Qualitätsentwicklung in der Schulsozialarbeit trägt zur Armutsprävention bei

Auszüge aus der Expertise „Für ein Aufwachsen im Wohlergehen. Schulsozialarbeit als Wegbereiterin erfolgreicher Bildungswege.“
“ Schulsozialarbeit gilt als Wegbereiterin eines gesunden Aufwachsens und erfolgreicher Lebensverläufe und Bildungswege. Mit ihren präventiven und gesundheitsförderlichen Angeboten erreicht die Jugendhilfe an Schule vor allem die jungen Menschen, die aufgrund sozialer Risikolagen schlechtere Bildungschancen haben und weitreichende Hilfe und Unterstützung benötigen, um gesund und sicher aufzuwachsen. Auch nimmt die Schulsozialarbeit im Prozeß der Umsetzung inklusiver Bildungsstrukturen eine zentrale und zukunftsweisende Rolle zu einer an Vielfalt orientierten Öffnung von Schule ein. Auf Grund ihrer Schnittstellenfunktion zwischen Jugendhilfe und Schule ist Schulsozialarbeit ein junges und äußerst heterogenes Arbeitsfeld, das nachhaltig abgesicherter Strukturen auf allen Ebenen der Planung und Steuerung bedarf, um erfolgreich wirksam zu sein.

Wie kann die Wirksamkeit lebensweltorientierter Schulsozialarbeit gefördert und gesichert werden?
Wirkungen von Schulsozialarbeit sind eng verknüpft mit den anvisierten Zielen und Aufträgen, den bereitgestellten Gestaltungsspielräumen, den vorhandenen Rahmenbedingungen sowie einer gelingenden Kooperation von Lehrkräften und schulsozialpädagogischen Fachkräften.

Schulsozialarbeit kann – unter entsprechenden Bedingungen – für einzelne junge Menschen, Schüler/innengruppen, für Lehrkräfte und Eltern, aber auch für die Schule als Lebensort ein wirkungsvolles Instrument sein.

Die Nutzungsquoten von Angeboten der Schulsozialarbeit schwanken bei Schüler/innen sehr stark und sind in Abhängigkeit von Angebot, Schultyp, Alter und Geschlecht zu sehen.

Junge Menschen mit einer höheren subjektiven Belastung, geringem Selbstbewusstsein, größeren sozialen Auffälligkeiten und/oder ungünstigeren sozialen und familiären Unterstützungsressourcen nehmen die Schulsozialarbeit häufiger in Anspruch.

Allerdings kann Schulsozialarbeit bei einer einseitigen Fokussierung auf Problemschüler/innen und –klassen ihre Wirksamkeit nicht voll entfalten. Die Mehrheit der Schüler/innen wird durch unterrichtliche Angebote und außerunterrichtliche Betreuungs- und Freizeitaktivitäten erreicht.

Sollen möglichst viele Kinder und Jugendliche nachhaltig davon profitieren, ist es notwendig, die Angebote so zu gestalten, dass sie individuell und gleichzeitig für die gesamte Zielgruppe attraktiv sind. …

Die Frage nach den Wirkungen der Schulsozialarbeit ist ein wesentliches Element der Qualitätsentwicklung. Dabei stellen die Dokumentation und Auswertung schulsozialpädagogischer Angebote die Basis der Sicherung und Weiterentwicklung schulsozialpädagogischer Qualität dar. … Nur dort wo schulstandortspezifische Ziele in nachprüfbarer Form formuliert, das Handeln schulsozialpädagogischer Fachkräfte systematisch dokumentiert, Erhebungsverfahren implementiert und fachliches Handeln systematisch ausgewertet wird, kann die Zielerreichung eingeschätzt werden. …

Um dauerhaft jugendhilfespezifische Handlungsprinzipien und Impulse in das System Schule einbringen zu können, muss die Unterordnung der Fachkräfte für Schulsozialarbeit unter die Funktionslogik von Schule vermieden werden. Dies kann durch verschieden Maßnahmen unterstützt werden: ## sich fachlich, von der reinen Dienstleistungsfunktion, die Schule den Fachkräften vielleicht gerne zuweisen würde, abgrenzen (z. B. von einer einseitigen direkten Stützfunktion für das Unterrichtsgeschehen),
## umfassende, kontinuierliche Aushandlungsprozesse führen,
## eigene überzeugende und im Hinblick auf die Schulrealität angemessene Konzepte entwickeln,
## das Bereitstellen von Unterstützungsangeboten zur eigenen professionellen Reflexion und Planung,
## kontinuierliche, umfangreiche Fort- und Weiterbildung einfordern und wahrnehmen,
## ein Team von mehreren sozialpädagogischen Fachkräften an Schulen installieren,
## Ausweitung der Leitungsqualifikation von Schulleitungen auf den Umgang mit sozialpädagogischen Fachkräften und Konzepten.

Kinder und Jugendliche machen heute immer öfter die Erfahrung in Armut aufzuwachsen. So leben nach Angaben des Deutschen Kinderschutzbundes inzwischen über 2,5 Millionen Kinder in Deutschland in Einkommensarmut. Damit verbunden sind eine eingeschränkte Lebensqualität sowie kritische und einschneidende Lebensereignisse. Haben Kinder schon früh in ihrem Leben viele Barrieren zu überwinden und gleichzeitig nur wenig soziale und emotionale Unterstützung, so hat dies bedeutende Auswirkungen auf ihr Wohlbefinden und auf ihre weiteren Lebens- und Bildungswege.

Schulsozialarbeit hat einen Bedeutungswandel erfahren. Wurde Schulsozialarbeit an einer Schule vor einiger Zeit noch als Warnsignal für vorhandene Probleme in einer Schule wahrgenommen, gilt sie in jüngster Zeit als Gütekriterium für gelingende Bildungsprozesse in Schulen. Zunehmend etabliert sich ein Verständnis, dass davon ausgeht, dass junge Menschen durch Schulsozialarbeit gewinnen, da ihnen so ein ergänzendes Bildungs- und Entwicklungsangebot gemacht wird.

Die Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen und die gesellschaftlichen Strukturen und Anforderungen laufen am Ort Schule zusammen. Schulsozialarbeit vermag maßgeblich dazu beizutragen, dass Exklusionsrisiken minimiert und Inklusionschancen gewahrt werden. Ein Fundament hierbei ist der Rückbezug auf die lebensweltlichen Bedingungen und Ressourcen, in denen Kinder und Jugendliche aufwachsen. Der Leitgedanke von Schulsozialarbeit ist die Bildungsbeteiligung aller und insbesondere derjenigen, die von Benachteiligungen betroffen sind.

Schule gewinnt zunehmend als Lebenswelt von Kinder und Jugendlichen an Bedeutung. Für die Vermeidung von Armutsfolgen junger Menschen kann sozialpädagogische Arbeit in der Schule, aus ihr heraus und in sie hinein einen wesentlichen Betrag leisten. …

Schulsozialarbeit als Baustein kind- und jugendzentrierter Armutsprävention

Im Rahmen der kind- und jugendzentrierten Armutsprävention ist Schulsozialarbeit nur ein Angebot von vielen. Schulsozialarbeit kann dann ihre Wirkungen besonders weitereichend entfalten, wenn sie eingebettet ist in einen armutspräventiven integrierten Gesamtansatz bzw. in einen komplexen Teilansatz. Sie hat eine Drehscheibenfunktion und kann Dialoge zum Aufwachsen im Wohlergehen in den Schulen, in sie hinein und aus ihnen heraus fördern.

Insbesondere die Ebene einer partizipativen Planungsqualität der Schulsozialarbeit sollte in Zukunft stärker fokussiert werden. Die Qualitäts- und Konzeptentwicklung braucht in der Praxis eine stärkere Gewichtung. Hierfür müssen die Fachkräfte für diese Ausgaben mit Ressourcen ausgestattet sein. Neben zeitlichen Ressourcen spielen auch entsprechende Qualifizierungen eine wesentliche Rolle. Weiter benötigen die Fachleute eine Begleitung und Unterstützung. Organisationsformen hierfür können bspw. regelmäßige Fortbildungsangebote, Qualitätszirkel, Koordinierungsstellen und Supervisionsgruppen sein. Insbesondere eine trägerübergreifende Koordinierungsebene in den Orten und Regionen, die mit angemessenen Ressourcen ausgestattet ist, trägt wesentlich zu einer gelingenden Planungsqualität bei.

Das Bildungs- und Teilhabepaket ist für eine armutspräventive Ausrichtung in der Schulsozialarbeit ein Schritt in die richtige Richtung. Allerdings macht die zeitliche Befristung der Mittel eine nachhaltige Wirkung von Schulsozialarbeit für die jungen Menschen und ihre Familien fast unmöglich. Schulsozialarbeit sollte zukünftig ein Regelangebot für alle jungen Menschen in Schulen werden. Aber auch die existierenden Stellen für Schulsozialarbeit sollten unter dem Aspekt der Handlungsfähigkeit in den gegebenen Strukturen kritisch in den Blick genommen werden. Junge Menschen und ihre Familien können
nur umfassend von Schulsozialarbeit profitieren, wenn auch die Fachkräfte angemessen ausgestattet sind und für ihre Arbeit anerkannt werden.

Schulsozialarbeit zeigt präventiv eine Wirkung für die jungen Menschen. Allerdings müssen in diesem Feld abgestimmte und praxistaugliche Erhebungs- und Auswertungsverfahren noch weiter etabliert werden. Auch hierfür benötigen die Fachkräfte der Schulsozialarbeit Unterstützung und Begleitung von einer trägerübergreifenden koordinierenden Stelle.
Für die kind- und jugendzentrierte Armutsprävention und auch für die Schulsozialarbeit gilt der Satz: Was alle gemeinsam angeht, können nur alle gemeinsam lösen (Friedrich Dürrenmatt).
In diesem Sinne ist es wünschenswert, dass sich die Kommunen bzw. Kreise gemeinsam mit den Fachkräften und den dort lebenden Menschen auf den Weg machen, ein Aufwachsen und Leben im Wohlergehen für alle aktiv zu gestalten. … “

Die Expertise in vollem Umfang entnehmen Sie bitte dem Anhang oder bestellen diese bei
Deutsches Rotes Kreuz
-Generalsekretariat-
Team Kinder-, Jugend- und Familienhilfe
Peggy Ziethen
Carstennstr. 58
12205 Berlin
Tel. 030/85 404-123
ziethenp@drk.de

Quelle: DRK

Dokumente: Aufwachsen_DRK.pdf

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