, etwa im Gesundheitswesen oder auf dem Arbeitsmarkt, weiter verschärft und die Lebenshaltungskosten durch steigende Preise für Bau, Energie und Lebensmittel zusätzlich belastet werden.

Klimaschutz schafft neue Beschäftigungsmöglichkeiten

Wirksame Maßnahmen gegen den Klimawandel sind dem Bericht zur Folge dringend notwendig und zugleich mindestens in den Bereichen Wirtschafts-, Arbeitsmarkt- und Gesundheitspolitik unabdingbar. Investitionen in Klimaanpassungen und -schutz schaffen durchaus neue Beschäftigungsmöglichkeiten. Jobs in Berufen mit sogenannten Green Skills, also mit eher umwelt- und klimafreundlichen Tätigkeitsinhalten, werden stärker im Arbeitsmarkt nachgefragt werden, prognostizieren die Wissenschaftler.

Zukunftsfähige Ausbildungsplätze

Für Berufsorientierung und Angebote im Übergangsbereich Schule, Ausbildung und Beruf sind die Erkenntnisse relevant: Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge in Berufen mit umweltfreundlichen Tätigkeitsinhalten entwickelt sich bereits deutlich positiver als der Ausbildungsmarkt insgesamt. Zugleich ist entscheidend, wer künftig Ausbildungsplätze und sichere Arbeitsplätze bieten kann. Denn die Auswirkungen variieren laut IAB-Forschungsbericht auch nach Unternehmensgröße, weil finanzielle Mittel entscheidend für die Resilienz gegenüber klimatischen Veränderungen sind. Kleinere Unternehmen – im Handel, im Handwerk, in der Produktion und bei Dienstleistungen – sind im Schnitt stärker betroffen als größere. Kleine und mittlere Unternehmen sind aber als Ausbildungsstätten für junge Menschen enorm wichtig.

Klimaschutz wirkungsvoll und gerecht gestalten

Die BAG KJS hatte im Jahr 2023 in der Position „Gute Lebensperspektiven für junge Menschen“  gefordert, Klimaschutz wirkungsvoll und gerecht zu gestalten. Nach dem Subsidiaritätsprinzip, das vernetztes Denken und Handeln voraussetzt, könnte beispielsweise eine ökologisch ausgerichtete Planungspolitik auf kommunaler Ebene die Anpassung an die regionalen Bedingungen besser steuern und junge Menschen einbinden. Nach dem Solidaritätsprinzip, dem die wechselseitige Verantwortung von Individuum und Gemeinschaft zugrunde liegt, könnte ein besseres Miteinander positive Effekte haben: Suffizienz statt dauerhaftem Wachstum ist für das Solidaritätsprinzip eine wesentliche Grundlage. Bleibt im Dreiklang noch das Gemeinwohlprinzip: ‌Das Beste für alle sollte über bloßen Einzel- oder speziellen Gruppeninteressen stehen. Es geht nur miteinander. Denn unbestritten braucht ein Gemeinwesen Handwerk, Handel und Industrie, Landwirtschaft sowie Dienstleitungen, damit Menschen Einkommen verdienen und der Staat Steuern für seine vielfältigen Aufgaben erheben kann. Die Wirtschaft wiederum braucht Ressourcen und Menschen, um Lebensmittel, Güter, Energie und Infrastruktur bereitzustellen und zu erhalten.

Anpassungsfähigkeit wird entscheidend sein

Trotz der dramatischen Zahlen und messbar negativen Wirkungen des Klimawandels auf den Arbeitsmarkt und damit auf die Wirtschaft in Deutschland, machen Bernd Fitzenberger und Florian Hack auch Mut: „Langfristig wird die Anpassungsfähigkeit von Unternehmen und Beschäftigten entscheidend für die direkten Folgen des Klimawandels auf dem deutschen Arbeitsmarkt sein. Maßnahmen, um durch den Klimawandel ausgelöste Schäden zu beseitigen, oder wirtschaftliche Transformationsprozesse, die die Resilienz gegenüber dem Klimawandel erhöhen und dem Klimaschutz dienen, können auch zu positiven Effekten wie der Entstehung neuer Geschäftsfelder und der Schaffung neuer Arbeitsplätze führen“, schreiben sie in ihrem Fazit.

 

Autor: Michael Scholl

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