Corona-Pandemie: Kinder und Jugendliche aus armen Familien häufiger von schweren Verläufen betroffen

Junge Menschen aus sozioökonomisch benachteiligten Haushalten tragen ein höheres Risiko, mit einer Covid-19-Infektion ins Krankenhaus zu kommen. Kinder von Langzeitarbeitslosen weisen ein 1,36-mal höheres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf (Klinikeinweisung) auf im Verhältnis zu Kindern von arbeitnehmenden Versicherten. Auch an COVID-19 erkrankte Kinder von kurzzeitarbeitslosen oder geringverdienenden Eltern kommen häufiger in Krankenhaus. Das Institut für Medizinische Soziologie der Medizinischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) hat gemeinsam mit der AOK Rheinland/Hamburg Versichertendaten aus der Zeit von Januar 2020 bis Mitte Juli 2021 ausgewertet. Das Ergebnis belegt: Junge Menschen, die in ärmeren oder beengteren Wohnvierteln leben, haben ein dreimal höheres Risiko für einen schweren Infektionsverlauf als Kinder und Jugendliche in besser gestellten Wohnvierteln.

Jugendarmut macht krank

Dass Armut Kinder und Jugendliche krank macht, hat die Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit (BAG KJS) e. V. bereits in der Ausgabe ihres Monitors „Jugendarmut in Deutschland 2018“ nachgewiesen. Armut steigert das Risiko psychischer und physischer Erkrankungen auch bei jungen Menschen und verkürzt die Lebenserwartung. Es besteht ein klarer Zusammenhang zwischen dem Bildungsstatus von Eltern und dem körperlichen sowie seelischen Gesundheitszustand ihrer Kinder. Das belegen auch immer wieder Studien der DAK. In Familien mit niedrigem Bildungsstatus sind Jungen und Mädchen bis zu dreimal häufiger von bestimmten Erkrankungen betroffen als Kinder akademisch gebildeter Eltern. 

Armut und soziale Benachteiligung sind ungesund

Die von der AOK Rheinland/Hamburg vorgelegte Untersuchung ist eine der weltweit ersten großen Untersuchungen zu sozialen Ungleichheiten von COVID-19 bei Kindern und Jugendlichen. Auch wenn schwere Verläufe einer Corona Infektion bei jungen Menschen zwar seltener als bei Erwachsenen sind, zeigt die Untersuchung, dass es insbesondere Kinder und Jugendliche auch armen Familien trifft. Laut Medizinsoziologe und Studienleiter Nico Dragano fügten sich die Ergebnisse ins Bild, dass Armut und soziale Benachteiligung ungesund für junge Menschen seien. 

Über die AOK Erhebung

Betrachtet wurden 688.705 Kinder und Jugendliche, die im Durchschnitt 8,3 Jahre alt waren, zwischen Januar 2020 und Mitte Juli 2021. Weitere Faktoren wie Geschlecht, Nationalität und Begleiterkrankungen wurden in den statistischen Modellen ebenfalls berücksichtigt. Maßgeblich für die Erfassung sozioökonomischer Benachteiligung waren der Beschäftigungsstatus des Versicherungsnehmers sowie sozioökonomische Faktoren des Wohnumfelds. Zielgröße waren Krankenhausaufenthalte mit COVID-19 im Verlauf der Beobachtungszeit. Die Auswertung wurde im renommierten „Journal of the American Medical Association Network“ (JAMA Network) – einer amerikanischen Fachzeitschrift – publiziert. 

Originalpublikation

Nico Dragano; Olga Dortmann; Jörg Timm; Matthias Mohrmann; Rosemarie Wehner; Christoph J. Rupprecht; Maria Scheider; Ertan Mayatepek; Morten Wahrendorf: Association of Household Deprivation, Comorbidities, and COVID-19 Hospitalization in Children in Germany, January 2020 to July 2021; JAMA Netw Open. 2022;5(10):e2234319. doi:10.1001/jamanetworkopen.2022.34319 

Quelle: AOK Rheinland/Hamburg 

Ähnliche Artikel

Ablehungskultur für Menschen auf der Flucht

Das europäische Parlament hat zuletzt seinen Beitrag geleistet, die Außengrenzen der Europäischen Union noch stärker als bisher abzuriegeln. In allen europäischen Nationalstaaten sind Geflüchtete nicht

Skip to content