Bildungsverlaufregister als Chance für datenbasiertes Bildungssystem

Die Bundesregierung bekundet im Koalitionsvertrag ihren Willen, ein Bildungsregister zu schaffen und unter anderem eine Schüler- oder Bildungs-ID einzuführen. Die Bertelsmann Stiftung hat für beide Vorhaben einen Sachstand zusammengetragen sowie Bedingungen formuliert. Für eine auf Daten gestützte Steuerung des Bildungs-, Ausbildungs- und Weiterbildungssystems können Register und ID hilfreich sein.

Aus Sicht der Stiftung sollte die Einführung der Werkzeuge kein Selbstzweck sein. Sie zahlen sich erst aus, wenn primär die Schüler*innen von der Auswertung der Daten profitieren: „durch bessere Leistungen, eine Stärkung ihres Wohlbefindens und mehr Bildungsgerechtigkeit“. Notwendig sei, ein Ziel zu formulieren, hinter dem sich alle Beteiligten des Bildungssystems versammeln können. Bund und Länder, aber auch die jungen Menschen selbst, Betriebe, Universitäten, Bildungsträger und Akteure im Bereich der nonformalen Bildung. Gemeinsames Ziel und Interesse aller könnte sein, die Handlungsfähigkeit des Bildungssystems durch die Daten zu stärken.

Tiefgreifende Analyse

„Ein BVR auf Grundlage einer flächendeckenden, pseudonymisierten Statistik, basierend auf individuellen Bildungsverläufen, würde diese tiefergehende Analyse ermöglichen – und so verlässlicher offenbaren, wo Ressourcen benötigt werden und wie bildungspolitische Maßnahmen wirken. Ein Bildungsverlaufsregister ermöglicht also nicht nur ‚bessere‘ Wissenschaft mit qualitativ hochwertigeren Daten, sondern auch wesentlich fundiertere Grundlagen für eine effektive und effiziente bildungspolitische Steuerung“, heißt es in der Analyse.

Kooperativer Bildungsföderalismus

Die Debatte um ein Bildungsverlaufregister (BVR) gewinnt durch den Koalitionsvertrag neue Aufmerksamkeit. Bundesministerin Karin Prien hat ein BVR auf ihre Agenda gesetzt. Die Idee selbst ist bereits zwei Jahrzehnte in der Bildungslandschaft ein Thema. Die Chance, dass Bund und Länder im Sinne eines kooperativen Bildungsföderalismus in der Sache vorankommen, scheint aktuell groß. Wo ein Wille ist, sind auch die Hürden auf dem Weg weniger hoch: Neben Ländern und Bund müssen Eltern (skeptisch), Lehrkräfte (unentschieden) und Schüler*innen (offen) eingebunden sein. Bildungsforschende wünschen sich den umfangreichen Datensatz eines Registers.

An einem Strang ziehen

Der Blick auf die Gelingensbedingungen zeigt, dass ein Bildungsverlaufsregister ein dickes Brett ist. Benötigt werden ein gesamtgesellschaftliches Zielbild, ein gemeinsamer Prozess aller Akteur*innen, ein schlüssiges Narrativ, eine föderale Kooperation, starke Partnerschaften und Allianzen, staatliche Mittel (unter anderem für kompatible Softwarelösungen, digitale Infrastruktur, Datensicherheit) und einheitliche Datenstandards. Im Papier der Bertelsmann Stiftung heißt es abschließend: „Ein Bildungsverlaufsregister kann in Deutschland nur Realität werden, wenn viele Systeme ineinandergreifen – und, noch wichtiger: viele Menschen eine Vertrauensbasis entwickeln und an einem Strang ziehen.“ Der Anfang sei längst gemacht.

Text: Michael Scholl

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