Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) analysiert routinemäßig die Mobiltelefone asylsuchender Menschen. Die Datenträgerauswertung ist kostspielig, intransparent, generiert kaum verwertbare Ergebnisse und verletzt Grundrechte, so das Ergebnis einer Studie der Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GFF). Im Jahr 2017 wurde eingeführt, dass das BAMF elektronische Datenträger auslesen darf, wenn eine asylsuchende Person weder Pass noch Passersatzdokument vorweisen kann. Analysiert werden Kontakte, ein- und ausgehende Anrufe und Nachrichten, Browserverläufe, Geodaten aus Fotos sowie verwendete Emailadressen und Benutzernamen auf Plattformen wie Facebook, booking.com und Tinder. Laut Studie hat das BAMF seit 2017 rund 20.000 Mobiltelefone von Asylsuchenden ausgelesen und über 11 Millionen Euro in dieses Verfahren investiert. Im Zeitraum Januar 2018 bis Juni 2019 scheiterte das Auslesen in etwa einem Viertel der Fälle bereits an technischen Problemen. Mehr als die Hälfte der erfolgten Datenträgerauswertungen erwiesen sich als unbrauchbar. Nur in 1-2 % der verwertbaren Auswertungen fanden sich Widersprüche zu den Angaben, die die Asylsuchenden selbst in ihren Befragungen gemacht hatten.
Auswertung eines umfangreichen Daten- und Quellenbestands
Für die Studie wertete die Journalistin Anna Biselli und die Juristin Lea Beckmann einen umfangreichen Quellenbestand aus, darunter Ergebnisberichte von Datenträgerauswertungen, Asylakten, interne Dienstanweisungen, Handbücher und Schulungsunterlagen des BAMF, Dokumente aus dem Gesetzgebungsverfahren, Stellungnahmen von Rechtswissenschaftler*innen, Flüchtlingsorganisationen und Verbänden, sowie Informationen, die durch parlamentarische Anfragen in Bundestag und Landesparlamenten öffentlich wurden. Zudem führten die Autorinnen Hintergrundgespräche mit Geflüchteten, Anwält*innen und Rechtswissenschaftler*innen, Verfahrensberatungsstellen und Menschenrechtsorganisationen in Deutschland und anderen Ländern Europas.
Die Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. koordiniert und finanziert gerichtliche Verfahren, um die Grund- und Menschenrechte gegen staatliche Verletzungen zu verteidigen. Mit der Studie „Das Smartphone, bitte! Digitalisierung von Migrationskontrolle in Deutschland und Europa“, will die Gesellschaft für Freiheitsrechte über die Menschenrechtsverletzende Praxis des BAMF aufklären. Im Ergebnis wird ein Datenschutz zweiter Klasse für Geflüchtet beklagt: Der Einsatz der Auslesetechnik ist mit hohen Kosten und erheblichen Grundrechtseingriffen verbunden.
Quelle: Die LINKE; Gesellschaft für Freiheitsrechte e. V. (GFF)