Kombilohn: Ein Ansatz mit Haken und Ösen

KOMBILOHN: EIN ANSATZ MIT HAKEN UND ÖSEN Aktuelle Analyse aus dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit. Martin Dietz, Susanne Koch und Ulrich Walwei nehmen das Thema Kombilohn unter die Lupe. Wettbewerbsschwächere Arbeitnehmer werden zunehmend mit Beschäftigungsproblemen konfrontiert. Mit einer Kombination aus Lohn und staatlichem Transferbezug sollen diese Arbeitsmarktprobleme reduziert werden. Ist das Modell des Kombilohns geeignet die Arbeitslosigkeit nachhaltig zu senken? Auszüge aus der Analyse: “ Unsichere Beschäftigungswirkungen bei hohen fiskalischen und gesellschaftlichen Risiken legen die Suche nach Alternativen nahe – Nachhaltige Arbeitsmarktimpulse brauchen weit reichende Reformen bei Steuern und Sozialabgaben Der Kombilohn gilt vielen als probates Mittel, um die Chancen wettbewerbsschwächerer Arbeitnehmer am Arbeitsmarkt zu erhöhen. Als „wettbewerbsschwächer“ werden gering qualifizierte Personen ebenso verstanden wie jene, die schon länger arbeitslos sind. Dazu zählen die meisten Empfänger von Arbeitslosengeld II, aber auch Arbeitslosengeld I-Bezieher mit einem erhöhten Risiko, langzeitarbeitslos zu werden. Nach verschiedenen Schätzungen handelt es sich dabei um einen Kreis von zwei bis drei Millionen Personen. Für die Arbeitsmarktprobleme dieser heterogenen Gruppe gibt es eine Vielzahl von Ursachen, z.B. den Wegfall einfacher Arbeitsplätze durch technischen Fortschritt und Globalisierung oder den hohen „Abgabenkeil“ zwischen Lohnkosten und Nettolöhnen. Aber auch mangelnde Arbeitsanreize, die durch ein relativ hohes Niveau der Transferleistungen im Zusammenspiel mit der Anrechnung von Hinzuverdiensten auf diese Transfers entstehen, spielen eine Rolle. Kombilöhne setzen allein bei dem zuletzt genannten Zusammenhang an und sollen dazu beitragen, Anreize zur Aufnahme einer niedrig entlohnten Beschäftigung zu schaffen oder zu verstärken. Unter Kombilöhnen sind solche staatliche Transfers an Arbeitnehmer zu verstehen, die an die Aufnahme oder Ausübung einer abhängigen Beschäftigung gebunden sind. Es handelt sich also um eine Kombination aus Arbeitseinkommen (Lohn) und Transferbezug. Dies sind zum einen Hinzuverdienstmöglichkeiten für Empfänger von Arbeitslosengeld I und II sowie zum anderen individuelle Zuschüsse zu den Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung. … In der öffentlichen Diskussion wird häufig übersehen, dass bereits einige Kombilohn-Varianten existieren. … Durch unbefristete Kombilöhne werden Beschäftigungsmöglichkeiten im Niedriglohnbereich für Arbeitnehmer attraktiver gemacht. … Wenn es in der aktuellen Diskussion um den Kombilohn geht, kann somit nicht dessen Etablierung im Vordergrund stehen, sondern eine Ausweitung und wirksamere Ausgestaltung der bereits vorhandenen unbefristeten oder befristeten Formen. Bei der Beurteilung solcher Ansätze stellt sich eine Reihe von Fragen: 1. Vergrößern sich die Arbeitsanreize von Erwerbspersonen, die im Transferbezug stehen? 2. Erhöhen sich die Beschäftigungsanreize von Unternehmen zugunsten von Arbeitnehmern mit geringer Produktivität? 3. Müssen zusätzliche Staatsausgaben getätigt werden, die aus Steuern oder Beitragsmitteln zu finanzieren wären? 4. Welche Verteilungseffekte gibt es? … Arbeitsanreize für Erwerbspersonen Der Grundgedanke von Kombilohnvorschlägen lautet, dass sich die Aufnahme einer Beschäftigung im Vergleich zum Verbleib im Transferbezug lohnen soll. Die gewünschte Wirkung tritt aber nur ein, wenn der Zuschuss vom Empfänger nicht einfach „mitgenommen“ wird, sondern daraus Veränderungen des Arbeitsangebotsverhaltens resultieren. Unbefristete und befristete Kombilohnarrangements bringen den geförderten Arbeitnehmern eine Anhebung des Netto-Lohnsatzes. Die Effekte eines steigenden Lohnsatzes auf das Arbeitskräfteangebot sind aber aus theoretischer Sicht ungewiss. … Finanzierung Bleiben bei verbesserten Hinzuverdienstmöglichkeiten die Höhe der Transferleistungen und bei noch höheren Sozialversicherungszuschüssen als bei den Midi-Jobs die Ansprüche der Empfänger unangetastet, so entstehen schnell hohe fiskalische Kosten. Vor allem deshalb, weil Kombilohnempfänger und Niedrigverdiener mit vergleichbarem Einkommen ohne Leistungsbezug gleichbehandelt werden müssen. Lediglich bei befristeten und zielgruppenspezifischen Kombilohnarrangements, die als Ermessensleistung gewährt werden, könnten Mitnahmeeffekte vermieden und die Kosten kontrolliert werden. … Mit dem Begriff des Kombilohnes verbinden sich zum Teil sehr unterschiedliche Vorstellungen und Modelle. Wie dargelegt wurde, taugt keiner der hier vorgestellten Ansätze als arbeitsmarktpolitisches Allheilmittel. In befristeten und auf Zielgruppen begrenzten Ansätzen ist ein arbeitsmarktpolitisches Instrument zu sehen, dessen Effektivität und Effizienz an anderen Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik zu messen ist, z.B. an Eingliederungszuschüssen für Arbeitgeber. … Deutlich weiter gehen die allgemeinen, unbefristeten Kombilohn-Ansätze, da sie tief in das Institutionengeflecht am Arbeitsmarkt hineinwirken. Zunächst lässt sich grundsätzlich festhalten, dass die Verbesserung der Hinzuverdienstmöglichkeiten für Empfänger von Lohnersatzleistungen schnell an Grenzen stößt. Bei einer spürbaren Ausweitung des unbefristeten Zusatzverdienstes für Empfänger von Transferleistungen muss entweder viel Geld in die Hand genommen werden. Oder es ist mit nennenswerten Armutseffekten zu rechnen, wenn man z.B. das Arbeitslosengeld II senkt und gleichzeitig die Hinzuverdienstmöglichkeiten verbessert. Denn zunächst würden dadurch ja nur stärkere Arbeitsanreize für Grundsicherungsempfänger mit unsicheren Beschäftigungschancen geschaffen. Voraussetzung für substantielle Arbeitsmarkteffekte sind dann schnelle und heftige Lohnreaktionen. Diese können jedoch nur eintreten, wenn Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage auch qualitativ zueinander passen. “

http://de.wikipedia.org/wiki/Kombilohn
http://www.finanztip.de/recht/sozialrecht/kombilohn-modell.htm
http://www.insm.de/Lexikon/K/Kombilohn.html
http://www.spd.de/servlet/PB/menu/1053429/e1661569.html
http://www.zeit.de/online/2006/01/Kombilohn
http://www.netzeitung.de/arbeitundberuf/383654.html
http://www.gruene-bundestag.de/cms/arbeit_wirtschaft/dok/96/96551.htm
http://www.handwerk-info.de/artikel/merkel-koalition-haelt-kombilohn-fest.html
http://www.foerderland.de/1104.0.html

Quelle: http://doku.iab.de/kurzber/2006/kb0306.pdf.

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