Dynamisierung beim Wohngeld

Die Bundesregierung plant das Wohngeld zu dynamisieren. Dazu hatte die Regierung einen Gesetzentwurf vorgelegt, der am Mittwoch (25.9.19) im Bundestagsausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen beraten wurden. Auch Expertinnen und Experten wurden angehört. Die angestrebte Dynamisierung beim Wohngeld stieß überwiegend auf Zustimmung, wobei mehrheitlich eine automatische Anpassung in jedem und nicht in jedem zweiten Jahr angemahnt wurde. Das Wohngeld sei zuletzt zum Jahresbeginn 2016 angepasst worden, begründet die Bundesregierung ihren Vorstoß für das neue Gesetz. Nun soll das Leistungsniveau zum 1. Januar 2020 angehoben werden. Die Reichweite soll so ausgeweitet werden, dass die Zahl der Empfänger im nächsten Jahr nicht nur rund 480.000 Haushalte umfasst, wie es ohne Reform der Fall wäre, sondern circa 660.000 Haushalte. Neben dem Regierungsentwurf wurden auch zwei Anträge der Linken und der FDP diskutiert.

Dynamisierung beim Wohngeld – Was denken Expertinnen und Experten? Eine Auswahl

  • Der Deutsche Caritasverband begrüßte in der Ausschusssitzung die beabsichtigte regelhafte Dynamisierung des Wohngeldes. Dadurch müssten steigende Wohnkosten nicht zum Anspruchsverlust oder zu einem Systemwechsel führen. Der Caritasverband befürwortet im Grundsatz auch die vorgesehene Anhebung der Höchstbeträge für Mieten und Belastungen nach Mietstufen sowie die Einführung einer neuen Mietstufe VII, bezweifelte jedoch, dass die Obergrenzen das Mietniveau realistisch abbilden. Die Caritas Expertin Birgit Fix plädierte dafür Heizkosten zu berücksichtigen. Durch eine Heizkostenkomponente würden die entsprechenden Preisentwicklungen transparent nachvollziehbar.
  • Ingeborg Esser vom Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) begrüßte die Dynamisierungsregelung als einen ersten und wichtigen Schritt. Sie verwies auf einen „Drehtüreffekt“: Viele Haushalte müssten durch die fehlende Anpassung des Wohngeldes in andere Leistungssysteme wechseln. Eine Klimakomponente müsse in die Berechnungen des Niveaus einfließen, wenn die Details über Maßnahmen der Regierung bekannt seien. Bis dahin sollten zumindest die Heizkosten berücksichtigt werden.
  • Maximilian Fuhrmann vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßte die Stärkung des Wohngeldes als wichtiges sozialpolitisches Instrument, das verhindere, dass Menschen in die Grundsicherung abrutschen. Um diesem Abrutschen wirksamer präventiv begegnen zu können, sei aber eine Entschärfung der Anrechnung von Erwerbseinkommen beim Wohngeld vonnöten. Außerdem sei die öffentliche Hand gefordert, den Bestand an preisgebundenen Wohnungen stark zu erhöhen. Dafür müssten Bund und Länder jedes Jahr gemeinsam sieben Milliarden Euro an Fördergeld bereitstellen. Zudem sei es erforderlich, den Mietmarkt stärker zu regulieren. Wohngeld sei kein Ersatz für eine soziale Wohnungspolitik.
  • Franz Michel, Verbraucherzentrale Bundesverband, begrüßte die vorgesehene Stärkung des Wohngeldes, da die Zahl der Empfänger seit der letzten Reform 2016 stark zurückgegangen sei. Er plädierte dafür, das geplante Gesetz an den aktuellen Gegebenheiten des Immobilienmarktes und den jährlichen Entwicklungen der Einkommens- und Verbraucherpreise auszurichten. Ansonsten drohe die Reform nach kurzer Zeit zu verpuffen. Er drängte zudem darauf, dynamische Heizkosten- und Energiekostenkomponenten sowie eine Klimakomponente im Rahmen energetischer Sanierungen einzuführen.
  • Für Lukas Siebenkotten, Deutscher Mieterbund, ist die von ihm ausdrücklich begrüßte Wohngeldreform längst überfällig. Klarzustellen sei, dass der Gesetzentwurf keine echte Stärkung des Wohngeldes beinhalte. Vielmehr werde allenfalls angestrebt, die Entlastungswirkung des Wohngeldes – Stand 2016 – wiederherzustellen und die systembedingte Negativwirkung seit der letzten Wohngeldreform abzufangen. Ob das allerdings mit dem Gesetzentwurf wirklich erreicht werde, sei infrage zu stellen. Die Berücksichtigung der Heizkosten wäre für ihn ein kurzfristiger Ansatz, in einer Klimakomponente einzusteigen. Auf Dauer müssten aber auch Mietaufschläge wegen energetischer Sanierung berücksichtigt werden.

Quelle: Pressedienst des Deutschen Bundestages

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