GEW: „Mit Volldampf auf schulische Berufsausbildung setzen.“ Wege in den Beruf statt Ausbildungskatastrophe: Junge Menschen brauchen Perspektiven “ „Wir müssen mit Volldampf auf Stärkung und Ausbau schulischer Berufsbildungsgänge setzen“, sagte Stephanie Odenwald, für berufliche Bildung verantwortliches Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), … während einer Pressekonferenz in Berlin. „Entgegen ihrer gebetsmühlenhaft wiederholten Versprechen bietet die Wirtschaft Jahr für Jahr weniger betriebliche Ausbildungsplätze an. Der betrieblichen Ausbildung gleichwertige schulische Angebote sollen das duale System so schnell wie möglich ergänzen. Junge Menschen brauchen berufliche Perspektiven –keine Warteschleifen und Ein-Euro-Jobs“. Odenwald machte deutlich, dass viel mehr junge Menschen keinen betrieblichen Ausbildungsplatz bekommen als öffentlich wahrgenommen. „Die gut 150.000 Jugendlichen, die 2005 leer ausgegangen sind, bilden nur die Spitze des Eisbergs. Über 1,5 Millionen junge Menschen haben in Deutschland keinen Ausbildungsplatz“, betonte die GEW-Sprecherin. Sie erläuterte, dass Jugendliche, die in der Arbeitslosen- und Förderstatistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) verschwänden und in berufliche Schulen auswichen, mitgerechnet werden müssen. „Nur so bekommen wir einen realistischen Blick auf das wahre Ausmaß der Ausbildungskatastrophe“, sagte Odenwald. Verlierer des Verdrängungswettbewerbes um die immer rarer werdenden Ausbildungsplätze seien vor allem junge Menschen aus Einwandererfamilien sowie mit Hauptschul- oder ohne Schulabschluss. Der Staat müsse in die Bresche springen, um jungen Menschen eine berufliche Zukunft zu eröffnen. Die Gewerkschafterin begründete damit den Vorstoß der GEW für den Ausbau schulischer Berufsbildungsgänge. Sie erläuterte, dass das neue Berufsbildungsgesetz (BBiG) die gleichwertige Anerkennung und Zertifizierung schulischer und betrieblicher Ausbildungsgänge ermögliche. Der gesetzliche Rahmen müsse im Interesse der jungen Menschen ausgeschöpft werden. … Sie warb dafür, dass in der gesellschaftlichen Diskussion außerbetriebliche und vollzeitschulische Ausbildungsangebote endlich aufgewertet und vom „Stigma der Notmaßnahme“ befreit würden: „Wir brauchen einen Dreiklang, um die riesige Lehrstellenlücke zu schließen: Mehr betriebliche Ausbildungsplätze, mehr Ausbildungsverbünde, zu denen sich mehrere kleine Unternehmen zusammenschließen, und mehr schulische Berufsbildungsgänge.““ “ Info: Die Zahl von gut 1,5 Millionen jungen Menschen ohne betriebliche Ausbildung in 2005 errechnet sich wie folgt: 627.000 Schülerinnen und Schüler befinden sich im Ausbildungsjahr 2003/2004 in vollzeitschulischen beruflichen Bildungsgängen. Diese sind bisher zum größten Teil weder als anerkannte Ausbildungsberufe konzipiert, noch werden sie auf eine folgende Ausbildungszeit angerechnet. Die Daten für 2004/2005 sind uns nicht zugänglich gewesen. Legt man jedoch die Entwicklung der vergangenen Jahre zugrunde, sind die Zahlen eher noch gestiegen. Von den arbeitslos gemeldeten Unter-25-Jährigen haben 46,5 Prozent keine Ausbildung: Demnach brauchen knapp 300.000 junge Menschen einen Ausbildungsplatz. In der Gruppe der von der BA nach Sozialgesetzbuch geförderten jungen Menschen befinden sich knapp 400.000 in ausbildungsfördernden Maßnahmen im engeren Sinne, zu denen auch die Berufsausbildung für Benachteiligte und Behinderte gehört. Die übrigen werden in diversen Eingliederungsmaßnahmen „gefördert“ (zum Beispiel Ein-Euro-Jobs). Addiert man diese Zahlen, brauchen über 1,3 Millionen junge Menschen eine qualifizierte Ausbildung. Für die 740.000 Neubewerber 2005 standen nur 470.000 betriebliche Ausbildungsplätze zur Verfügung. Rechnet man die Altbewerber aus dieser Zahl heraus, bleibt eine Lehrstellenlücke von über 1,5 Millionen Plätzen.“
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Quelle: Hauptvorstand der GEW, 21.11.2005