Der 6. Armuts- und Reichtumsbericht (ARB) soll an die bisherige Berichterstattung anknüpfen. Neue Akzente des Berichts werden Bezug nehmen auf (sozial-)politische Schwerpunkte dieser Legislaturperiode: Fragen des gesellschaftlichen Zusammenhalts, der (regionalen) Bedeutung von Infrastruktur und Leistungen der Daseinsvorsorge und die (subjektiven) Einstellungen zu Armut, Reichtum und Verteilung sollen intensiver als bislang analysiert werden. So verspricht es die Bundesregierung auf der Internetpräsenz zum ARB. Materielle Lagen sollen auch im Hinblick auf den Grad der Verfestigung untersucht werden. Ein Berichtsentwurf wurde mittlerweile öffentlich. Darin wird ein besorgniserregendes Bild gezeichnet: Armut hängt in hohem Maße mit Arbeitslosigkeit zusammen. Und: Wer in den letzten fünf Jahren in einer Armutslebenslage war, bleibt mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in den nächsten fünf Jahren in dieser Situation.
Folgen der Agenda-Politik
Der Armuts- und Reichtumsbericht dokumentiert auch die Folgen der Agenda-Politik. Mit den Hartz-Reformen wurde die Absicherung des sozialen Risikos Erwerbslosigkeit zu einem erheblichen Teil der Fürsorge übertragen. Die Reichweite der Arbeitslosenversicherung wurde geschwächt. Die Arbeitslosenhilfe wurde gänzlich abgeschafft und dafür die “Grundsicherung für Arbeitsuchende” eingeführt. Seitdem ist nicht länger die Arbeitslosenversicherung das vorherrschende Sicherungssystem bei Arbeitslosigkeit. Da die Leistungen der Grundsicherung deutlich unterhalb der Armutsschwelle liegen, ergibt sich ein Prozess der Entsicherung für arbeitslose Menschen.
Politische Beteiligung arme Menschen sinkt
Eine steigende Ungleichheit stellt der Berichtsentwurf auch bei der politischen Beteiligung fest. Nicht nur, dass die Interessen von einkommensarmen Menschen in der Politik deutlich zu gering berücksichtigt werden, ist problematisch. Auch ist die Wahlbeteiligung von Wahlberechtigten mit geringem Einkommen überdurchschnittlich stark zurück gegangen.
Armutsbetroffene bekommen keine Stimme
Die Wohlfahrtverbände bemängeln an dem Entwurf, dass Armutsbetroffene nicht direkt einbezogen werden. Anders als beim Vorgängerbericht sind keine Stimmen aus der Konferenz der Armutsbetroffenen vorgesehen. Eva Maria Welskop-Deffaa, Vorstand Fach- und Sozialpolitik des Deutschen Caritasverbandes, kritisiert: „Wenn wir einer Verfestigung von Armut im Lebenslauf erfolgreich entgegentreten wollen, müssen die Betroffenen selbst bei der Suche nach Lösungen zu Wort kommen.“ Caritas bietet an, einen Dialogprozess zwischen Menschen mit Armutserfahrungen und der Regierung zu unterstützen.
Quelle: Bundesregierung; Caritas, Der Paritätische