Die Regierung will mehr für Familien mit kleinem Einkommen tun

Etwa zwei Millionen Kinder in Deutschland leben in Familien, die als einkommensschwach gelten, so das Familienministerium. Ihnen soll geholfen werden. Das Kabinett hat einen entsprechenden Gesetzentwurf gebilligt. Geplant sind demnach Reformen des Kinderzuschlags, durch die der Empfängerkreis deutlich ausgeweitet werden soll, sowie Verbesserungen beim Bildungs- und Teilhabepaket.  Die ersten Reformen des sogenannten Starke-Familien-Gesetz sollen zum 1. Juli in Kraft treten, die letzten zu Beginn des kommenden Jahres. Für die Reform des Kinderzuschlags stehen dann eine Milliarde Euro bis Ende 2021 zur Verfügung, für Änderungen beim Bildungs- und Teilhabepaket rund 220 Millionen Euro pro Jahr. Das Gesetz, das das Bundesfamilien- und das Bundessozialministerium gemeinsam vorlegen, soll nach dem geplanten Kabinettsbeschluss im Bundestag weiter beraten werden. Der Bundesrat muss zustimmen. Verschiedene Verbände begrüßten die Reformen grundsätzlich, mahnten aber weitere an. Gefordert wird eine mutige Reform, die Kinder- und Jugendarmut allumfassend angeht. So brauche eine wirklich „Starke-Familien-Politik“ auch eine dynamische Einbindung von Wohngeldleistungen.

Maßnahmen zur Bekämpfung von Kinderarmut

  • Zum 1. Juli 2019 wird der Kinderzuschlag auf 185 Euro pro Kind und Monat erhöht. Damit wird das durchschnittliche Existenzminimum eines jeden Kindes gesichert – zusammen mit dem Kindergeld und den Leistungen für Bildung und Teilhabe. Außerdem sorgt die Neuregelung dafür, dass Einkommen des Kindes wie z.B. Unterhalt den Kinderzuschlag nicht mehr so stark wie bisher mindert. Damit wird der Kinderzuschlag für Alleinerziehende geöffnet;
  • Damit die Leistung dort ankommt, wo sie gebraucht wird, wird der Antragsaufwand für Familien deutlich einfacher: Der Zuschlag wird in Zukunft für sechs Monate gewährt und nicht mehr rückwirkend überprüft.
  • Zum 1.1.2020 entfällt die obere Einkommensgrenze (bisherige „Abbruchkante“) und eigenes Einkommen der Eltern mindert die Leistung nur noch zu 45 Prozent. Die Leistung fällt nicht mehr abrupt weg, sondern läuft langsam aus, so dass mehr Geld bei den Familien bleibt, wenn Eltern etwas mehr verdienen.
  • Künftig können auch Familien den Kinderzuschlag erhalten, die keine ergänzenden SGB II-Leistungen beziehen, obwohl sie ihnen zustehen – Stichwort: verdeckte Armut. Sie können Kinderzuschlag und Wohngeld erhalten, wenn sie nur knapp – bis zu 100 Euro – unter dem SGB II Anspruch liegen.
  • Durch die Neugestaltung des Kinderzuschlags erhalten rund 1,2 Millionen mehr Kinder erstmalig einen Anspruch auf zusätzliche Unterstützung zum Kindergeld. Mit dem Kinderzuschlag haben sie auch Anspruch auf Leistungen für Bildung und Teilhabe sowie auf eine beitragsfreie Kita-Zeit durch das Gute-KiTa-Gesetz.
  • Mit dem Starke-Familien-Gesetz werden auch die Leistungen für Bildung und Teilhabe angepasst. So wird das Schulstarterpaket von 100 auf 150 Euro im Jahr erhöht.
  • Die Eigenanteile der Eltern für das warme Mittagessen in Kita und Schule sowie für die Schülerbeförderung entfallen.
  • Auch die Lernförderung wird verbessert, indem es sie auch für Schülerinnen und Schüler gibt, die nicht unmittelbar versetzungsgefährdet sind.

Die Verbesserungen beim Kinderzuschlag sollen in zwei Schritten zum 1.7.2019 und 1.1.2020 in Kraft treten, die Neuerungen beim Bildungs- und Teilhabepaket zum 1.8.2019.

Erste wichtige Schritte, aber noch nicht der große Wurf zur Bekämpfung von Kinder- und Jugendarmut

Das Zukunftsforum Familie plädiert dafür, langfristig eine „kindzentrierte Förderung in Form einer sozial gerechten Kindergrundsicherung“ einzurichten. Damit würde Kinderarmut nachhaltig bekämpft. Der Caritasverband sprach von „ersten wichtigen Schritten“ zur Bekämpfung von Kinderarmut. Der Entwurf greife aber zu kurz. Ähnlich äußerte sich auch der Familienbund der Katholiken. Eine große Reform sei es nicht geworden. Das Gesetz führe aber zu einer spürbaren Verbesserung für viele einkommensschwache Familien.

Auch der Kinderschutzbund meinte, viele arme Kinder würden auch in Zukunft durch den Rost fallen und weiter in Armut leben. Die Diakonie erklärte, das Gesetz verfolge eine gute Absicht, verfehle „aber leider vollständig das Ziel“. Die Entlastung für Familien mit kleinem Einkommen und Alleinerziehende sei nicht ausreichend.

Kleine Anpassungen bei den bestehenden Instrumenten zur Bekämpfung von Kinderarmut reichen hier nicht aus. Deswegen fordert das Deutsche Kinderhilfswerk ein Bundeskinderteilhabegesetz, das Kinder und Jugendliche einerseits materiell absichert und zugleich eine nachhaltige soziale Infrastruktur gewährleistet“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Quelle: KANN; BMFSFJ; DCV; Familienbund der Katholiken; Kinderschutzbund; Diakonie; DGB; Deutsches Kinderhilfswerk

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