Coronakrise: Jugendarbeitslosigkeit steigt an

Nachdem die Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland in den vergangenen fünfzehn Jahren deutlich gesunken ist, könnte sie jetzt um bis zu 40 Prozent ansteigen, zu diesem Ergebnis kommen aktuelle Analysen des Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS). Die Studie zeigt einerseits, dass die Jugendarbeitslosigkeit über alle Qualifikationsniveaus hinweg bei jungen Männern wie Frauen deutlich rückläufig ist. Andererseits wird deutlich, dass in Krisenzeiten fast ausschließlich die Arbeitslosigkeit junger Männer ansteigt, während die der jungen Frauen zum Teil sogar weiter sinkt. Dies gilt über alle Qualifikationsgruppen hinweg. Relativ gesehen sind  Hochschulabsolventen und beruflich Qualifizierte stärker von Arbeitslosigkeit betroffen, allerdings sind die Zukunftsaussichten für geringqualifizierte junge Menschen besonders ungünstig.

Coronakrise und Jugendarbeitslosigkeit

Die FiBS Forscher*innen rechnen mit einem Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit auf 6,9%; gegenüber 2019 wäre dies ein Anstieg um 18 Prozent. Dabei gibt es jedoch erhebliche Unterschiede in Abhängigkeit von Geschlecht und Qualifikationsniveau: Überdurchschnittlich betroffen wären dann qualifikationsübergreifend vor allem junge Männer (8,3 vs. 5,6 Prozent bei den jungen Frauen), wobei, relativ gesehen, diejenigen mit abgeschlossener Berufsausbildung besonders stark betroffen wären. Bei jungen Menschen mit einer beruflichen Qualifikation zeigen sich Anstiege von 4,3 auf 6,0 Prozent (+38 Prozent) bei den Männern bzw. 3,4 auf 4,0 Prozent (+17 Prozent) bei den Frauen. Bei den Hochschulabsolventen sei mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit auf knapp 4 Prozent zu rechnen.

Trotz allem sei die Arbeitslosenquote von Geringqualifizierten mit 9,1 Prozent bei den jungen Frauen bzw. 11,3 Prozent bei jungen Männern doppelt bis dreimal so hoch. Dabei sei zu berücksichtigen, dass selbst in normalen Zeiten über 250.000 junge Menschen pro Jahr ins sogenannte Übergangssystem einmünden, da sie keinen Ausbildungsplatz gefunden haben oder als nicht ausbildungsfähig betrachtet werden. Würde man diese Jugendliche in einem weiteren Sinne als (ansonsten) arbeitslos ansehen, läge die allgemeine Jugendarbeitsquote mit 13 Prozent mehr als doppelt so hoch wie der offizielle Wert und die Quote der geringqualifizierten Jugendlichen sogar bei fast 26 Prozent. Das ist fast das Dreifache der offiziellen Wertes.

Wettbewerb um Ausbildungsplätze verschärft sich

Der Studienautor und Direktor des FiBS, Dr. Dieter Dohmen, hebt hervor, dass der Zugang zu qualifizierter Ausbildung für Jugendliche mit Haupt- und Realschulabschluss deutlich erschwert ist. Im Wettbewerb um die Ausbildungsplätze hätten Jugendliche mit Abitur einen Vorteil. Seit 2008 sei die Anzahl an Ausbildungsplätzen deutlich gesunken. Sollte sich dieser Trend infolge der Corona-Krise fortsetzen, dann sei mit einem sich weiter verschärfenden Wettbewerb um knapper werden Ausbildungsplätze zu rechnen.

Quelle: Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie

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