Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) blickt in einer Erklärung auf das Europa der Zukunft. Es formuliert sechs Thesen, die angesichts einer komplexen und krisenhaften weltpolitischen Lage die europäische Idee erhalten können. Das Präsidium des ZdK wirbt für einen Aufbau Europas als Friedenskontinent. Zugleich nennt das ZdK Herausforderungen wie den Krieg Russlands gegen die Ukraine, die Zunahme autoritärer Staaten und den Populismus europafeindlicher Kräfte.
„Europa braucht mehr Demokratie und Rechtsstaatlichkeit“ lautet These 1. Die bisher starken Prinzipien und Institutionen in Europa werden jedoch zunehmend in Frage gestellt, gemeinsame Regeln durch nationalistische Politik untergraben. Kampagnen mit einer Fülle falscher Informationen fluten die sozialen Netzwerke. Aus Sicht des ZdK müssen Rechtsstaatlichkeit und gemeinsames Handeln robust verteidigt werden, unter anderem durch Etatsperren.
Soziale Marktwirtschaft
These 2: Europa braucht mehr soziale Marktwirtschaft. Derzeit gerate die Wettbewerbsfähigkeit unter Druck, es gebe mehr konsumptive als innovative Haushaltspolitik. Aus Sicht der katholischen Laien wirkt dagegen der Abbau von Subventionen – möglichst sozialverträglich. Außerdem liege ein Schlüssel in nachhaltiger Handelspolitik und gerechter Besteuerung.
Nachhaltigkeit
These 3: Europa braucht mehr Nachhaltigkeit. Das Wohlstandsversprechen ist fragil geworden, die Belastung junger Generationen steigt. Die Europäische Säule sozialer Rechte müsse daher gestärkt werden mit Schwerpunkten wie dem Mindestlohn, Investitionen in Wohnen, Gesundheit und Gleichstellung. Der Erhalt der Ökosysteme ist aus Sicht des ZdK günstiger als deren Reparatur.
Einheit in Vielfalt
These 4: Europa braucht mehr Einheit in Vielfalt. Migration gehört aus Sicht des ZdK zur Identität Europas. „Die EU steht vor einer [sic!] dreifachen [sic!] Aufgabe: Sie muss den rechtlichen Schutzrahmen aufrechterhalten, sie muss Migration rechtlich einwandfrei organisieren, und sie muss Integration dauerhaft ermöglichen“, heißt es im Papier. Als Lösungsansätze werden genannt, das Grundrecht auf Asyl zu sichern und tragbare Verfahren für alle Staaten zu vereinbaren. Geflüchtete müssen Zugang zu Bildung, Arbeit und sozialen Rechten erhalten. Das ZdK wirbt für einen grundlegenden Neuansatz mit sicheren Grenzen und sicheren Zugängen. Geflüchtete seien nicht verantwortlich für Mängel in der Infrastruktur. Auftrag sei, Integration zu gestalten.
Sicherheit
These 5: Europa braucht mehr Sicherheit. Sicherheit in Freiheit und Gerechtigkeit ist das Schlagwort, Autokratie der falsche Weg. Gegen die wachsenden Aggressionen und neue globale Kräfteverhältnisse helfe gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik sowie aktive Diplomatie.
Globale Verantwortung
These 6: Europa braucht mehr globale Verantwortung. In der Analyse sieht das ZdK die Entfaltungsmöglichkeiten vieler Menschen unter Druck. Daseinsvorsorge und Basisdienstleistungen seien weltweit unterfinanziert. Europa müsse jedoch in eine wirksame Entwicklungszusammenarbeit gestalten und den Umgang mit dem Globalem Süden justieren. Mit der Agenda 2030 und den Zielen der Nachhaltigkeit (SDG) gibt es dazu eine international anerkannte Grundlage. Darüber hinaus müssen Klimaschutz vorangetrieben und die Zivilgesellschaften gestärkt werden.
Als Christ*innen Verantwortung übernehmen
Das ZdK sieht seine Aufgabe in drei zentralen Bereichen: Werte achten und einfordern, Konfliktlösung unterstützen und als Christ*innen Verantwortung übernehmen.
Text: Michael Scholl