Jobcenter nutzen und dokumentieren Erkenntnisse aus arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen unzureichend

In Deutschland sind mehr als 1,7 Millionen Menschen im Hartz-IV-Bezug. Sie erhalten in ihrer Betreuung durch das Jobcenter Förder- und Weiterbildungsmaßnahmen. Die Jobcenter sollen die dort gewonnen Erkenntnisse für die Integrationsstrategie nutzen. Doch das ist scheinbar keine gängige Praxis. Der Bundesrechnungshof hat Jobcenter daraufhin gerügt. Der Bericht, der den „Jugendsozialarbeit News“ vorliegt, offenbart, dass der Wissenszuwachs in 39 Prozent der Fälle nicht ordnungsgemäß dokumentiert wurde. In gut einem Drittel der Fälle wurde die Vermittlungsstrategie nicht geändert.

Aus dem Prüfbericht des Bundesrechnungshofs:

Ausgangslage für die Arbeit der Jobcenter

„Die Jobcenter sollen nach dem erfolgreichen Abschluss einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme einen möglichst nahtlosen Übergang in den ersten Arbeitsmarkt sicherstellen. Sie sind deshalb aufgefordert, das Maßnahmeergebnis frühzeitig (…) in qualifizierten Kontakten mit den Leistungsberechtigten auszuwerten und Vermittlungsbemühungen einzuleiten. Dies ist die Grundidee eines gezielten Absolventenmanagements. Die Jobcenter müssen die im Maßnahmeverlauf neu erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten sowie ggf. festgestellte Hemmnisse erfassen und ihre im Einzelfall verfolgte individuelle Integrationsstrategie entsprechend aktualisieren. (…)

Der Bundesrechnungshof hat in einer Prüfung gezielt mit den Fortschritten von Leistungsbeziehern und deren Auswirkungen auf die Integrationsstrategie befasst. Geprüft wurden fünf Jobcenter in gemeinsamer Einrichtung und drei kommunale Träger. Insgesamt wurden 497 Fälle untersucht.

Prüf-Ergebnisse

  • Die Jobcenter (gE und zkT) haben in fast der Hälfte der geprüften Fälle den erfolgreichen Abschluss einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme nicht zum Anlass genommen, ihre Integrationsstrategie anzupassen. (…) Die Jobcenter gefärdeten die Wirkung von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, weil sie in rd. 39% der Fälle die Ergebnisse nicht in ihren IT-Fachverfahren dokumentierten und die Datensätze nicht aktualisierten. (…) Wenn die Jobcenter die Ergebnisse von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen nicht oder nur teilweise bei ihrer Integrationsarbeit berücksichtigen besteht die Gefahr, dass Leistungsberechtigte nicht oder nicht qualifikationsentsprechend integriert werden. Mit hohem finanziellem Aufwand der Jobcenter und großem persönlichen Einsatz der Leistungsberechtigten erworbene Kenntnisse und Fertigkeiten bleiben dann oft nutzlos.
  • Die Jobcenter müssen die mit der Teilnahme an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen gewonnenen Erkenntnisse konsequenter auswerfen und nutzen. Aus Sicht des Bundesrechnungshofes sind von den Integrationsfachkräften nicht beachtete Maßnahmeergebnisse und Vermittlungshemmnisse ein wesentlicher Grund dafür, dass arbeitsmarktpolitische Maßnahmen und anschließende Vermittlungsbemühungen wirkungslos bleiben.
  • Die Prüfung durch den Bundesrechnungshof bestätigt die Befunde der Internen Revision der Bundesagentur zum Absolventenmanagement der gemeinsamen Einrichtungen. (…)

Fazit

  • Die Intensität des Absolventenmanagements ist in der Praxis der Jobcenter auch von der jeweiligen Maßnahmeart abhängig. Bei Arbeitsgelegenheiten nach § 16d SGB II ist ein im Vergleich (bspw. zu Weiterbildungsmaßnahmen) weniger intensives Absolventenmanagement zwar hinnehmbar, insbesondere wenn die Teilnahme lediglich dazu dient, die Beschäftigungsfähigkeit eines Leistungsberechtigten trotz fehldender Vermittlungsmöglichkeiten in den ersten Arbeitsmarkt zu erhalten. Einen vollständigen Verzicht auf die Auswertung der Maßnahmeteilnahme und die Fortschreibung der Eingliederungsstrategie halten wir jedoch auch bei Arbeitsgelegenheiten für nicht sachgerecht. Ein solcher begünstigt sich wiederholdende Teilnahme an derselben Maßnahme, ohne dass die jeweiligen Leistungsberechtigten Fortschritte auf dem Weg zu Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt erzielen. Es besteht die Gefahr, dass sich die Arbeitslosigkeit verstetigt. (…)
  • Auch haben die Jobcenter Vermittlungshemmnisse (z. B. fehlende Mobilität o. ä.) nicht hinreichend berücksichtigt. Unsere Feststellungen zeigen, dass sich die Jobcenter nach Maßnahmeende oft ausschließlich darauf beschränkt haben, Eigenbemühungen von den Leistungsberechtigten zu fordern und ihnen Vermittlungsvorschläge zu unterbreiten. Aus unserer Sicht sind von den Integrationsfachkräfte ingnorierte Vermittlungshemmnisse ein wesentlicher Grund für erfolglose Vermittlungs- und Eigenbemühungen und wirkungslose arbeitsmarktpolitische Maßnahmen. (…)
  • Zusammenfassen zeigen die Feststellungen, dass die Jobcenter in 37% der geprüften Fälle die Maßnahmeergebnisse und die aus Maßnahmen resultierenden weiteren Erkenntnisse nicht ausreichend bei ihrer anschließenden Eingliederungsarbeit berücksichtigt haben. (…)
  • Das Absolventenmanagement der Jobcenter (gE) ist qualitativ besser und insgesamt konsequenter als das der zugelassenen kommunalen Träger. Trotzdem bleibt festzustellen, dass viele Integrationsfachkräfte der Jobcenter (gE) die Vorgaben zu den Inhalten des Absolventenmanagements nach wie vor nicht beachten. (…)“

Quelle: Mitteilung des Bundesrechnungshofs an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales

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