Hürden und Schwierigkeiten für die Jugendbeteiligung

Aktuelle Forschungsbefunde des Deutschen Jugendinstituts (DJI) machen deutlich, dass strukturelle Hürden und soziale Ungleichheit verhindern, dass Kinder und Jugendliche ihre gesetzlich verankerten Beteiligungsrechte wahrnehmen können. Ebenso beschreibt der 10. Menschenrechtsbericht auf welche Schwierigkeiten Kinder und Jugendliche bei ihrer politischen Teilhabe stoßen, und benennt Maßnahmen, um ihre Partizipation zu stärken.

Das Deutsche Institut für Menschenrechte konstatiert in der Analyse über die Entwicklung der Menschenrechtssituation in Deutschland zwischen Juli 2024 und Juni 2025, dass Kinder und Jugendliche Träger*innen eigener Rechte sind, das Recht auf Partizipation inbegriffen. Dieses Recht ist in unterschiedlichen Menschenrechtsnormen enthalten, explizit in der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen. In den vergangenen Jahren sind Fortschritte erzielt und Initiativen gestartet worden, unter anderem der Nationale Aktionsplan Kinder- und Jugendbeteiligung. Allerdings stellt das Menschenrechtsinstitut fest: „Dennoch fehlt es nach wie vor an einer strukturell verankerten Partizipation von Kindern und Jugendlichen auf Bundesebene, die sicherstellt, dass ihre Meinungen und Perspektiven bei politischen Maßnahmen nicht nur gehört, sondern auch angemessen berücksichtigt werden“.

Fehlende Räume und unzureichende Mobilität

Die Stärkung und bessere Einbindung von Selbstorganisationen junger Menschen sei ein Schlüssel zu mehr politischer Partizipation auf Bundesebene, heißt es im Bericht. Der Staat trage Verantwortung für die Rahmenbedingungen. Herausfordernd für viele Selbstorganisationen junger Menschen seien fehlende Räume und unzureichende Mobilität. „Beides sind aber entscheidende Voraussetzungen für die aktive Teilhabe an jedwedem Beteiligungsprozess. Neben den Orten, an denen man sich treffen und gemeinsam organisieren kann, ist auch die Anfahrt oft schwierig und kostspielig, insbesondere für ein Engagement auf bundesweiter Ebene“, heißt es im Bericht. Die BAG KJS teilt diese Einschätzung. Junge Menschen, deren Chancen durch Armut, Bildungsherausforderungen oder Einwanderungsgeschichte geringer sind, sind besonders von bundesweiten Formaten wie Jugendpolitiktagen, Jugendgipfeln oder Beiräten ausgeschlossen.

Das bestätigen auch die Erkenntnisse im Forschungsmagazin DJI Impulse „Besser beteiligen. Warum die Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen wichtig ist – und wie sie gelingen kann“. Dort heißt es: „Fast die Hälfte (45 Prozent) der befragten 12- bis 17-Jährigen mit geringem Bildungshintergrund und gut ein Drittel (34 Prozent) der jungen Menschen aus armutsgefährdeten Familien sind […] weder gesellschaftlich noch politisch aktiv. Bei Gleichaltrigen aus Familien mit hohem Bildungsstatus und ohne Armutsrisiko liegen diese Anteile bei lediglich 12 beziehungsweise 14 Prozent“. Abgefragt wurden Aktivitäten in verschiedenen Vereinen oder aus politischen Gründen, wie die Teilnahme an öffentlichen (digitalen) Diskussionen, Demonstrationen oder Bürgerinitiativen.

Negative Folgen durch symbolische Beteiligung

Dr. Frank Greuel, Experte für Demokratieförderung und Partizipation am DJI, macht in einem Fachbeitrag darauf aufmerksam, dass eine lediglich symbolische Beteiligung von Jugendlichen negative Folgen für deren demokratische Haltungen haben kann. In seinem Beitrag betont er die Bedeutung altersgerechter, transparenter Rückmeldungen an junge Menschen darüber, wie sich ihre Beteiligung tatsächlich auswirkt. In einem Video-Beitrag (Youtube) erläutert der Wissenschaftler, warum es anspruchsvoll und unverzichtbar ist, junge Menschen zu beteiligen.

Rechtsstaatliche Mittel gegen Hetze und Gewalt

Sowohl das Menschenrechtsinstitut als auch das DJI arbeiten in Berichten und Studien heraus, dass ein besserer Schutz vor Hass und Gewalt im Internet ein wichtiger Faktor ist, um politisches Engagement und Selbstorganisation zu stärken. Wer seine Positionen für eine freiheitliche Demokratie vertritt, gerät schnell in den Fokus derer, die Demokratie und Beteiligung ablehnen. Das Deutsche Institut für Menschenrechte empfiehlt: „Anträge auf Finanzierung niedrigschwellig, barrierefrei, einfach und unbürokratisch zu ermöglichen und die Mittel möglichst langfristig, planbar und nicht nur projektgebunden zu vergeben sowie entschieden mit rechtsstaatlichen Mitteln gegen Hetze und Gewalt vorzugehen und bundesweit zugängliche Beratungs- und Hilfsangebote aktiv bekannter zu machen“.

Dagmar Hoffmann, Professorin für Medien und Kommunikation sowie Gender Media Studies an der Philosophischen Fakultät der Universität Siegen, schreibt in ihrem Beitrag für DJI-Impulse: „Niemand ist dauerhaft davor gefeit, auf Desinformationen und Manipulationsversuche hereinzufallen. Umso wichtiger ist es, das eigene Informationsverhalten kontinuierlich und kritisch zu reflektieren“. Lernen können Kinder und Jugendliche dies durch Medienkompetenz-Angebote.

Text: Michael Scholl

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