Beteiligung stärkt Demokratie: Dokumentation des Nationalen Aktionsplans Kinder- und Jugendbeteiligung veröffentlicht

In ihrem Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2021 hatte die vergangene Bundesregierung festgelegt, dass mithilfe eines Nationalen Aktionsplans (NAP) für Kinder- und Jugendbeteiligung die Beteiligung junger Menschen in Deutschland gestärkt und die Jugendstrategie der Bundesregierung weiterentwickelt werden sollte. Als Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit (BAG KJS) durfte ich die Jugendsozialarbeit beim NAP im jugendpolitischen Beirat des Ministeriums vertreten. Die Abschlussdokumentation samt Handlungsempfehlungen wurden nun veröffentlicht und sind online zugänglich.

Ich möchte im Folgenden zwei der Empfehlungen hervorheben:

  • Kinder- und Jugendbeteiligung leistet einen wesentlichen Beitrag zur Stärkung unserer Demokratie. Diese gesellschaftliche Relevanz soll deutlicher in der Öffentlichkeitsarbeit herausgestellt werden.
  • Es soll sichergestellt werden, dass alle jungen Menschen in ihrer ganzen Vielfalt an Beteiligungsformaten mitwirken können. Besonders wichtig ist dabei, niedrigschwellige, diversitätssensible und inklusive Zugänge zu ermöglichen. (…) Dabei ist zu berücksichtigen, dass junge Menschen auch das Recht haben, sich nicht zu beteiligen. Darüber hinaus werden einzelne Formate und Inhalte nur für bestimmte Zielgruppen von jungen Menschen von Bedeutung und Interesse sein.

Die Kinder- und Jugendbeteiligung hat in Deutschland in den vergangenen Jahren auf allen politischen Ebenen und in nahezu allen gesellschaftlichen Teilbereichen, vor allem in der pädagogischen Praxis, einen Aufschwung erfahren und wird zunehmend umgesetzt. Es besteht jedoch noch Entwicklungsbedarf, um die Beteiligung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen nachhaltig zu stärken. Dies gilt auch für die Jugendsozialarbeit. Trotz zunehmender Gelegenheiten und den vielfältigen Gründen, warum junge Menschen an allen sie betreffenden Entscheidungen beteiligt werden sollten, mangelt es in Deutschland noch immer an vielen Stellen an tatsächlichen Mitwirkungsmöglichkeiten. Der 17. Kinder- und Jugendbericht spricht von „Nicht-Beteiligung“ und kritisiert, dass insbesondere in den multiplen Krisen der letzten Jahre die Anliegen von jungen Menschen bei Entscheidungen kaum berücksichtigt wurden.

Leider macht der Koalitionsvertrag – als wichtige Grundlage für die Jugendpolitik der neuen Bundesregierung – wenig Hoffnung auf eine positive Weiterentwicklung. Hier heißt es nur schmal: „Wir veranstalten einen nationalen Kinder- und Jugendgipfel, um jungen Menschen Gelegenheit zu geben, ihre Anliegen zu artikulieren, mit Politikerinnen und Politikern zu diskutieren und Schwerpunkte für künftige Kinder- und Jugendpolitik vorzuschlagen.“

Das ist sehr wenig. Hoffnung macht jedoch, dass im ausrichtenden Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMBFSFJ), wie auch bei den freien Trägerstrukturen der Kinder- und Jugendhilfe, nicht zuletzt durch den NAP, eine sehr hilfreiche Expertise aufgebaut wurde und auf vielfältige positive Praxiserfahrungen zurückgegriffen werden kann.

Es schadet dennoch sicherlich nicht, die NAP-Dokumentation auch der neuen Hausleitung noch einmal mit auf den Weg zu geben. In diesem Zuge würde ich auch einige zugespitzte Botschaften ergänzen:

  • Ein Event, wie ein Kinder- und Jugendgipfel, läuft immer Gefahr, Symbolpolitik ohne nachhaltige Wirkung zu bleiben: Alle fahren nach Hause und machen das, was sie schon immer gemacht haben.
  • Echte Beteiligung ist keine Simulation.
  • Wer Beteiligung wirklich will, muss Adultismus und Ausgrenzung bekämpfen.
  • Es geht nicht primär darum, Beteiligungsformate an die Prozesse anzufügen, sondern durch Beteiligung die Prozesse an die Lebenswirklichkeit und die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen anzupassen.
  • Nur durch eine Absenkung des Wahlalters entsteht Relevanz für die Politik; und die Bedürfnisse von jungen Menschen kommen auf die Tagesordnungen der Parteien und Fraktionen.

 

Autor: Tom Urig

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