Die Bundesregierung legt den Berufsbildungsbericht 2013 vor. Dieser bezieht sich in seiner Bilanz auf das Ausbildungsjahr 2012. Erneut gab es den Angaben zufolge mehr Ausbildungsstellen als Bewerberinnen und Bewerber. Zugleich stieg der Fachkräftemangel. Die Bundesagentur für Arbeit und der Deutsche Industrie- und Handelskammertag prognostizieren, dass sich die positive Entwicklung auf dem Ausbildungsmarkt fortsetzen wird. Um weiter jedem Jugendlichen einen Ausbildungsplatz anzubieten, wollen Bundesregierung und Wirtschaft den „Nationalen Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs“ bis 2014 fortsetzen. Was für die Jugendlichen erfreulich sei, mache den Betrieben zunehmend Sorgen. Bis 2030 würde die Altersgruppe junger Menschen zwischen 17 und 25 Jahren um rund ein Fünftel schrumpfen. Parallel hält der Trend zu höheren Schulabschlüssen an. Die Konkurrenz zwischen dualer Ausbildung und Hochschulbildung nimmt zu. Mehr als ein Drittel der Betriebe konnte eine oder mehrere Ausbildungsstellen nicht besetzen. Dennoch gibt es nach wie vor zu viele Bewerberinnen und Bewerber, denen der Übergang von der Schule in die Ausbildung nicht sofort gelingt. Schülerinnen und Schüler haben Defizite in Lesen, Schreiben und Rechnen. Auch diese Jugendlichen werden gebraucht, damit es in Zukunft genügend Fachkräfte gibt. Zum Beispiel mit dem Programm „Abschluss und Anschluss – Bildungsketten bis zum Ausbildungsabschluss„, fördert die Bundesregierung , dass sich lerngefährdeter Schülerinnen und Schüler beruflich orientieren können und die Ausbildungsreife erlangen.
Auszüge aus den Informationen zur Ausbildungslage:
„Die Ausbildungsmarktsituation ist für junge Menschen in Deutschland weiterhin gut. Zwar wurden 2012 etwas weniger Ausbildungsverträge neu abgeschlossen als im Vorjahr. Diese Entwicklung ist aber auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung zu sehen. Betriebe haben zunehmend Schwierigkeiten, ihre angebotenen Ausbildungsstellen zu besetzen. Gleichzeitig gibt es aber noch eine große Zahl von Bewerbern und Bewerberinnen, denen der Übergang von der Schule in die Ausbildung nicht sofort gelingt. (…)
Unbesetzte Berufsausbildungsstellen und unversorgte Bewerber – verbessertes Matching als zentrale Herausforderung
2012 wurden 551.272 Ausbildungsverträge neu abgeschlossen. Das sind -18.108 (-3,2%) weniger als im Vorjahr. Die Vertragsrückgänge sind zum einen als Folge der demografischen Entwicklung und des gezielten (an die demografische Entwicklung angepassten) Abbaus der außerbetrieblichen Ausbildung zu sehen (-15,0%). Es wurden aber auch etwas weniger betriebliche Ausbildungsverträge abgeschlossen als 2011 (-2,5%).
Gleichzeitig ist mit 33.275 eine Rekordzahl an Berufsausbildungsstellen unbesetzt geblieben (+3.586 bzw. +12,1 % verglichen mit 2011). Erneut lag die Zahl der bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldeten unbesetzten Berufsausbildungsstellen über der der unversorgten Bewerber (15.650). Allerdings ist auch die Zahl der unversorgten Bewerber, die weder in eine Berufsausbildungsstelle, noch in eine Alternative einmündeten 2012 gestiegen (+4.325 bzw. +38,2 %). Das Ergebnis ist ein Indiz für wachsende Passungsprobleme am Ausbildungsmarkt und zunehmende Schwierigkeiten betriebliches Angebot und Nachfrage regional und beruflich zusammenzuführen.
Betriebe haben zunehmend Schwierigkeiten, ihre angebotenen Ausbildungsstellen zu besetzen
Auch Ergebnisse von Betriebsbefragungen zeigen, dass sich für Unternehmen die Suche nach Auszubildenden immer schwieriger gestaltet. Nach den Ergebnissen des BIBB-Qualifizierungspanels 2012 konnten mehr als ein Drittel der befragten Betriebe ihre angebotenen ausbildungsstellen teilweise oder vollständig nicht besetzen (34,8 %). Davon besonders betroffen sind Klein- und Kleinstbetriebe mit 42,4 % (zum Vergleich Großbetriebe: 17,5 %). … Der Berufsbildungsbericht zeigt, dass die Ausbildungsbetriebsquote, d.h. der Anteil der Ausbildungsbetriebe an allen Betrieben weiter gesunken ist (2008: 24,0 %, 2009: 23,5 %, 2010: 22,5 %, 2011: 21,7 %).
Weniger Bewerber mit Alternative zum 30.9. und weiterem Vermittlungswunsch
Zum Ende des Vermittlungsjahres weist die BA neben den 15.650 unversorgten Bewerbern und Bewerberinnen noch weitere 60.379 junge Menschen aus, für die die Vermittlungsbemühungen ebenfalls weiterlaufen. Sie hatten im Jahr 2011/2012 eine Alternative zu einer Ausbildung begonnen (z.B. berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme, Praktikum, EQ etc.), aber unabhängig davon weiter nach einer Ausbildungsstelle gesucht und eine entsprechende Vermittlung durch die Arbeitsagenturen und Jobcenter gewünscht. Verglichen mit den Vorjahren ist ihre Zahl weiter zurückgegangen (2009: 73.054, 2010: 68.155, 2011: 60.818, 2012: 60.379).
Weniger Anfänger im Übergangsbereich
Mit der zunehmenden Entspannung des Ausbildungsmarktes bedingt durch die demografische und konjunkturelle Entwicklung sowie das Engagement der Bundesregierung und der Wirtschaft geht auch die Zahl der Eintritte in den so genannte Übergangsbereich in den letzten Jahren deutlich zurück. 2011 lag die Zahl der Anfänger und Anfängerinnen im Übergangsbereich erstmals unter 300.000. 2012 konnte ein weiterer Rückgang auf 266.732 erzielt werden (-18.190 bzw. -6,4 % verglichen mit 2011). Seit 2005 ist die Zahl der Anfänger und Anfängerinnen im Übergangsbereich sogar um -150.915 bzw. -36,1 % gesunken.
Die Prognose des BIBB zum Übergangsbereich zeigt, dass ein vollständiger Abbau des Übergangsbereichs selbst unter günstigster Ausbildungsmarktentwicklung unrealistisch ist. Umso wichtiger ist es, das Ziel der Effizienzsteigerung der Maßnahmen im Übergangsbereich konsequent umzusetzen, um jungen Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind, den Weg in die Ausbildung zu erleichtern. Einen wichtigen Beitrag leistet hier z. B. die Initiative „Bildungsketten“. (…)
Weniger Altbewerber und Altbewerberinnen
Als Antwort auf die gestiegenen Altbewerberzahlen der vergangenen Jahre hatte die Bundesregierung gezielte Maßnahmen für besonders förderbedürftige Altbewerber aufgelegt. Altbewerber und Altbewerberinnen sind auch eine wichtige Zielgruppe im Nationalen Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs 2010-2014. Es ist gelungen, die Zahl der Altbewerber und Altbewerberinnen deutlich zu reduzieren. Verglichen mit 2011 ist die Zahl der Bewerber, die sich bereits ein oder zwei Jahre vor dem Berichtsjahr für eine Ausbildung beworben haben, um -5.531 bzw. -3,3 % auf insgesamt 162.550 gesunken.
Die deutsche Wirtschaft wird bald jeden jungen Menschen brauchen
Die Auswirkungen der demografischen Entwicklungen sind bereits seit einiger Zeit auch auf dem Ausbildungsstellenmarkt spürbar. 2012 ist die Zahl der nichtstudienberechtigten Schulabgänger und Schulabgängerinnen aus allgemein bildenden Schulen (Hauptklientel der dualen Berufsausbildung) weiter zurückgegangen (-8.500 bzw. -1,6 % verglichen mit 2011). (…) 2013 wird die Zahl der nichtstudienberechtigten Schulabgänger und Schulabgängerinnen erstmals seit 2001 wieder zunehmen, und zwar um +17.200 bzw. +3,2 % auf 551.800. (…) Dadurch ist der demografische Trend aber nicht gestoppt. Schon 2014 wird die Zahl der nichtstudienberechtigten Schulabgänger und Schulabgängerinnen wieder zurückgehen. (…) Da mittel- und langfristig auch die Zahl der studienberechtigten Schulabgänger und Schulabgängerinnen sinken wird, steht der Ausbildungsmarkt vor großen Herausforderungen. Künftig wird es noch stärker darauf ankommen, alle Potenziale – leistungsstarke wie auch schwächere Jugendliche – für den Ausbildungsmarkt zu erschließen, um den Fachkräftenachwuchs für Deutschland zu sichern. (…)“
Ergänzend zum Berufsbildungsbericht wurde der BIBB-Datenreport veröffentlicht. Mit seinen Schaubildern, Tabellen und Analysen liefert er wichtige Informationen. Eine Printversion des insgesamt 460 Seiten umfassenden Datenreports steht ab Juli zur Verfügung.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit (BAG KJS) e.V. hat die Datenanalyse sowie den Berufsbildungsbericht mit einem kritischen Blick zur Kenntnis genommen. Für benachteiligte Jugendliche stellt sich die Situation auf dem Ausbildungsmarkt bei weitem nicht so positiv dar, wie die Regierung die Gesamtsituation beschreibt. Mehr dazu erfahren Sie im Positionspapier „‚Recht auf Ausbildung‘ als Grundrecht verankern“.
Quelle: BMBF; BIBB