Der Blick auf die Jugend – Geht das auch ein bisschen differenzierter?!

In Deutschland wiederholt sich leider, dass junge Menschen dann Gegenstand einer öffentlichen Debatte oder einer breiten medialen Berichterstattung werden, wenn es um deren vermeintliches Fehlverhalten geht. So zuletzt nach den Silvesterkrawallen. Weder der politische Aufschrei noch die mediale Berichterstattung scheinen dabei einen differenzierten Blick auf jungen Menschen zu haben. Stattdessen wird ein pauschales Bild von „Jugend“ gezeichnet. Die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe (AGJ) bezieht in einem Zwischenruf Stellung zu solch pauschalen Jugendbildern. Die AGJ teilt die Ablehnung von Übergriffen auf Polizei und Rettungskräfte ohne Wenn und Aber. Die Sicherheit von Helfer*innen sei unverzichtbar für die Versorgung der Bevölkerung, müsse selbstverständlich sein und sei essentielle Grundlage für die Abwehr von Gefahren und Beistand bei Notlagen. Aber die Arbeitsgemeinschaft macht auch unmissverständlich deutlich, dass mit der Beschreibung von Jugendgewalt oft eine rassistische Vorverurteilung einher gehe. 

Der AGJ-Zwischenruf „Schon wieder diese Jugend!? Pauschalen Jugendbildern in Politik und Medien entgegenwirken“ nimmt eine jugendpolitische Einordnung zum Thema vor und fordert von Politik, Medien und Gesellschaft einen differenzierteren Blick auf junge Menschen. Zudem wird die Rolle der Kinder- und Jugendhilfe beleuchtet, von der sowohl präventive wie reaktive Maßnahmen gefordert werden.  

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit (BAG KJS) e. V. hatte bereits in ihrem Monitor „Jugendarmut in Deutschland 2018“ für ein differenziertes Bild auf Jugendliche geworben, denn insbesondere von Armut betroffene, sozial benachteiligte oder exkludierte junge Menschen sehen sich häufig mit pauschalen Vorurteilen oder Mythen konfrontiert. Dazu zählen auch pauschale Schuldzuschreibungen, wie wir sie diesen Winter erleben konnten.

Soziale Probleme in Stadtteilen nicht den dort lebenden Menschen zuschreiben

In ihrem Zwischenruf spricht sich die AGJ klar für Teilhabe und Zusammenhalt statt Ressentiments aus. Sie fordert das stärkere ressortübergreifende Handeln für die junge Generation, bessere Zusammenarbeit verschiedener Rechtskreise, eine verlässliche und auskömmliche soziale Infrastruktur sowie mehr Freiräume für junge Menschen. 

Deutschland sei weiterhin ein Land, in dem ein sozialer Aufstieg und soziale Mobilität nur schwer möglich seien – ein Land, in dem benachteiligte junge Menschen im Bildungssystem diskriminiert und ausgegrenzt würden. 

Es gebe Stadtteile und Gruppen von Menschen, die sich abgehängt fühlen, die in der Gesellschaft mit Barrieren und Benachteiligung konfrontiert seien, wenig positive Erfahrungen machten und kaum Erfolgserlebnisse hätten. Eine vorschnelle, generalisierende und verurteilende gruppenbezogene mediale und politische Debatte wie sie regelmäßig aufscheine, führe dazu, dass marginalisierte Gruppen weitere Stigmatisierung erlebten, sich vermehrt unter Generalverdacht und nicht als Teil dieser Gesellschaft wahrnähmen. 

Laut AGJ würden soziale Spaltungstendenzen dadurch befeuert und gleichzeitig die Stärkung von Quartieren torpediert. Soziale Probleme in Stadtteilen dürften nicht den dort lebenden Menschen zugeschrieben werden, sondern seien eine Folge von Segregationstendenzen. Um die Dynamik dieses negativen Kreislaufs zu durchbrechen, sei ein differenzierter Blick auf die jungen Menschen und ihre Familien unverzichtbar. 

Quelle: AGJ; BAG KJS 

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