Beim 5. Parlamentarischen Frühstück der Jugendmigrationsdienste (JMD) im September 2025 kamen Bundestagsabgeordnete und JMD-Fachkräfte miteinander ins Gespräch. Anhand praktischer Beispiele gaben die JMD Einblicke in die Arbeit mit jungen Menschen mit Einwanderungsgeschichte. Dabei wurde auch deutlich: Um Jugendliche weiterhin gut zu unterstützen und den sozialen Zusammenhalt zu stärken, benötigen die JMD verlässliche Rahmenbedingungen.
„Die Jugendmigrationsdienste fördern die Teilhabe junger Menschen und tragen zum gesellschaftlichen Zusammenhalt bei“, betonte Hakan Demir, Bundestagsabgeordneter und Schirmpate des Frühstücks im Paul-Löbe-Haus des Deutschen Bundestags. „In der Zusammenarbeit mit dem JMD erfahren Jugendliche Selbstwirksamkeit und merken: Mein Tun hat eine Wirkung. Das schafft Perspektiven“, so Demir. Mit Präventionsprogrammen an Schulen – JMD Respekt Coaches und JMD Mental Health Coaches – tragen die Jugendmigrationsdienste gezielt zu mehr Demokratieverständnis und zur Stärkung psychischer Gesundheit bei.
Ganzheitlicher Ansatz für eine nachhaltige Wirkung
Wie die JMD-Arbeit wirkt, welche Hürden zugleich zu bewältigen sind, zeigten die mitgebrachten Praxisbeispiele. Als Ahmed, 22 Jahre, aus Afghanistan zum JMD Nürnberg kam, wollte er eigentlich möglichst schnell eine Arbeitsstelle finden und Geld verdienen. Im Zuge der Beratung entschied er sich, mit einer Ausbildung zum Maschinenanlageführer die eigene Zukunft zu gestalten. Gemeinsam mit JMD-Beraterin Gisela Woitzik-Karamizadeh erstellte er einen Lebenslauf, bewarb sich bei geeigneten Unternehmen und fand bald einen Ausbildungsplatz. Der JMD stand ihm weiter zur Seite: Ausbildungsbeihilfe beantragen, Deutsch-Nachhilfe und eine eigene Wohnung finden – bei alldem unterstützte der JMD und ermöglichte es Ahmed, seine Bildungsbiografie erfolgreich zu gestalten. Entscheidend war dabei der ganzheitliche Ansatz der JMD, der von der sprachlichen über die schulische und berufliche bis hin zur sozialen Teilhabe alle Bereiche in den Blick nimmt.
Schritt für Schritt zu mehr Selbstständigkeit
Auch Younoussa aus Guinea gelang es mit viel Eigeninitiative und Ausdauer, seinen beruflichen Weg selbstbestimmt zu realisieren. Als 17-Jähriger kam Younoussa zum JMD Leipzig, der ihm half, Aufenthaltsfragen zu klären, Geburtsurkunde und Pass aus der Heimat zu beschaffen. Nach einem Praktikum absolvierte er erfolgreich eine Ausbildung als Krankenpflegehelfer und fand schnell eine Stelle. Unzufrieden mit den Arbeitsbedingungen, wagte er jedoch einen Wechsel des Berufsfelds und macht nun eine Ausbildung als Straßenbahnfahrer. JMD-Berater Horst Wolfert freut sich über die positive Entwicklung des jungen Mannes: „Uns war wichtig, ihm Stück für Stück Verantwortung zu übergeben. Er macht jetzt selbstständig seinen Weg.“
Türöffner ins Bildungssystem
Der Weg hin zu sprachlicher und schulischer Teilhabe ist für neu eingewanderte junge Menschen oft von Herausforderungen, Umwegen und Unsicherheiten geprägt. Diese Erfahrung macht Tatjana Brauer, JMD-Beraterin in Völklingen, immer wieder. Doch mit dem JMD als verlässlichem Wegbegleiter, der Brücken zwischen Jugendlichen, Eltern, Schulen, Ämtern und Behörden baut, kann eine erfolgreiche Bildungsbiografie gelingen. So auch bei Ronida, die als Jugendliche mit ihrer Familie aus Syrien floh. Sie wusste früh: Ich möchte studieren. Mit viel Engagement, Durchhaltevermögen und der Unterstützung des JMD hat Ronida ihren Traum verwirklicht und hält heute voller Stolz ihre Immatrikulationsbescheinigung für das BWL-Studium in den Händen.
Mit Spiel und Sport zu mehr Teilhabe
Mit einem Sport- und Sprachcamp in den Sommerferien fördert der JMD Bottrop spielerisch die Deutschkenntnisse neu eingewanderter Jugendlicher und überbrückt damit eine Zeit, in der mühsam Erlerntes leicht wieder verloren geht. Zugleich lernen die Jugendlichen Angebote örtlicher Sportvereine kennen. Inzwischen ist das Projekt, das JMD-Mitarbeiter Gabriel Gedenk in Kooperation mit dem Kommunalen Integrationszentrum der Stadt Bottrop durchführt, im 2. Jahr und entwickelt sich weiter. Jugendliche mit fortgeschrittenen Deutschkenntnissen können in den Herbstferien selbst eine Fortbildung zum Übungsleiter beginnen – eine neue Rolle, in der sie sich als wirksam und kompetent erfahren.
Verlässliche Rahmenbedingungen dringend benötigt
Nora Aylin Yildirim, Geschäftsführerin der AWO Stuttgart, schilderte eindrücklich die Herausforderungen, mit denen JMD-Träger vor Ort konfrontiert sind. Die Fachkräfte sind hochqualifiziert und erfahren, doch ihre langfristige Bindung wird durch unsichere Förderperspektiven erschwert. Höhere Erfahrungsstufen bedeuten steigende Gehaltsansprüche – zugleich stagnieren die Fördermittel. Die Folge: Träger geraten in wirtschaftliche Schieflage und müssen trotz wachsendem Bedarf Stellen abbauen. Gute JMD-Arbeit, so Yildirims Appell, bedarf der Kontinuität und des Vertrauens – und dafür verlässlicher Finanzierung und Planungssicherheit. Wer gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen will, muss die Strukturen sichern, die sie schaffen.
Entscheidung über künftige Finanzierung steht aus
Das Parlamentarische Frühstück fand während der Haushaltsverhandlungen für das Jahr 2026 statt. Wie die künftige Finanzierung des Programms ausfällt, blieb somit offen. Das Bundesprogramm Jugendmigrationsdienste wird gefördert vom Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMBFSFJ). Die JMD- Trägerorganisationen fordern für 2026 eine Aufstockung der Mittel auf 77 Mio. Euro für das JMD-Hauptprogramm und eine verlässliche Perspektive für die Präventionsprogramme an Schulen.
Das Parlamentarische Frühstück wurde ausgerichtet von den vier Trägerorganisationen der JMD: dem AWO Bundesverband, der BAG Evangelische Jugendsozialarbeit, der BAG Katholische Jugendsozialarbeit und dem Internationalen Bund/Freie Trägergruppe. Die Trägervertreter*innen dankten allen teilnehmenden Bundestagsabgeordneten für ihr Interesse und ihren Zuspruch.
Über die JMD
Die Jugendmigrationsdienste beraten und begleiten junge Menschen zwischen 12 und 27 Jahren – ob bei der Suche nach Sprach- und Integrationskursen, Praktika oder Ausbildungsplätzen, bei der Anerkennung von Abschlüssen oder im Kontakt mit Behörden. Auch in persönlichen Fragen sind sie da. Ziel des bundesgeförderten Programms ist es, Jugendlichen den Übergang von der Schule in Ausbildung und Beruf zu erleichtern und ihre Perspektiven zu verbessern. Im Jahr 2024 nahmen mehr als 136.000 Ratsuchende aus 180 Nationen das Beratungsangebot wahr.
Text und Bilder: Servicebüro Jugendmigrationsdienste