Ausbildungschancen erhöhen

Die aktuellen Zahlen, die die Bundesagentur für Arbeit zum Ausbildungsmarkt Ende Oktober veröffentlicht hat, sind alarmierend: Obwohl sich von Oktober 2024 bis September 2025 mehr junge Menschen (+12.000) ausbildungssuchend gemeldet haben, sank die Zahl derer, die eine Ausbildung begonnen haben, erneut. Trotz Fachkräfte- und Nachwuchsmangel finden insgesamt 84.000 Bewerber*innen keinen Ausbildungsplatz. Von einem chancengerechten Ausbildungsmarkt, der allen jungen Menschen eine qualifizierte Ausbildung ermöglicht, ist Deutschland noch immer weit entfernt.

Rückgang bei den gemeldeten Ausbildungsstellen: 494.000 Berufsbildungsstellen wurden bei den Agenturen für Arbeit und den Jobcentern von Oktober 2024 bis September 2025 gemeldet, 25.000 weniger als im Vorjahreszeitraum.

Leichter Anstieg bei den ausbildungssuchend gemeldeten Bewerber*innen: 444.000 junge Menschen haben sich bei den Agenturen für Arbeit und den Jobcentern von Oktober 2024 bis September 2025 ausbildungssuchend gemeldet, 12.000 mehr als im letzten Jahr.

191.000 Bewerber*innen mündeten in Ausbildung, 7.000 weniger junge Menschen (-4 %) als im Vorjahr. Im Vergleich zum Vorjahr sank der Anteil der Bewerber*innen, die eine Ausbildungsstelle gefunden haben, auf 43 Prozent – dies ist der niedrigste Wert seit mindestens 25 Jahren.

84.000 Bewerber*innen sind nach wie vor ausbildungssuchend; diese Zahl setzt sich zusammen aus 40.000 sogenannten Unversorgten und 44.000 Bewerber*innen mit Alternative. 40.000 sogenannte Unversorgte (+ 9.000, + 28 %) sind bei der Bundesagentur für Arbeit ausbildungssuchend gemeldet, konnten aber keinen Ausbildungsplatz und auch keine Alternative zur Ausbildung finden. Dies ist die höchste Zahl seit 2007.

44.000 Bewerber*innen mit Alternative (+ 5.000, +13%) haben im Unterschied zur Gruppe der Unversorgten eine Alternative gewählt, weil sie keinen Ausbildungsplatz gefunden haben, sind aber nach wie vor ausbildungssuchend und würden die gewählte Alternative zugunsten einer Berufsausbildung beenden.

Fast die Hälfte aller ausbildungssuchend gemeldeten Bewerber*innen, 48 % oder 213.000, sind anderweitig verblieben (+ 11.000, +5 %). Sie sind auf einen Schulbesuch, Studium, Praktikum (17 %) oder auf eine Fördermaßnahme wie z.B. eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme oder eine Einstiegsqualifizierung (2 %) ausgewichen. Bei 13 % der gemeldeten Bewerber*innen ist der Verbleib unbekannt.

Bei den Altbewerber*innen ist mehr als ein Drittel (36 %) wiederholt auf Ausbildungssuche: 158.000 junge Menschen waren nicht nur im letzten, sondern auch in mindestens einem der letzten 5 Jahre als ausbildungssuchend gemeldet (+ 7.000, +5 %). Hierzu zählen z. B. junge Menschen, die im Vorjahr auf einen Freiwilligendienst oder einen Schulbesuch ausgewichen sind.

Was ist zu tun?  Hier ein paar Stellschrauben, an denen angesichts der schockierenden Ausbildungsmarktzahlen gedreht werden könnte:

Ausbildungschancen erhöhen!

Laut aktuellem Berufsbildungsbericht mündeten 259.400 junge Menschen in den Übergangsbereich in eine Maßnahme, weil sie den Sprung in Ausbildung nicht schafften. Laut einer Expert*innenbefragung der Bertelsmann-Stiftung könnten jedoch viel mehr junge Menschen direkt in Ausbildung einmünden. Nach Einschätzung der befragten Fachkräfte aus der Jugendberufshilfe könnten mehr als ein Viertel der Jugendlichen im Übergangssektor (26,3 %) unmittelbar eine Ausbildung aufnehmen, wenn ein geeigneter Ausbildungsplatz verfügbar wäre. Mehr als ein Drittel (36,4 %) könnten mit entsprechender professioneller Begleitung in Ausbildung einmünden.

Ausbildungsbegleitung ausbauen

Es fehlt also professionelle Unterstützung, um das im Übergangsbereich „geparkte“ Potential junger Menschen zu schöpfen! Im Sozialgesetzbuch III gibt es mit der Assistierten Ausbildung, AsA flex, §§ 74 ff, eine Förderung. Mit der Ausbildungsbegleitung können Auszubildende und Ausbildungsbetriebe gleichermaßen Unterstützung erhalten, damit die Ausbildung erfolgreich abgeschlossen werden kann. Nimmt man die Aussagen der Bertelsmann-Stiftung ernst, müsste das Angebot von AsA flex jedoch deutlich erhöht werden.

AsA flex weiterentwickeln

Neben der Verbreitung von AsA flex kann auch dessen Wirksamkeit erhöht werden. Denn das Instrument leidet seit Jahren an aus der Praxis zurückgemeldeten hohem Administrationsaufwand, der – trotz Nachbesserungen durch die Bundesagentur für Arbeit – nach wie vor besteht. Ressourcen, die hier benötigt werden, fehlen in der sozialpädagogischen Begleitung. Hinderliche Rahmenbedingungen müssen dringend reduziert werden.

Außerbetriebliche Ausbildungsplätze erhöhen

Mit der im April 2024 gesetzlich verankerten Ausbildungsgarantie wurden Förderelemente beschlossen. Der Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit hatte sich dazu mehrfach kritisch geäußert. Insbesondere der angekündigte Ausbau von zusätzlichen 3.000 Ausbildungsplätzen in der außerbetrieblichen Ausbildung (BaE) nach § 76 SGB III, für sog. „Marktbenachteiligte“, die trotz Suche und Bewerbung auf dem Ausbildungsmarkt nicht fündig wurden, lässt jedoch auf sich warten. Dabei könnte gerade dieses Angebot einer sozialpädagogisch begleiteten Ausbildung jungen Menschen einen Einstieg in duale Ausbildung eröffnen, in die sukzessive übergeleitet werden könnte.

Versprechen im Koalitionsvertrag einlösen

Im Koalitionsvertrag wird die Bedeutung von Ausbildung hervorgehoben: „Damit der Übergang ins Berufsleben besser gelingt, wollen wir gemeinsam mit den Ländern ermöglichen, dass jeder junge Mensch einen Schulabschluss und eine Ausbildung machen kann.“ Jedem jungen Menschen mit Ausbildungswunsch eine Ausbildung zu ermöglichen ist auch eine zentrale Forderung der Jugendsozialarbeit. Um dies zu erreichen, müssen Exklusionsrisiken am Übergang beleuchtet und aufgelöst werden sowie alle Möglichkeiten der Förderung und Unterstützung ausgeschöpft werden. Hier ist noch Luft nach oben.

Der Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit hat unter Federführung der BAG KJS zum aktuellen Berufsbildungsbericht eine Stellungnahme veröffentlicht. Mit Blick auf die Daten fordert der Kooperationsverbund den Ausbau sozialpädagogischer Coaching-Angebote, eine wirksame Ausbildungsgarantie und den Umbau zu einem qualitativ hochwertigen Übergangssystem.

Autorin: Susanne Nowak (Bundesreferentin bei IN VIA Deutschland e. V. im Netzwerk der BAG KJS)

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