Anfang März gab das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) den Startschuss für die zweite Runde des Sonderprogramms Kinder- und Jugendbildung, Kinder- und Jugendarbeit. Zum zweiten Mal gehen die gemeinnützigen Einrichtungen des sozialpädagogisch begleiteten Jugendwohnens leer aus, wie Alissa Schreiber vom Verband der Kolpinghäuser klarstellt. Für die „Jugendsozialarbeit News“ erläutert Schreiber das Problem.
Bereits im Jahr 2020 wurden 63 Millionen Euro eingesetzt, um etwa gemeinnützige Einrichtungen der Kinder- und Jugendbildung oder –arbeit, Jugendherbergen und Familienferienstätten vor existenzbedrohenden Notlagen zu bewahren. Für das Jahr 2021 stehen nun erneut 100 Millionen Euro zur Verfügung. Trotz des wiederholten und eindringlichen Hilferufs der Einrichtungen des sozialpädagogisch begleiteten Jugendwohnens seien diese abermals nicht antragsberechtigt.
Die Akteure des Jugendwohnens fordern daher weiterhin einen Defizitausgleich der durch die Corona-Pandemie entstandenen Einnahmeausfälle. Aus ihrer Sicht ist der Bund für eine Existenzabsicherung des Jugendwohnens als Teil der Jugendsozialarbeit – in seiner bunten und somit sozial inklusiven Ausrichtung – verantwortlich. Die meisten Häuser haben eine gemischte Bewohnerschaft, die aus Schüler*innen und dualen Auszubildenden (darunter einige über die Jugendhilfe vermittelt), Blockschüler*innen und weitere Gruppen besteht. Müssen Jugendwohnheime aufgrund ungelöster Liquiditätsengpässe schließen, ist auch die Infrastruktur für die Unterbringung von jungen Menschen über die Jugendhilfe, bzw. die Jugendsozialarbeit, bedroht.
Gemeinnützige Einrichtungen dürfen keine Finanzpolster bilden
Die schweren und zum Teil existenzbedrohenden Einbußen aufgrund der Corona-Pandemie in den Jugendwohnheimen werden weiterhin nicht durch Mittel der Bundesebene kompensiert. Grund hierfür ist laut BMFSFJ die Ursache für den größten Anteil der finanziellen Ausfälle im Jugendwohnen: Zwar ist das Jugendwohnen rechtlich in der Kinder- und Jugendhilfe in § 13.3 SGB VIII verankert, im Rahmen der Pandemie sind die Defizite jedoch zu einem großen Teil im sogenannten Blockschulbereich entstanden. Hier kommen Auszubildende – anders etwa als über die Jugendhilfe – nicht als Dauerbewohner*innen in die Einrichtungen, sondern nur für wenige Wochen im Rahmen spezifischer Ausbildungsinhalte. Für die Unterbringung von Auszubildenden im Blockschulbereich sind jedoch die Bundesländer und nicht der Bund verantwortlich.
Auch wenn einige Bundesländer ihre Soforthilfeprogramme für Jugendwohnheime geöffnet haben, sind diese Hilfen nicht ausreichend, um die Notlagen in den betroffenen Jugendwohnheimen abzuwenden. Insbesondere in Bayern bleiben die Fördertöpfe für Jugendwohnheime in der Praxis so gut wie ganz geschlossen. Aber auch in Baden-Württemberg zum Beispiel beträgt der Einnahmeverlust in den Häusern für das Jahr 2020 trotz anteiliger Kompensation über das Bundesland immer noch bis zu 25 %.
Die Einnahmeausfälle müssen aus eigenen Rücklagen getragen werden, die aus rechtlichen Gründen bei den gemeinnützigen Jugendwohnheimen äußerst knapp sind und zudem eigentlich für notwendige Sanierungs- und Renovierungsarbeiten angespart wurden. Längst nicht jedem Haus ist klar, wie es bis Ende 2021 über die Runden kommen soll. Und für viele Jugendwohnheime rückt die Möglichkeit, ihre Häuser zu sanieren, zu modernisieren und mit einer angemessenen digitalen Infrastruktur auszustatten, in weiter Ferne.
Quelle: Alissa Schreiber, Referentin Jugendwohnen beim Verband der Kolpinghäuser e. V. (VKH) und Fachreferentin für Jugendwohnen im Netzwerk der Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit (BAG KJS) e. V.