In den größten Städten ist Armut weiter verbreitet als im Bundesdurchschnitt

Trotz der soliden wirtschaftlichen Entwicklung ist die Armutsquote in Deutschland wieder gestiegen. So berichtet der Böckler Impuls in seiner neuesten Ausgabe. Am größten ist die Armutsgefährdung in Deutschlands Metropolen. Das ergibt eine aktuelle Untersuchung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung. Damit wird die zentrale Aussage des Monitors Jugendarmut 2012 – „Armut ist vor allem in den Städten zu Hause“ – untermauert. Eric Seils, Sozialexperte im WSI, und sein Koautor Daniel Meyer haben für die 15 größten deutschen Städte die Armutsdaten auf Basis des Mikrozensus ausgewertet und mit den Bezugsquote von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II) abgeglichen. Auf diese Weise lassen sich einerseits auch Menschen in verdeckter Armut erfassen, die aus Scham oder Unwissenheit auf Sozialtransfers verzichten. Zum anderen lässt sich zumindest grob abschätzen, wie tief die Armut der Betroffenen ist. Zwar ist das Einkommen von Menschen, die Hartz IV oder andere Formen der Grundsicherung nach dem SGB II beziehen, statistisch nicht ganz klar abzugrenzen. Es dürfte aber bei Alleinstehenden zumeist unter 848 Euro liegen. Daher werten Seils und Meyer den Bezug von Sozialunterstützung als ein mögliches Indiz für „tiefere“ Armut.

In ihren Untersuchungen Forscher auch die Trends seit 2005 einbezogen: Die ostdeutschen Metropolen Leipzig und Dresden haben auch im Großstädte-Vergleich überdurchschnittliche Armutsquoten, die allerdings niedriger sind als noch vor einigen Jahren. In Berlin leben rund 21 Prozent der Menschen unter der Armutsgrenze, und ihr Anteil ist seit 2006 gestiegen. Besonders problematisch ist die hohe Sozialgeld-Quote unter Kindern: Gut jedes dritte von ihnen ist auf staatliche Sozialtransfers angewiesen.
Die Entwicklung in Dortmund und Duisburg werten Seils und Meyer als „dramatisch“. Die beiden Ruhrgebietsstädte nähern sich mit Armutsquoten von gut 24 und 23 Prozent dem Niveau von Leipzig.
Köln liegt mit einer gemessenen Armut von 20 Prozent etwas über dem Metropolen-Durchschnitt. Die Armutsquote ist von 2010 auf 2011 gestiegen, die SGB-II-Quote ging in den vergangenen Jahren zurück. Düsseldorf, das bei beiden Werten im längerfristigen Vergleich deutlich niedriger als die Domstadt lag, hat sich zuletzt stark angenähert.

In den Metropolen Norddeutschlands machen Seils und Meyer unterschiedliche Entwicklungen aus. In Hamburg ist die SGB-II-Quote in den vergangenen Jahren kräftig gesunken. Die Armutsquote schwankt zwar, sie liegt aber geringfügig unter dem Bundesmittel. Deutlich höher ist der Anteil armer Einwohner in Bremen und Hannover.

Süddeutsche Großstädte haben meist deutlich geringere Armutsprobleme als die Metropolen in anderen Landesteilen. In München ist die Armutsquote zwar zuletzt ebenfalls leicht gestiegen, sie liegt aber mit rund 12 Prozent noch klar unter dem Bundesdurchschnitt. Stuttgart befindet sich mit einer Armutsquote von 15,1 Prozent genau im Bundesmittel. In Frankfurt waren 2011 knapp 16 Prozent der Menschen arm.

Die höchste Armutsquote unter den Süd-Großstädten weist Nürnberg auf: Knapp 20 Prozent der Bevölkerung gelten als arm. Die SGB-II-Quote ist mit 11,7 Prozent dagegen nach Analyse der Forscher „erstaunlich niedrig.“

Die Forschungsergebnisse von Eric Seils und Daniel Meyer „Die Armut zeigt und konzentriert sich in den Metropolen“ erscheineen als WSI-Report in Kürze. Mehr Informationen zum Thema Jugendarmut erhalten Sie unter der Homepage der Initiative www.jugendarmut.info

Quelle: Böckler Impuls 18/2012

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