Soziale Spaltung im Weiterbildungssystem: Wer hat, dem wird gegeben

Vor allem angesichts der fortschreitenden Digitalisierung wird der Bedarf an Weiterbildung zunehmen. Auf europäischer, Bundes- und Länderebene wollen die verantwortlichen Politiker die Weiterbildungsbeteiligung signifikant erhöhen. Matthias Anbuhl hat sich für den DGB mit der Situation am Weiterbildungsmarkt beschäftigt und eine Zwei-Klassen-Gesellschaft ausgemacht. Der DGB hat seine Analyse „zur sozialen Spaltung in der Weiterbildung 2019“ veröffentlicht, die unter anderem zeigt, dass auch im Jahr 2018 mit zunehmender schulischer Bildung der Anteil derjenigen stieg, die an Weiterbildungen teilnahmen. Dies betrifft die Weiterbildung insgesamt und die betriebliche Weiterbildung. So profitierten zum Beispiel immerhin 48 Prozent der Menschen mit hohem Berufsabschluss, aber nur 30 Prozent derjenigen mit niedrigem Schulabschluss von betrieblicher Weiterbildung. Auch bei der beruflichen Qualifikation gilt der Studie zufolge die Faustregel: Je höher der Abschluss, desto wahrscheinlicher ist eine Teilnahme an Weiterbildung. Meister/-innen und Fachschüler/-innen weisen mit 59 Prozent eine dreimal so hohe Quote auf wie die Menschen ohne Berufsabschluss (17 Prozent).

Deutlich weniger Chancen auf Weiterbildung für Menschen ohne oder mit weniger gutem Schulabschluss

Gemäß der Analyse nahmen 56 Prozent der Personen in schulischer oder beruflicher Ausbildung 2018 an Weiterbildung teil. 2014 waren es noch 54 Prozent, 2016 allerdings nur 42 Prozent. Bei Betrachtung der Altersgruppen weisen die 18- bis 24-Jährigen eine Weiterbildungsquote von 55 Prozent auf. Höher liegt diese bei den 25- bis 44-Jährigen, wohingegen sie dann mit steigendem Alter sinkt.

In seinem Fazit stellt Anbuhl auf Grundlage der analysierten Zahlen „weiterhin eine starke soziale Spaltung im Weiterbildungssystem“ fest: „Auch bei der Weiterbildung gilt das Prinzip: Wer hat, dem wird gegeben. Wer geringfügig beschäftigt ist, keinen guten Schulabschluss oder keinen Berufsabschluss hat, bekommt auch später deutlich weniger die Chance zur Weiterbildung. Dabei werden Betriebe angesichts des demographischen Wandels darauf angewiesen sein, gerade die bisher benachteiligten Gruppen zu qualifizieren, um ihren Fachkräftebedarf zu decken.“ Der Autor kommt zum Schluss, dass es zentral ist, allen Menschen die Teilhabe an guter Erwerbsarbeit und zur persönlichen Entwicklung zu eröffnen bzw. zu bewahren, da der grundlegende Wandel von Arbeit, Wirtschaft und Gesellschaft zu massiven Umstrukturierungen von Produktionsprozessen und Beschäftigung führt.

DGB-Vorschläge für eine zukunftsorientierte Weiterbildung

Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften sehen eine zukunftsorientierte Qualifizierungs- und Weiterbildungspolitik als einen wichtigen Schlüssel zur Teilhabe an und schlagen unter anderem diese Maßnahmen vor:

  • Bessere Rechte für Betriebsräte. Zur Stärkung von Weiterbildung im Betrieb ist Mitbestimmung zentral.
  • Implementierung betrieblicher Weiterbildungsmentoren.
  • Fortführung der ESF-Sozialpartnerrichtlinie. Das Programm „Fachkräfte sichern: weiter bilden und Gleichstellung fördern“ ist das einzige ESF-Programm, das die aktive Einbindung der Sozialpartner bei der Entwicklung und Umsetzung von innovativen Ansätzen in der betrieblichen Weiterbildung ermöglicht.
  • Förderung des Nachholens eines Berufsabschlusses.

Quelle: DGB

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