Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat in seiner Reihe „Politikberatung kompakt“ Ergebnisse einer IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten veröffentlicht. Untersucht wurden schulische und berufliche Qualifikation, Sprachkenntnisse sowie kognitive Potentiale. Die Befragung ist Teil einer Längsschnittstudie. Die erste Befragung fand 2016 statt. Im Jahr 2017 erfolgte die zweite Befragung. Befragt werden Geflüchtete, die vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Januar 2016 in Deutschland eingereist sind und einen Asylantrag gestellt haben, sowie ihre Haushaltsmitglieder. Insgesamt wurden 4.527 erwachsene Personen in 3.336 Haushalten interviewt sowie Basisangaben von in diesen Haushalten lebenden 5.438 Minderjährigen erhoben.
Zu welchen Ergebnissen kommen die Analysen?
Bildung im Herkunftsland
Das im Herkunftsland erworbene schulische und berufliche Bildungsniveau der geflüchteten Männer und Frauen in Deutschland ist stark polarisiert. Einerseits haben 40 Prozent der Geflüchteten (41 Prozent der Männer sowie 38 Prozent der Frauen) eine weiterführende Schule besucht und 35 Prozent haben hier einen Abschluss erworben (35 Prozent der Männer und 33 Prozent der Frauen). Andererseits haben rund 12 Prozent der Geflüchteten lediglich eine Grundschule besucht und weitere 13 Prozent (11 Prozent der Männer und 19 Prozent der Frauen) gaben an, in ihrem Heimatland keine Schule besucht zu haben.
Große Diversität an Muttersprachen
Zwar dominiert unter den befragten Geflüchteten insgesamt wie erwartet die arabische Sprache mit insgesamt 42 Prozent aller MuttersprachlerInnen jedoch wird auch eine Vielzahl anderer Muttersprachen genannt. Insgesamt geben die Geflüchteten sehr gute Kenntnisse in ihrer Muttersprache an.
Nur wenige AnalphabetInnen
Die Befragungsdaten erlauben es, eine grobe Abschätzung des Anteils an primären und funktionalen AnalphabetInnen unter den Geflüchteten vorzunehmen. Rund 4 Prozent der Befragten können der Gruppe der primären und weitere ca. 4 Prozent der Gruppe der funktionalen AnalphabetInnen zugerechnet werden. Zusammen ist bei rund 8 Prozent der befragten Geflüchteten anzunehmen, dass besondere Einschränkungen in der schriftsprachlichen Teilnahme am Alltag vorliegen, die einer speziellen Förderung bedürfen. Besonders hohe Anteile an primären und funktionalen AnalphabetInnen wurden bei Personen aus Afghanistan sowie bei kurdischen MuttersprachlerInnen aus dem Irak und Syrien identifiziert.
Ein Fünftel aller Befragten gibt an, (sehr) gut Deutsch sprechen zu können
Im Durchschnitt geben rund 20 Prozent der Geflüchteten an, gut oder sehr gut Deutsch zu sprechen, während rund 45 Prozent der Geflüchteten berichten, nicht oder eher schlecht Deutsch sprechen zu können. Weitere 22 Prozent der Geflüchteten berichten von guten deutschen Schreib- und rund 27 Prozent von guten deutschen Lesekenntnissen. Die deutschen Sprachkompetenzen zum Zeitpunkt der Befragung variieren deutlich unter anderem nach Geschlecht, Aufenthaltsdauer, Asylstatus und Bildungsniveau.
Geschlechterunterschiede bei der Teilnahme an Bildung und bei Maßnahmen zum Spracherwerb in Deutschland
Zum Befragungszeitpunkt 2016 haben bereits 34 Prozent der Geflüchteten einen vom BAMF angebotenen Integrationskurs durchlaufen oder befinden sich aktuell noch in dieser Sprachmaßnahme. Dieser Anteil verteilt sich jedoch nicht gleichmäßig auf Männer und Frauen. Mit 25 Prozent nehmen deutlich weniger Frauen als Männer (37 Prozent) an einem BAMF-Integrationskurs teil. Vergleichbare Geschlechterunterschiede zeigen sich ebenfalls für andere Arten von Deutschsprachkursen. So geben 42 Prozent der männlichen im Vergleich zu 30 Prozent der weiblichen Geflüchteten an, einen sonstigen Deutschkurs bereits abgeschlossen zu haben oder aktuell noch zu besuchen.
Bildungsaspirationen
Knapp die Hälfte der Geflüchteten ist daran interessiert, einen Schulabschluss in Deutschland zu machen, deutlich mehr, nämlich knapp zwei Drittel, streben einen beruflichen Abschluss an. Aufgrund der hohen Bedeutung von Bildungszertifikaten für die Arbeitsmarktintegration ist die hohe Bildungsmotivation der Geflüchteten durchaus positiv hervorzuheben. Die Studie zeigt auch, dass insbesondere Personen aus Eritrea, Somalia, Afghanistan und dem Irak und insbesondere junge und geringer qualifizierte Geflüchtete vergleichsweise stark an allgemeinbildender sowie beruflicher Aus- und Weiterbildung interessiert sind, jedoch seltener akademische Abschlüsse anstreben.
Die Auswertung der Befragung lesen Sie hier.
Quelle: DIW