Übernahme von Auszubildenden

Auszüge aus betriebsgrößenspezifische Analysen bei der Übernahme von Auszubildenden von André Pahnke, Annette Icks und Rosemarie Kay:
“ … Die eigene Ausbildung von Fachkräften
Die eigene Ausbildung von Fachkräften stellt für Betriebe eine grundsätzliche Möglichkeit dar, den eigenen Fachkräftebedarf zu sichern. Diese Strategie ist jedoch erst dann als erfolgreich zu betrachten, wenn es dem Betrieb gelingt, einen Auszubildenden bis zum erfolgreichen Abschluss der Ausbildung zu führen, ihn in ein reguläres Beschäftigungsverhältnis zu übernehmen und ihn für eine Weile als Fachkraft an sich zu binden.

Das Ende eines Ausbildungsverhältnisses ist – sofern die Übernahme eines Ausbildungsabsolventen intendiert ist – aus Sicht eines Ausbildungsbetriebs kritisch, weil einerseits keine arbeitsvertragliche Bindung des Ausbildungsabsolventen an den Ausbildungsbetrieb besteht und er deswegen ohne Weiteres ein Arbeitsverhältnis in einem anderen Betrieb aufnehmen kann. Andererseits können die während der Berufsausbildung erworbenen nicht-betriebsspezifischen Fertig- und Fähigkeiten nahezu vollständig auf entsprechenden Arbeitsplätzen anderer Betriebe eingesetzt werden, so dass die Gefahr der Abwerbung groß ist.

Aufgrund der sich abzeichnenden demografischen Entwicklungen ist mit einer Verknappung von Arbeitskräften mit abgeschlossener Berufsausbildung zu rechnen. Infolgedessen ist zu erwarten, dass es aufgrund eines zunehmenden Wettbewerbs um solche Fachkräfte für Betriebe schwieriger wird, Ausbildungsabsolventen zu übernehmen und für längere Zeit an sich zu binden. Problemverschärfend kommt hinzu, dass die Zahl der Schulabgänger weiter zurückgehen wird und sich das Potenzial an Auszubildenden verringert.

Vor diesem Hintergrund wird in der vorliegenden Studie den Fragen nachgegangen, welche Rolle die eigene Ausbildung von Fachkräften für die Sicherung des Fachkräftebedarfs bisher gespielt hat und zukünftig spielen wird, insbesondere aber, ob und inwiefern vor allem kleine und mittlere Betriebe Schwierigkeiten haben, Ausbildungsabsolventen an sich zu binden. …

Ausbildungsengagement nach Betriebsgröße
Arbeitskräfte mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung haben in allen Betrieben den größten Anteil an der Belegschaft – … – und damit für Betriebe aller Größenklassen eine große Bedeutung. Infolgedessen haben sich in der Vergangenheit viele Betriebe an der betrieblichen Ausbildung beteiligt, wobei der Anteil der ausbildenden Betriebe an allen Betrieben mit der Betriebsgröße ansteigt. Im untersuchten Zeitraum 2000 bis 2011 ist das Ausbildungsengagement der kleinen Betriebe zurückgegangen, wohingegen das der Großbetriebe zugenommen hat. Das Ausbildungsengagement der mittleren Betriebe ist weitgehend konstant. Das rückläufige Ausbildungsengagement der Kleinbetriebe ist nicht das Ergebnis eines sich verstärkenden Wettbewerbs um Auszubildende. Anders als bei den mittleren und großen Betrieben ist der Anteil der unbesetzt gebliebenen Ausbildungsplätze im Zeitverlauf bei den kleinen Betrieben gesunken. Gleichwohl war die eigene Ausbildung von Fachkräften in der Vergangenheit insgesamt gesehen eine wesentliche Strategie der Deckung des Fachkräftebedarfs. Sie wird es auch in näherer Zukunft sein. …

Übernahme von Absolventen
Im Zeitraum 2000 bis 2011 haben kleine, aber auch mittlere Betriebe weniger Ausbildungsabsolventen in ein reguläres Beschäftigungsverhältnis übernommen als Großbetriebe, wobei der Anteil übernommener Ausbildungsabsolventen im Zeitverlauf in allen Betriebsgrößenklassen angestiegen ist. Die geringeren Übernahmequoten in den kleinen und mittleren Betrieben sind jedoch nicht Ausdruck größerer Schwierigkeiten von kleinen und mittleren Betrieben, Ausbildungsabsolventen an sich zu binden.

Eine multivariate Analyse zeigt vielmehr, dass Auszubildende großer Betriebe eine höhere Wahrscheinlichkeit haben, den Betrieb zu wechseln als übernommen zu werden. Es ist zu vermuten, dass Auszubildende großer Betriebe dabei häufiger in einen anderen Betrieb des gleichen Unternehmens wechseln und insofern nicht häufiger abgeworben werden als Auszubildende kleiner und mittlerer Betriebe. Die geringeren Übernahmequoten sind vielmehr darauf zurückzuführen, dass insbesondere die Ausbildungsabsolventen mittlerer Betriebe nach Beendigung der Ausbildung weitaus häufiger in die Arbeitslosigkeit wechseln als Auszubildende anderer Größenklassen. Dies wäre gerade bei den kleinen Betrieben Ausdruck dessen, dass sie über den eigenen Bedarf hinaus ausgebildet haben und weniger Ausdruck unzureichender Qualifikation der Ausbildungsabsolventen. Letztere spielt bei den mittleren Betrieben eine größere Rolle.

Kleine und mittlere Betriebe scheinen in den zurückliegenden Jahren im Hinblick auf die Übernahme von Ausbildungsabsolventen also den gewünschten Erfolg erzielt zu haben. Analysen der Verweildauer von Ausbildungsabsolventen im Ausbildungsbetrieb zeigen, dass Auszubildende kleiner und mittlerer Betriebe in etwa eine gleich lange Zeit nach Beendigung der Ausbildung in ihrem Ausbildungsbetrieb verbleiben wie Auszubildende großer Betriebe. Sie können ihre Ausbildungsabsolventen also in etwa so lange an sich binden wie die Großbetriebe.

Strategie der Großbetriebe wirkt
Werden die Befunde zur Ausbildungsphase, zur Übernahme in ein reguläres Beschäftigungsverhältnis und zum Verbleib im Ausbildungsbetrieb nach Abschluss der Ausbildung zusammen genommen, dann ist festzuhalten, dass die Strategie der eigenen Ausbildung von Fachkräften für Großbetriebe in der Vergangenheit am erfolgreichsten war. Dies liegt vor allem daran, dass sie den größten Anteil der Auszubildenden bis zum Abschluss der Ausbildung führen konnten. Die kleinen und mittleren Betriebe konnten ihren Fachkräftebedarf offenbar auf diese Weise decken. Im Hinblick auf die Abwerbung von Auszubildenden liefern die Analysen keine Hinweise darauf, dass Ausbildungsabsolventen kleiner und mittlerer Betriebe hiervon in der Vergangenheit in besonderer Weise betroffen waren. Zu bedenken bleibt, dass der untersuchte Zeitraum im Wesentlichen durch einen Überhang sowohl an Ausbildungsplatzbewerbern als auch -absolventen gekennzeichnet war. Die Befunde können damit nicht ohne Weiteres auf eine Zukunft übertragen werden, die umgekehrt durch einen Überhang von Ausbildungsplätzen charakterisiert sein wird.

Für die nähere Zukunft erwarten wir für die kleinen und mittleren Betriebe noch keine ausgeprägten Schwierigkeiten bei der Sicherung des Fachkräftebedarfs auf dem Wege der eigenen Ausbildung, weil sie zunächst noch von dem Puffer der Ausbildung über den eigenen Bedarf hinaus zehren können. Das heisst jedoch nicht, dass die kleinen und mittleren Betriebe keinen Handlungsbedarf hätten. Es scheint für sie vielmehr angeraten zu sein zu prüfen, warum so viele ihrer Ausbildungsverhältnisse vorzeitig enden. … „

Die Untersuchung in vollem Textumfang entnehmen Sie bitte dem Anhang.

www.ifm-bonn.org

Quelle: Institut für Mittelstandsforschung Bonn

Dokumente: IfM_Uebernahme_von_Auszubildenden_betriebsgroessenspezifische_Analysen.pdf

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