Das Gesetz zur Anpassung des nationalen Rechts an die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS-Anpassungsgesetz) ist nach erster Beratung im Bundestag in die Ausschussberatung verwiesen worden. Das Gesetz soll nach Vorstellung des Innenministeriums dafür sorgen, dass Asylverfahren an den Außengrenzen der EU vollzogen werden, die Dublin-Regeln wieder funktionieren und anerkannte Asylbewerber*innen in Europa „solidarisch“ verteilt werden.
Das GEAS-Paket bedeutet zugleich für Geflüchtete, dass sie künftig in Lagern an den Grenzen der EU auf Entscheidungen im Asylverfahren ausharren müssen. Rückkehrzentren in Regionen nahe der Fluchtländer sollen errichtet werden – weit weg von den Grenzen Europas. Die Bewegungsfreiheit in Europa wird drastisch eingeschränkt, auch wenn Asylverfahren erfolgreich für Schutzsuchende waren. Für Kinder und Jugendliche sollen kaum Ausnahmen gelten.
Zwischen Härte und Humanität
Kontrolle, Kurs und klare Kante nennt Bundesinnenminister Alexander Dobrindt die Leitlinien auf dem Weg zur Asylwende in der Bundestagsdebatte. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Staatsministerin Natalie Pawlik bei der Bundesministerin für Arbeit und Soziales, betont zentrale Punkte aus Sicht der SPD im GEAS-Paket: „An vielen Stellen sind die Rechte vulnerabler Gruppen ausdrücklich verankert. So wird der Vorrang der Kinder- und Jugendhilfe berücksichtigt. Unbegleitete Minderjährige werden besonders untergebracht und versorgt, und sie werden nicht ohne ihren Beistand im Asylverfahren angehört“. Das Familienasyl werde bewahrt und Möglichkeiten geschaffen, dass Asylsuchende schneller arbeiten können. Natalie Pawlik gibt vor dem Plenum zu, dass das Gesetz an Grenzen des Grundgesetzes, der EU-Grundrechtecharta und der Genfer Flüchtlingskonvention gehe.
Kritik aus demokratischer Opposition und Zivilgesellschaft
Nicht nur Bündnis 90/Die Grünen und die Linke übt heftige Kritik am Gesetzespaket. Zahlreiche Organisationen aus der demokratischen Zivilgesellschaft lehnen das Gesetz ab. Sie warnen vor haftähnlichen Bedingungen an den Grenzlagern und in den „Sekundärauffangzentren“ in Deutschland, die Asylsuchende bis zu einer Entscheidung im Verfahren nicht verlassen dürfen. Sie lehnen den Ausschluss von staatlichen Leistungen für Geflüchtete ab. Sie kritisieren scharf den eingeschränkten Rechtsschutz sowie fehlenden Zugang zu einer Rechtsberatung.
Kinderrechte achten
Vor allem aus Kinderrechte-Perspektive schlagen Organisationen Alarm. Der Bundesfachverband Minderjährigkeit und Flucht (BuMF) warnt, dass die geplanten Änderungen den Zugang zu Schutz für Minderjährige gefährden und Kinder einer systematischen Entrechtung aussetzen. Die Ausweitung der Liste sogenannter „sicherer Herkunftsstaaten“ missachte durch Pauschalisierung individuelle Schutzbedarfe von Kindern. Durch Zurückweisungen würden Kinder in Unsicherheit, Gefahr und oft in die Illegalität gedrängt. Auch das Deutsche Kinderhilfswerk sieht gravierende kinderrechtliche Defizite im Gesetz-Entwurf und verweist auf ein Gutachten von Prof. Dr. Constantin Hruschka und Robert Nestler als Experten für Migrationsrecht.
Sichere Perspektiven gewähren
Als BAG KJS arbeiten wir in den Programmen Jugendmigrationsdienste (JMD) und Bildungsberatung Garantiefonds Hochschule (GF-H) mit jungen Menschen, die durch ihre Flucht- oder Einwanderungsgeschichte Unterstützung bei der Integration benötigen. Wir teilen daher die Kritik und setzen auf die Vernunft der Regierungsfraktionen, Kindern und Jugendlichen sowie ihren Familien sichere Perspektiven in Deutschland und Europa nicht zu verwehren.
Text: Michael Scholl