Am Gesundheitstag am 26. November 2025 an der Anne-Frank-Realschule plus[1] in Ludwigshafen wurde erneut deutlich wie wichtig das Thema Mentale Gesundheit an Schulen für Schülerinnen und Schüler ist. Mental Health Coachin Nadine Vetter initiierte den Gesundheitstag mit dem Ziel, die mentale Stärke der Schülerinnen und Schüler zu fördern und nachhaltig zu festigen.
Nach einer gemeinsamen Begrüßung und einem einführenden Vortrag starteten die Schülerinnen und Schüler der 9. und 10. Klasse in verschiedene Workshops. Das Angebot reichte von Improvisationstheater über Brain-Fitness und Ernährungstipps bis hin zu Yoga-Einheiten. Dabei lernten die Jugendlichen nicht nur, flexibel auf unerwartete Anforderungen zu reagieren, sondern auch, wie sie mithilfe von Achtsamkeits- und Entspannungsübungen Stress abbauen können. Gerade in Prüfungsphase sei dies besonders wichtig, betonte Schülerin Azra Bulur, da diese Zeiten häufig mit hoher psychischer Belastung einhergingen.
Überschattet wurde der Gesundheitstag jedoch von der Nachricht, dass das bundesweite Programm Mental Health Coaches zum 31. Dezember 2025 eingestellt werden soll. Laut Haushaltsbeschluss erfolgt dies aufgrund eines zu geringen Nutzens in der Fläche sowie einer fehlenden nachhaltigen Mittelverwendung. Zwar sollen die Erkenntnisse aus dem Modellprojekt weiterverwendet werden, dennoch steht die Entscheidung zur Streichung im Widerspruch zur Ankündigung im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD, eine umfassende Strategie „Mentale Gesundheit für junge Menschen“ zu entwickeln – und wirkt dieser Zielsetzung somit aktiv entgegen.
Besonders widersprüchlich erscheint dies vor dem Hintergrund, dass das bisherige „Zukunftspaket für Bewegung, Kultur und Gesundheit“ aus dem das Mental-Health-Coaches-Programm finanziert wurde, umbenannt wird in „Zuschüsse und Leistungen für Hilfen und zur vorbeugenden Unterstützung bei psychischen Belastungen von Kindern und Jugendlichen“. Dieser Titel soll weiterentwickelt werden, um den spezifischen Anliegen bei der Prävention von psychischen Belastungen und der Unterstützung von Kindern und Jugendlichen sowie der neuen Schwerpunktausrichtung besser zu entsprechen– gleichzeitig wird jedoch ein Programm eingestellt, dass Kinder und Jugendliche konkret dabei unterstützt, psychische Auffälligkeiten abzubauen[2].
Laut aktueller COPSY-Studie (Child Outcomes in PSYchology) des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) sind 81 Prozent der Kinder und Jugendlichen „ziemlich“, bzw. „äußerst“ psychisch belastet. Zwar hat sich die Lebensqualität junger Menschen nach der Corona-Pandemie verbessert, sie stagniert jedoch weiterhin auf einem gleichbleibenden Niveau. Dies zeigt sich darin, dass rund 22 Prozent der Kinder und Jugendlichen nach wie vor eine deutlich geminderte Lebensqualität aufweisen.
Das Modellprojekt Mental Health Coaches geht auf die interministerielle Arbeitsgruppe „Gesundheitliche Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche durch Corona“ (IMA) zurück, die in den Jahren 2022 und 2023 auf Grundlage wissenschaftlicher Daten konkrete Handlungsempfehlungen entwickelte, die insbesondere niedrigschwellige, präventive und strukturell angebundene Angebote forderten. Das damalige Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) erkannte 2022 den Bedarf junger Menschen und stellte fest, dass Lehrkräfte und Schulsozialarbeit diese zusätzlichen essenziellen Aufgaben nicht dauerhaft leisten können. Diese Einschätzung bestätigt auch Schulleiter Johannes Thomas der Anne-Frank-Realschule plus in Ludwigshafen: „Im täglichen Unterrichtsgeschehen haben wir immer wieder den Auftrag die Kinder und Jugendlichen entsprechend zu stärken, aber ohne diese Unterstützung von außen werden wir das nicht nachhaltig hinbekommen können.“
Vor dem Hintergrund des damals deutlich artikulierten Unterstützungsbedarfs wurde das Modellprojekt „Mental Health Coaches“ bundesweit in Kooperation mit Trägern der Jugendsozialarbeit initiiert. Die Förderung der mentalen Gesundheit junger Menschen ist gerade angesichts aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen von zentraler Bedeutung.
Auch der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Alexander Schweitzer, unterstrich in einer Grußbotschaft am Gesundheitstag an der Ludwigshafener Realschule wie wichtig es sei, mentale Gesundheit als festen Bestandteil des Schulalltages zu verankern: „Schule muss ein Ort sein, an dem Sorgen und seelische Herausforderungen einen Platz haben und ihnen mit Verständnis begegnet wird“, betonte Schweitzer.
Das Modellprojekt Mental Health Coaches wurde im Rahmen des BiPsy-Monitors durch die Universität Leipzig umfassend und positiv evaluiert. Die Ergebnisse belegen eine hohe Resonanz bei Schulen, jungen Menschen sowie den beteiligten Netzwerkpartnern.
Umso bedauerlicher ist das unerwartete und abrupte Ende des Programms, das alle Beteiligten vor große Herausforderungen stellt. Das Modellprogramm Mental Health Coaches hat deutlich gemacht, dass niedrigschwellige Zugänge innerhalb von Schule funktionieren und dass mentale Gesundheit als fester Bestandteil schulischer Arbeit verankert werden sollte – wie der Gesundheitstag an der Ludwigshafener Realschule eindrucksvoll verdeutlicht hat.
Autorin: Ilka Bähr
[1] Die Realschule plus vereint die Bildungsgänge Berufsreife und qualifizierter Sekundarabschluss I und wird in kooperativer und integrativer Form angeboten. An einigen Realschulen plus besteht mit der Fachoberschule ein zusätzliches Bildungsangebot, in dem Jugendliche nach der 10. Klasse die Fachhochschulreife erwerben können (Ministerium für Bildung Rheinland-Pfalz).
[2] 50 % aller psychischen Erkrankungen beginnen vor dem 14. Lebensjahr (Kessler et al., 2005).
Weiterführende Links zur Berichterstattung über den Gesundheitstag:



