Bundesarbeitsminister Hubertus Heil sieht mit Blick auf den aktuellen Berufsbildungsbericht schlechte Befunde für den Ausbildungsmarkt. Rund 2,6 Millionen junge Menschen zwischen 20 und 34 Jahren sind ohne berufliche Erstausbildung. “Und das in Zeiten von Arbeits- und Fachkräftemangel”, konstatiert der Minister. Als Lösungen nennt Hubertus Heil die Allianz für Aus- und Weiterbildung sowie die Ausbildungsgarantie.
Reaktion auf den Berufsbildungsbericht
Der Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit hat sich zum Berufsbildungsbericht 2023 geäußert und betont, dass die Einführung einer Ausbildungsgarantie deutlich beherzter als bisher geplant gelingen muss. Erschreckend hoch sind die Anteile von Jugendlichen ohne Schulabschluss (74,1 Prozent) bzw. Lediglich Hauptschulabschluss (39,0 Prozent), die ohne Berufsausbildung bleiben. Deswegen müssen diese jungen Menschen ohne oder mit geringeren schulischen Abschlüssen unbedingt in den Blick genommen werden. Die BAG KJS fordert gemeinsam mit den anderen Organisationen im Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit in einer Pressemitteilung: “Diese jungen Menschen brauchen Unterstützung, um einen formalen Berufsabschluss zu erreichen”. Es gelte beim Ziel einer inklusiven Berufsausbildung voranzukommen. Die betriebliche und schulische Berufsausbildung müsse sich weiterentwickelt, um deutlich inklusiver zu werden.
Wege in die berufliche Bildung sichtbarer machen
Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger betont bei der Vorstellung des Berichtes: “Wir machen die berufliche Bildung für junge Menschen jetzt deutlich sichtbarer, attraktiver und geben ihr damit neuen Schub”. Ein Baustein sei der Ausbau der Berufsorientierung im Weiterbildungsgesetz. Die Zahl der Anfänger*innen in der dualen Berufsausbildung ist laut Bericht um 1,3 % im Vergleich zum Vorjahr angestiegen. Die schulischen Ausbildungsgänge in Berufen des Gesundheits-, Sozial- und Bildungswesens zeigten einen Rückgang von 2,3 %. Der DGB kritisiert, dass trotz unbesetzter Ausbildungsstellen wieder mehr als 200.000 junge Menschen in den vielen Maßnahmen des Übergangsbereichs gelandet seien. Die Betriebe sollten ihre Erwartungen bei der Vergabe von Ausbildungsplätzen hinterfragen und auch jungen Menschen mit schwächeren Schulleistungen eine Chance geben, lautet die Forderung der Gewerkschaft. Angesichts dessen, dass es trotz leicht steigender Stellenangebote und sinkender Nachfrage noch nicht gelungen sei, zum Vorkrisenniveau zurückzukehren, stellt der Hauptausschuss des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) fest: “Es muss das Ziel sein, mit Blick auf die Berufsbildung die Folgen der Coronapandemie und des russischen Angriffskrieges in der Ukraine zügig zu überwinden und gestärkt aus der Situation hervorzugehen”. Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Länder im BIBB empfehlen dazu unterschiedliche Lösungen.
Zahl der NEETs nimmt weiter zu
Parallel zum Berufsbildungsbericht 2023 beobachtet die Bertelsmann Stiftung in ihrem Monitor Ausbildungschancen inklusive Ländervergleich, dass die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge in den letzten zehn Jahren gesunken ist. Der Rückgang betreffe insbesondere die duale Ausbildung. Die schulische Ausbildung konnte in der letzten Dekade ein leichtes Plus verzeichnen.
Eine andere wesentliche Entwicklung aus dem Monitor: Es gibt immer mehr Jugendliche, die sich weder in Ausbildung noch in der Schule oder in Arbeit befinden. Im Jahr 2021 wurden in der Altersspanne der 15 bis 24-Jährigen NEETs (Not in Employment, Education or Training) rund 630.000 junge Menschen gezählt, im Jahr 2019 waren es noch 138.000 junge Menschen weniger. Beim Blick hinter die absoluten Zahlen wird deutlich, dass überproportional Jugendliche ohne Abschluss oder mit Hauptschulabschluss zu den NEETs zählen und deren Zahl wächst. Problematisch ist nach Angaben der Forschenden, dass zudem die Jugendarbeitslosigkeit dramatisch angestiegen ist – der überwiegende Anteil junger, arbeitsloser Menschen hatte höchstens einen Hauptschulabschluss.
Ausbildungsgarantie hat noch Lücken
Als eine Antwort auf die jahrelangen Entwicklungen wird aktuell im Bundestag das Weiterbildungsgesetz beraten. Der Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit hat sich mit einem Zwischenruf (LINK AUF ZWISCHENRUF) positioniert und betont unter anderem, dass die Unterstützung der Mobilität im Gesetzentwurf nicht ausreichend ist. Eine zentrale Forderung: Das Angebot des sozialpädagogisch begleitenden Jugend- und Azubiwohnens muss ins Gesetz geschrieben, flächendeckend ausgebaut und bei jungen Menschen besser bekannt gemacht werden. Außerdem muss für jeden jungen Menschen eine bedarfsgerechte und individuelle sozialpädagogische Begleitung zur Anbahnung, Einmündung und Begleitung einer Berufsausbildung angeboten werden können. Dieses Angebot muss das Wunsch- und Wahlrecht der Jugendlichen und Betriebe berücksichtigen und damit ohne Vergabelogik zur Verfügung stehen. In der Anhörung des Bundestagsausschusses für Arbeit und Soziales wird der Kooperationsverbund seine Haltung und Expertise am 22. Mai 2023 einbringen.
Quellen: Bundespresseamt; Bundesministerium für Bildung und Forschung; Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit; Bundesinstituts für Berufsbildung; Deutscher Gewerkschaftsbund; Bertelsmann Stiftung