Bildungsexperte fordert mehr Geld für Schulen in den ärmsten Nachbarschaften

Die Bundesregierung will mit dem Startchancen-Programm helfen, den Bildungserfolg junger Menschen von ihrer sozialen Herkunft zu entkoppeln. Das Startchancen-Programm ist ein Vorhaben der Koalition, das rund 4.000 allgemeinbildende Schulen – mit der Fokussierung auf Grundschulen – mit einem hohen Anteil sozial schwacher und bildungsferner Schüler*innen gezielt unterstützen soll. Das Bundesbildungsministerium und die Konferenz der Kultusminister*innen ringen noch um die konkrete Verteilung der Mittel. Der Bildungsexperte und Forscher Prof. Dr. Marcel Helbig hat für das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) ausgerechnet, wie Mittel aus dem Startchancen-Programm über die Armutsquote fair verteilt werden könnten. Kinder- und Jugendarmut verteilen sich in Deutschland sehr unterschiedlich. Das hat auch die Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit (BAG KJS) e. V. immer wieder anhand von Armutsgefährdungsquoten und Sozialleistungsbezug im Monitor „Jugendarmut in Deutschland“ dokumentiert. Helbig zeigt in der Studie auf, wie die Mittel des Startchancen-Programms verteilt werden müssten, wenn man allein die Armutsquoten im schulischen Umfeld heranziehen würde. Betrachtet wurden alle öffentlichen Schulen mit Grundschulzweig. Laut Studie liegen die meisten Schulen mit einem hohen Anteil armer Kinder in Nordrhein-Westfalen und in den drei Stadtstaaten Bremen, Hamburg und Berlin. Bayern und Baden-Württemberg weisen den geringsten Anteil an Grundschulen mit hoher Kinderarmut auf. Folgt man Helbigs Vorschlag, würden die Gelder zwar ungleicher über die Bundesländer aber fairer mit Blick auf die von Armut betroffene Kinder verteilt.

Mitteleinsatz ungleicher aber fairer

Schulen mit hohem Anteil armer Kinder sind nicht gleichmäßig über die Bundesländer und Landkreise verteilt. Daher sei die Kinderarmutsquote als Grundlage der Mittelverteilung zielführender als bisherige Verteilmechanismen. Bundesmittel für Schulen – etwa für das Programm „Aufholen nach Corona“ – wurden nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel verteilt. Dieser orientiert sich an der Bevölkerungszahl sowie der Wirtschaftskraft der Bundesländer. Das Bundesbildungsministerium und auch die Bundesländer haben Bereitschaft gezeigt, sich vom Königsteiner Schlüssel in diesem Fall zu lösen. Eine Einigung auf die Kriterien zur Mittelverteilung steht aber noch aus. So besteht beim Kriterium „Migration“ noch Gesprächsbedarf, inwieweit dieser oder der sozio-ökonomische Hintergrund des Elternhauses den Bildungserfolg von Kindern und Jugendlichen beeinflussen.

Die Studie ist als WZB Discussion Paper erschienen. Marcel Helbig: Eine „faire“ Verteilung der Mittel aus dem Startchancenprogramm erfordert eine ungleiche Verteilung auf die Bundesländer. Eine Abschätzung der Mittelbedarfe für die deutschen Grundschulen anhand der Armutsquoten in den Sozialräumen. WZB Discussion Paper, P 2023–001, Mai 2023.

Quelle: Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung; bildungsklick.de; Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen; BAG KJS

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