ANWENDUNG DES VERGABERECHTS IM SGB II Die Träger der Grundsicherung vertreten die Ansicht, dass auch im SGB II das Vergaberecht anzuwenden sei und dies durch Vorgaben des europäischen Wettbewerbsrechts zu begründen sei. Der Paritätische Wohlfahrtsverband vertritt eine andere Ansicht und begründet diese mit folgender Rechtsauffassung formuliert von Ulla Engler (Referentin für Organisationsrecht): “ Wir sind nach wie vor der Auffassung, dass Leistungen des SGB II nicht dem Vergaberecht unterfallen, sondern Leistungserbringungsverträge nach § 17 Abs. 2 SGB II abzuschließen sind. Dafür spricht, dass § 17 Abs. 2 SGB II dem § 75 Abs. 3 Satz 1 und 2 SGB XII entspricht, der ausdrücklich und unstrittig Leistungserbringungsverträge vorsieht. Dem steht auch nicht entgegen, dass § 17 Abs. 2 SGB II im Vergleich zu den §§ 75-81 SGB XII eine recht rudimentäre Regelung ist und keine gesonderten Bestimmungen über den Abschluss der Vereinbarungen (§ 77 SGB XII), die außerordentliche Kündigung (§ 78 SGB XII) oder auch Schiedstellen (§ 80 SGB XII) enthält. Die bis zum ‚Haushaltsbegleitgesetz 1984‘ geltende alte Fassung des § 93 Abs. 2 BSHG war noch rudimentärer und dennoch wurden diese Grundsätze des Leistungserbringungsrechts auch durch die höchstrichterliche Rechtsprechung nie in Frage gestellt. Auch Leistungen des § 16 Abs. 1 SGB II unterliegen nicht dem Vergaberecht. Auch hier gilt das oben dargestellte – mit zwei Ausnahmen. Die §§ 37 c und 421 i SGB III sehen explizit Vergaberecht vor. Hier sind folglich keine Leistungsvereinbarungen abzuschließen. (vgl auch ‚Erbringung von Sozialleistungen nach Vergaberecht?‘ Gutachten von Volker Neumann, Dörte Nielandt, Albrecht Philipp, S.43f.) Es ist auch nicht zutreffend, dass das Vergaberecht aufgrund des europäischen Wettbewerbsrechts angewendet werden muss: Die sog. Dienstleistungsrichtlinie … wurde zum 31. Januar 2006 durch die Richtlinie 2004/18/EG über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge aufgehoben. Inhalt beider Richtlinien war und ist, dass ‚öffentliche Aufträge‘ dem Vergaberecht unterfallen. Nicht dem Vergaberecht unterfallen jedoch ‚Dienstleistungskonzessionen‘, die von ‚öffentlichen Aufträgen‘ streng zu unterschieden sind. Bei den Leistungserbringungsverträgen im SGB II, VIII und XII handelt es sich nicht um öffentliche Aufträge, sondern um Dienstleistungskonzessionen. Dies ist u. a. daran zu erkennen, dass der Konzessionär, d. h. hier der freie Träger, keine direkte Vergütung erhält, sondern ihm ein Recht eingeräumt wird, bei Dritten, nämlich den Nutzern der Dienstleistung oder Einrichtung ein Entgelt zu erheben. Damit übernimmt der Einrichtungsträger Aufgaben mit eigenem wirtschaftlichem Risiko. …“ Als weiteres Material stellen wir im Anhang ein aktuelles Positionspapier der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege zur Ausschreibungsthematik, indem die sog. Leistungserbringungsverträge ausführlich dargestellt werden, zur Verfügung.
Quelle: http://www.paritaet.org/gv/infothek/pid/