Ein Großteil der Bevölkerung in Deutschland stellt Staat und Gesellschaft ein schlechtes Zeugnis bei der Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland aus. Rund drei Viertel sind der Ansicht, dass diese „eher wenig“ oder „sehr wenig“ tun, um Kinderarmut wirkungsvoll entgegenzutreten. Neben diesem unzureichenden Engagement sind zu geringe Einkommen der Eltern durch prekäre Arbeitsverhältnisse sowie die zu geringe Unterstützung für Alleinerziehende die wichtigsten Auslöser für Kinderarmut in Deutschland. Das sind zentrale Ergebnisse des Kinderreports 2018 des Deutschen Kinderhilfswerkes.
Auszüge aus den zentralen Erkenntnissen des Kinderreports 2018:
Bewertung der Aktivitäten von Staat und Gesellschaft zur Bekämpfung der Kinderarmut
Die erwachsenen Befragten stellen Staat und Gesellschaft in dieser Frage ein eher schlechtes Zeugnis aus. Lediglich 5 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass „sehr viel“ getan wird, für 19 Prozent wird „eher viel“ getan. Knapp drei Viertel beurteilen die Aktivitäten von Staat und Gesellschaft hingegen eher negativ. Für 58 Prozent wird „eher wenig“ und für 14 Prozent sogar „sehr wenig“ in dieser Hinsicht getan.
Die befragten Kinder und Jugendlichen kommen zu ähnlichen Einschätzungen wie die Erwachsenen. Auch hier überwiegt mit 66 Prozent („eher wenig“) bzw. 11 Prozent („sehr wenig“) der Anteil derer deutlich, die die Maßnahmen als unzureichend sehen.
Gründe für Kinderarmut
Die wesentliche Ursache für Kinderarmut sind nach Einschätzung der Bevölkerung geringe Einkommen in Deutschland. 84 Prozent der Erwachsenen („Trifft voll und ganz zu“ und „Trifft eher zu“) und 94 Prozent der Kinder und Jugendlichen erachten die Einkommenssituation als Hauptgrund für Kinderarmut. Neben den geringen Einkommen wird Kinderarmut in Deutschland aus Sicht der Kinder und Jugendlichen außerdem dadurch begünstigt, dass das Thema von der Politik vernachlässigt wird: 90 Prozent sind der Ansicht, dass sich Politikerinnen und Politiker zu wenig um dieses Problem kümmern. Etwa ebenso viele Kinder und Jugendliche (89 Prozent) sehen eine zu geringe Unterstützung von Alleinerziehen-den als ursächlichen Faktor für Kinderarmut in Deutschland an. Gut zwei Drittel (68 Prozent) sehen Kinderarmut darin begründet, dass arme Kinder zu wenig unterstützt werden, um einen guten Bildungsabschluss und damit einen Beruf zu bekommen. Die Einschätzung der Erwachsenen ähnelt im Wesentlichen dem Meinungsbild der Kinder und Jugendlichen.
Bekämpfung von Kinderarmut
Bei der Frage, wie die Kinderarmut in Deutschland bekämpft werden sollte, fordert ein Großteil der Erwachsenen eine umfassende Veränderung politischer Rahmen-bedingungen. Als Maßnahmen zur Bekämpfung von Kinderarmut werden vor allem gefordert, einkommensschwache Familien und deren Kinder mit Lehrmittelfreiheit (94 Prozent), kostenfreien Beteiligungsmöglichkeiten an Bildung, Kultur und Sport (87 Prozent) sowie kostenlosen Ganztagsbetreuungen in Schulen und Kitas (87 Pro-zent) sowie kostenfreiem Essen in Schule und Kita (84 Prozent) zu unterstützen. Sehr stark verbreitet ist auch die Forderung, in Schulen und Kitas mehr Fachkräfte und Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter (93 Prozent) einzusetzen, die sich um benachteiligte Kinder kümmern, ebenso wird mehr Beratung, zum Beispiel in staatlichen Einrichtungen (84 Prozent), als wichtig erachtet. Am geringsten sind die Zustimmungswerte hinsichtlich einer Anhebung der Hartz-IV-Regelsätze für Kinder (72 Prozent) und Erhöhungen des staatlichen Kindergeldes (72 Prozent) als wirk-same Unterstützungen.
Auch bei den befragten Kindern und Jugendlichen gibt es durchgehend sehr hohe Zustimmungswerte zu den einzelnen Maßnahmen zur Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland. Besonders favorisiert werden hier die Lehrmittelfreiheit (97 Prozent), mehr Fachkräfte und Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, die sich um benachteiligte Kinder kümmern (93 Prozent) sowie kostenfreies Essen in Schule und Kita (92 Prozent). Aber auch eine Anhebung der Hartz-IV-Regelsätze für Kinder (92 Prozent), kostenlose Ganztagsbetreuungen in Schulen und Kitas (91 Prozent) und eine Erhöhung des Kindergeldes (89 Prozent) werden überdurchschnittlich oft befürwortet.
Mehr Mitbestimmung für Kinder und Jugendliche
Wenn es um mehr Mitbestimmungsrechte für Kinder und Jugendliche in Deutschland geht, sehen Kinder und Jugendliche selbst in fast allen Bereichen einen höheren Bedarf an Mitbestimmung als die Erwachsenen. Betrachtet man die Kinder und Jugendlichen für sich, und fasst die Bereiche „sehr wichtig“ und „wichtig“ zusammen, messen die Befragten der Mitsprache im schulischen und familiären Umfeld den größten Stellenwert zu. Mit jeweils 96 Prozent plädieren die Kinder und Jugendlichen dafür, in der Schule und in der Familie mehr mitbestimmen zu können. Mit deutlichem Abstand folgen die Bereiche der Sport-, Kultur- und Freizeitvereine (86 Prozent) und auch der Wunsch nach mehr Mitbestimmungsrechten in Deutschland insgesamt (79 Prozent).
Für den Kinderreport 2018 wurden im November/Dezember 2017 im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerkes vom Politikforschungsinstitut Kantar Public zwei Um-fragen durchgeführt, eine unter Kindern und Jugendlichen (10- bis 17-jährige) und eine unter Erwachsenen (ab 18-jährige). Befragt wurden 1.621 Personen, davon 620 Kinder und Jugendliche sowie 1.001 Erwachsene. Die Umfrage unter den Kindern und Jugendlichen wurde wie bereits in den Vorjahren als Online-Befragung durchgeführt, der Erhebungszeitraum erstreckte sich vom 27. November bis 3. Dezember 2017. Die Befragung der Erwachsenen wurde wiederum als repräsentative, telefonische Bevölkerungsumfrage konzipiert. Der Erhebungszeitraum für die Erwachsenenumfrage erstreckte sich vom 27. bis 30. November 2017.
Den Kinderreport 2018 lesen.
Quelle: Deutsches Kinderhilfswerk