AUSSCHREIBUNGSPRAXIS DER BUNDESAGENTUR FÜR ARBEIT INSBESONDERE FÜR MAßNAHMEN DER BERUFSVORBEREITUNG UND ERSTAUSBILDUNG Die Bundesarbeitsgemeinschaft arbeit e.V. hat zu der Ausschreibungspraxis der BA in den Jahren 2004 und 2005 eine Stellungnahme abgegeben. Auszüge aus der Stellungnahme: “ Ausgangssituation Die in den Jahren 2004 und 2005 umgesetzten zentralisierten Ausschreibungsverfahren zeigten insbesondere bei Maßnahmen für Jugendliche bedenkliche Auswirkungen. Richtigerweise ist vom Auftraggeber erkannt worden, dass die Maßnahmen ein hohes Maß an Qualität erfordern und von erfahrenen Trägern durchgeführt werden müssen die Vergabepraxis zeigt aber trotz neuer Konzepte eine andere Tendenz. Erforderlich für die Umsetzung von Maßnahmen für Jugendliche sind u.a. gewachsene Arbeitsbeziehungen in der örtlichen Arbeitsmarktregion, erfahrenes Personal in einem Team, das Konzepte mit einer hohen pädagogisch-didaktischen Qualität umsetzen kann und Planungshoheit und -sicherheit für die Akteure in den Regionen (Auftraggeber und Auftragnehmer), so dass die angebotenen Maßnahmen stets konzeptionell optimiert und an die örtlichen Gegebenheiten angepasst werden können. Eine erfolgreiche Vergabepraxis sollte nicht Preise regulieren, sondern dafür sorgen, dass der Auftraggeber die gewünschte Qualität zum wirtschaftlichsten Preis erhält. Zurzeit funktionieren gewachsene Arbeitsbeziehungen und damit funktionierende Infrastrukturen insbesondere zwischen den Trägern aber auch zwischen Trägern und Agenturen bzw. Jobcentern nicht mehr effektiv – aus einer Reihe von Gründen: * Anbieter erhalten eine Vielzahl von Zuschlägen, obwohl bei diesen oft keine gewachsenen partnerschaftlichen Arbeitsmarktbeziehungen existieren. * … Träger erhalten Zuschläge für Maßnahmefelder, in denen sie weit schlechter qualifiziert sind als in anderen, wo sie über Topkompetenzen verfügen. … * Die Maßnahmepreise sind in vielen Regionen auf ein unrealistisches Niveau gefallen, womit Qualitätsstandards in den Maßnahmen unmittelbar bedroht sind. … * Um Maßnahmen mit den realisierten Preisen einigermaßen realistisch umzusetzen, stellen insbesondere „neue Anbieter“ MitarbeiterInnen weit unterhalb einer für deren Qualifikation angemessenen Vergütung ein (Einkommen unterhalb von 1.700 € Arbeitnehmerbrutto für Ausbilder und Sozialpädagogen bei voller Stelle sind nicht nur in den neuen Bundesländern keine Seltenheit). … * Die Maßnahmequalität wird von der BA aus der Sicht und nach den Erfahrungen der Träger nach Maßnahmebeginn lediglich formal überprüft (Hat der Labortisch die vorgeschriebene Höhe? Ist die angegebene Anzahl an Tischen vorhanden?). Die pädagogisch – didaktische und fachliche Qualität der Maßnahme wird in der Regel nicht geprüft. … * Berufsvorbereitende Maßnahmen sind bei geforderter Maßnahmequalität gemäß Neuem Fachkonzept mit dem derzeitigen Personalschlüssel und der aktuellen Finanzausstattung nicht angemessen umsetzbar. Zerschlagen wird in der Tendenz nicht nur eine … recht erfolgreich arbeitende Trägerinfrastruktur, zerschlagen wird vor allem, zumindest auf mittlere Sicht, eine Infrastruktur, die eine fachlich-pädagogisch adäquate Betreuung der jugendlichen Zielgruppe gewährleistet. II. Schwächen der Ausschreibungsverfahren 2004/2005 Die Grundlage der qualitativen Bewertung von Angeboten ist ausschließlich das eingereichte Maßnahmekonzept gewesen. Dieses Verfahren überbewertet die behauptete Maßnahmequalität und berücksichtigt die tatsächlichen Kompetenzen der Anbieter / Träger … nicht. … Somit gab es eine unzureichende Berücksichtigung der Integration des Trägers in regionale Arbeitsmarktnetzwerke. … somit fand … eine Überbewertung des Preisangebotes statt. … In der Vergabepraxis wird dann der Preis zum ausschlaggebenden Faktor. Bei den bisherigen Ausschreibungen wäre es wichtig zu sehen, wie groß die Preisspanne zwischen den Angebote war, die den Zuschlag bekommen haben und denjenigen, die abgelehnt wurden und zwar in beide Preisrichtungen. Obwohl nicht zwangsweise immer das niedrigste Angebot angenommen werden musste, können durchaus unseriös niedrige Preise in solchen Auswahlverfahren jede Qualität geschlagen haben. Die im Konzept formulierten „Standards“ beschränken die Träger in der Entwicklung und Umsetzung einer möglichst erfolgreichen und kreativen Maßnahmedurchführung, da sie teilweise unbeabsichtigt kontraproduktiv wirken. … dürfen nur SozialpädagogInnen mit mehrjähriger Berufserfahrung beschäftigt werden. Dies macht eine Auffrischung von Teamstrukturen durch unverbrauchte MitarbeiterInnen und die Schaffung von Arbeitsplätzen für den Fachnachwuchs unmöglich. … III. Anregungen und Forderungen für die Ausschreibungsverfahren 2006 … regen und fordern wir als Verband der Beschäftigungs- und Qualifizierungsunternehmen in Deutschland folgende Änderungen für die Ausschreibungsverfahren 2006 an: 1. Maßgebliche Beteilung der lokalen Agenturen und Jobcenter bei der Bewertung von Angeboten 2. Berücksichtigung der Integration des Trägers in die lokalen Netzwerke und Arbeitsmarktinfrastrukturen 3. Belastbare Nachweise von Arbeitserfolgen durch den Anbieter bei bereits umgesetzten Maßnahmen (geringe Abbrecherquote, Abschlusserfolge, Vermittlungen in den ersten Ausbildungs- oder Arbeitsmarkt, Dokumentation einer bewährten Prozessqualität in bereits erfolgreich umgesetzten Maßnahmen) 4. Nachweis der Entlohnung von MitarbeiterInnen nicht unterhalb von 20% der ortsüblichen Gehälter 5. Neue Bewertung der qualitativen Nachweise. Diese müssten mindestens eine Gewichtung von 80% bei der Bewertung eines Angebotes haben: a) Pädagogisches und Integrationskonzept, Gewicht 40% b) Organisatorisches und Management-Konzept (einschließlich anerkannter QM-Systeme), Gewicht 10% c) Nachweis der lokalen Trägereignung (Einbeziehung in lokale Netzwerke und Infrastruktur, Entlohnungsnachweis usw.), Gewicht 30% d) Preis, Gewicht 20% 6. Kleinere Lose in der Berufsausbildung. Kein Los jedoch kleiner als 12 TeilnehmerInnen. Keine Kopplung von Berufen sehr unterschiedlicher Berufssparten (z.B. Gastronomie- mit Holzberufen) in einem Los. Kopplung von Berufen nur da, wo es inhaltlich Sinn macht und nicht ausschließlich der Vereinfachung des Ausschreibungsverfahrens dient. 7. Keine Lose mit in der Regel weniger als 60 TeilnehmerInnen bei Berufsvorbereitenden Maßnahmen sowie einer realistischen Anzahl an Berufsfeldern, da sonst das neue Fachkonzept nicht umsetzbar ist. 8. Erhöhung des Personalschlüssels auf 1:8 bei Berufsvorbereitenden Maßnahmen. Überarbeitung der erwarteten Personalsstandards, um den Fachnachwuchs zu berücksichtigen und die Einbindung anderer fachlich geeigneter Berufsgruppen zu ermöglich. 9. Quote für die Vergabe von Maßnahmen je Träger: Maximale Vergabe von Maßnahmeteilnehmerplätzen in Höhe des doppelten der aktuellen Teilnehmerplatzzahl je Agenturbezirk und Maßnahmetypus 10. Bei völligen Neueinsteigern in einem Berufsfeld: keinen Zuschlag in mehr als 1 Los pro Ausschreibungszyklus 11. Verzicht auf öffentliche Formulierung von Markterwartungspreisen oder sonstigen Preisvorstellungen 12. Es wird dem Grundsatz Rechnung getragen, dass gemäß § 25, Ziffer 2 VOL/A „im Verhältnis zur zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrige (Preis-) Angebote“ überprüft werden müssen, mit der Konsequenz, dass „auf Angebote, deren Preise in offenbarem Missverhältnis zur Leistung stehen, der Zuschlag nicht erteilt werden darf“. Hierbei gilt als Regel, dass Angebote, die nicht ausreichen, um die geforderte Anzahl von MitarbeiterInnen bei einer Entlohnung im Rahmen des Ortsüblichen zu finanzieren als im offenbaren Missverhältnis zur Leistung stehend angesehen werden. 13. Ausschreibungen erfolgen für den gesamten Arbeitsmarkt einer Region und nicht beschränkt auf Agentur- und Jobcenter-Grenzen. 14. Fach- und inhaltsbezogene Maßnahmeevaluationen nach Maßnahmestart “
Quelle: http://www.bagarbeit.de