Menschen mit Einwanderungsgeschichte sehen sich laut einer aktuellen Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) fast doppelt so häufig benachteiligt, wie Menschen ohne Einwanderungsgeschichte. Zu diesem Ergebnis kommt auch der 9. Bericht der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland, der hervorhebt, dass Diskriminierungen aufgrund ethnischer Herkunft „weiterhin verbreitet“ seien.
Menschen mit Einwanderungsgeschichte sind doppelt so häufig von Arbeitslosigkeit betroffen oder armutsgefährdet wie Personen ohne Einwanderungsgeschichte. Ein ähnliches Bild zeichnet sich bei der Zahl der Schulabgängerinnen und Schulabgänger ab: Personen ohne Einwanderungsgeschichte erreichen etwa doppelt so häufig einen Abschluss wie Menschen mit Einwanderungsgeschichte. Ursache hierfür sind sowohl strukturelle als auch direkte Diskriminierungen. Diese betreffen nicht nur die integrationspolitischen Kernbereiche Bildung, Ausbildung und Arbeit, sondern auch den Wohnungsmarkt, die Inanspruchnahme privater Dienstleistungen, Behörden und das öffentliche Transportwesen.
Dabei muss noch in Betracht gezogen werden, dass Personen mit Einwanderungsgeschichte häufig auch mehrdimensionalen Benachteiligungsformen ausgesetzt sind, beispielsweise hinsichtlich ihres Geschlechts oder ihrer Religion. Dies ergänzt und verstärkt das Diskriminierungsmerkmal der ethnischen Zugehörigkeit.
Benachteiligung in der Schule
Analysen aus IGLU und anderen Studien zeigen, dass Schülerinnen und Schüler mit Einwanderungsgeschichte bereits während der Grundschulzeit in der Notenvergabe benachteiligt werden. Sie erhalten in der Grundschule bei derselben Leistung etwas schlechtere Noten als ihre Mitschülerinnen und Mitschüler ohne Einwanderungsgeschichte und haben daher geringere Chancen auf eine Gymnasialempfehlung.
Laut dem Zweiten Integrationsindikatorenbericht der Bundesregierung ist „der wesentliche Faktor des schulischen Erfolgs“ nicht die individuelle Leistungsfähigkeit, sondern „die soziale Herkunft“. Dies hat zur Folge, dass Schülerinnen und Schüler mit Einwanderungsgeschichte aufgrund des häufig niedrigeren sozialen Status ihrer Familie, insbesondere bei einem Wechsel auf die gymnasiale Oberstufe bzw. in eine Berufsausbildung, benachteiligt werden. Jedoch wirkt sich migrationsbezogene Benachteiligung unmittelbar auf den einfachen Bildungsbereich (insbesondere den Hauptschulbereich) aus.
Benachteiligung in der beruflichen Ausbildung
Bei gleicher schulischer und sprachlicher Qualifikation erhalten Jugendliche mit Einwanderungsgeschichte zu 20 Prozent seltener einen Ausbildungsplatz als Jugendliche ohne Einwanderungsgeschichte. Um dieser Sachlage entgegenzuwirken, schlägt die Integrationsbeauftragte vor, zusätzliche Ausbildungsplätze bereitzustellen, sowie die Berufsorientierung und die Ausbildungssituation der Jugendlichen mit Einwanderungsgeschichte zu verbessern. Maßnahmen zum Abbau ethnischer Diskriminierung, die von den Betrieben umgesetzt werden müssen, sucht man in ihren Vorschlägen jedoch vergebens.
Kleine Anfrage an die Bundesregierung
Wie die Bundesregierung die Situation einschätzt und was für Maßnahmen zur Verhinderung von Diskriminierung geplant sind, danach erkundigte sich die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einer Kleinen Anfrage. Vorurteile und Diskriminierung behindern nach Einschätzung der Bundesregierung die soziale Integration und gesellschaftliche Teilhabe von Menschen. Das „Selbstverständnis einer modernen und international vernetzten Gesellschaft“ veranlassten die Regierung, der Bekämpfung von Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und verwandter Formen der Intoleranz „prioritäre Beachtung zu schenken“, schreibt sie in ihrer Antwort. Daher unterstütze sie „bereits jetzt mit vielfältigen Maßnahmen der politischen Bildung und verschiedenen Bundesprogrammen das Engagement der Zivilgesellschaft unseres Landes für Demokratie und Toleranz“ und werde dies „auch weiterhin unter Beachtung der jeweiligen Zuständigkeiten in Zusammenarbeit mit den Ländern und Kommunen, aber auch im Rahmen der Unterstützung vieler Verbände und Vereine vor Ort tun“.
Quelle: Pressedienst des Deutschen Bundestages