Mehr als ein Drittel aller Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen unter 25 Jahren in Deutschland haben eine Migrationsgeschichte. Mit welchen Herausforderungen ihr Aufwachsen in Deutschland verbunden ist, zeigt der DJI- Kinder-und Jugendmigrationsreport 2020, für den das Deutsche Jugendinstitut (DJI) die Daten amtlicher Statistiken und repräsentativer Surveys ausgewertet hat. DJI-Kinder- und Jugendmigrationsreport 2020 beschreibt das Aufwachsen in der Familie, in den Bildungsinstitutionen sowie in Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe. Verglichen werden junge Menschen mit und ohne Migrationsgeschichte, aber auch die verschiedenen Migrationsgenerationen: Nur gut ein Viertel (26 Prozent) der unter 25-Jährigen mit Migrationsgeschichte ist selbst nach Deutschland zugewandert – zum Beispiel auf der Flucht oder im Rahmen der EU-Binnenmigration – und gehört damit der ersten Generation an. Knapp drei Viertel (73 Prozent) sind hier geboren und leben bereits in der zweiten oder dritten Generation im Land.
Immer noch viele Nachteile
Während für viele Neuzugewanderte geringe Kenntnisse der deutschen Sprache und des hiesigen Kita-, Schul- und Ausbildungssystems zunächst große Hürden darstellten, hat ein Großteil der zweiten und dritten Migrationsgeneration zunehmend Erfolg in Schule und Ausbildung. Doch auch sie hätten immer noch viele Nachteile gegenüber jungen Menschen ohne Migrationsgeschichte so der Report.
Die schlechteren Startchancen für Kinder mit Migrationsgeschichte setzten sich laut DJI beim Übertritt von der Grundschule ans Gymnasium fort: 11- und 12-Jährige mit Migrationshintergrund waren im Jahr 2017 seltener an Gymnasien vertreten als Gleichaltrige ohne Migrationshintergrund. Doch der Anteil steigt von Generation zu Generation: Während 22 Prozent der selbst zugewanderten, ersten Migrationsgeneration ein Gymnasium besuchten, waren es in der zweiten und dritten bereits 35 Prozent im Vergleich zu mehr als 40 Prozent der Kinder ohne Migrationshintergrund
Bei den Schulabschlüssen der 18- bis unter 25-Jährigen mit Migrationsgeschichte zeichnet der Report ebenfalls ein positives Bild: So hätten im Jahr 2017 junge Erwachsene der zweiten und dritten Generation viel seltener die Schule ohne Abschluss verlassen (4 Prozent) als die der ersten Migrationsgeneration (13 Prozent), aber immer noch häufiger als ihre Mitschülerinnen und Mitschüler ohne Migrationshintergrund (2 Prozent).
Der DJI- Kinder- und Jugendmigrationsreport stellt heraus, dass Migrantinnen und Migranten der zweiten und dritten Generation an verschiedenen Stellen des Bildungssystems, etwa bei den Schulabschlüssen und beim Übertritt ans Gymnasium immer noch schlechter abschneiden als Menschen ohne Migrationshintergrund, habe häufig mit anderen Merkmalen als der Migrationsgeschichte selbst zu tun. Niedrige Bildungsabschlüsse der Eltern oder eine schlechte finanzielle Lage der Familie beeinflussten den Bildungserfolg. Junge Menschen mit Migrationsgeschichte würden allerdings überdurchschnittlich häufig mit diesen Rahmenbedingungen aufwachsen, erklärt Dr. Susanne Lochner, die den Kinder- und Jugendmigrationsreport zusammen mit sieben Sozialwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern des DJI und des Forschungsverbunds DJI/ TU Dortmund erstellt hat. Lochner fordert daher: „Um ihnen gleichwertige Chancen in Bezug auf Bildung, Teilhabe und Lebensverhältnisse zu gewähren, sind mehr politische Maßnahmen gefragt, die unabhängig von der nationalen Herkunft auf einen Ausgleich familiärer Risikolagen abzielen“.
Quelle: Deutsches Jugendinstitut