Integration durch Sprache

INTEGRATION DURCH SPRACHE Die zentralen Aussagen der Studie fasst das GPC-Team wie folgt zusammen: “ Sprache ist der Schlüssel zur Integration Die Sprache erfüllt im Prozess der individuellen sowie der gesellschaftlichen Integration mehrere Funktionen: Sie ist Medium der alltäglichen Kommunikation, aber auch eine Ressource, insbesondere bei der Bildung und auf dem Arbeitsmarkt. Sprachliche Kompetenzen in der jeweiligen Landessprache eröffnen den Zugang zu Bildung und Einkommen, zentralen Institutionen, gesellschaftlicher Anerkennung sowie sozialen Kontakten. Der Erwerb der Landessprache als Zweitsprache wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst: * Besonders hervorzuheben sind das Einreisealter und die Aufenthaltsdauer im Einwanderungsland sowie für die Kinder das Einreisealter und die Sprachfertigkeiten der Eltern. Eine höhere Bildung der Migranten selbst bzw. ihrer Eltern begünstigt das Erlernen der Zweitsprache erheblich. * Kinder im Alter bis zu 10 bis 12 Jahren lernen die Sprache des Aufnahmelandes leichter Erwachsene können ein hohes sprachliches Niveau nur mit besonderem Aufwand und nur bei ausgeprägter Motivation erreichen. * Besonders nachteilig auf den Zweitspracherwerb wirken sich vor allem starke ethnische Konzentrationen im Wohnumfeld, binnenethnische Kontakte und Kommunikationsmöglichkeiten in der Herkunftssprache im Wohnumfeld sowie Medienkontakte mit der Herkunftsgesellschaft aus. Bildungserfolg hängt zentral von guten Kenntnissen der Landessprache ab Sprachliche Kompetenzen beinflussen Schulleistungen sowohl direkt als auch indirekt. Für die schulischen (Sprach-) Leistungen und den Bildungserfolg sind im Wesentlichen die gleichen Bedingungen ausschlaggebend wie für den Erwerb der Zweitsprache: Einreisealter, Bildungsstand der Eltern, ethnischer Kontext. Besonders ungünstig auf die Leistungen der Kinder und Jugendlichen wirkt es sich aus, wenn in den Schulklassen große Anteile von Schülern sind, die die Landessprache nicht ausreichend beherrschen. Zusätzliche Kompetenzen in der Herkunftssprache haben keinen erkennbaren Einfluss auf die Schulleistungen. Auch wird durch die empirische Forschung bislang nicht bestätigt, dass Programme der bilingualen Erziehung sich nachhaltig positiv auf das Erlernen der Landessprache bzw. die schulischen Leistungen auswirkt. Kenntnisse der Landessprache bestimmen die beruflichen Chancen Umfassende Kompetenzen in der Landessprache sind für die Integration von Migranten auf dem Arbeitsmarkt neben den zentralen Faktoren des (Aus-) Bildungsniveaus und der Berufserfahrung von überragender Bedeutung. Defizite in der Landessprache verringern die Chancen auf Beschäftigung deutlich und sind mit merklichen Einkommensabschlägen verbunden. Dies gilt umso mehr, je stärker der Kommunikations- und Abstimmungsanteil der Tätigkeit ist und insbesondere dann, wenn die Herkunftssprache keinen hohen Verwendungswert auf dem Arbeitsmarkt hat. Bei unzureichenden Kompetenzen in der Landessprache können auch durchaus vorhandene und wertvolle eigene Kenntnisse und Berufserfahrungen kaum genutzt werden. Auf der anderen Seite verstärken sich für die Arbeitsmarktintegration förderliche Bedingungen – etwa ein höherer Bildungsstand und eine kompetente Beherrschung der Landessprache – wechselseitig. Zur beruflichen Schlechterstellung von Migranten tragen unter Umständen auch Diskriminierungen durch die Arbeitgeber bei, die aus Unsicherheit die beruflichen Fähigkeiten der Bewerber unterschätzen und diese deshalb nicht einstellen. Darüber hinaus halten sich Bewerber bei der Nachfrage nach Arbeit zurück, wenn sie über sichere Alternativen in eigenethnischen Nischenökonomien verfügen und in exklusive ethnische Netzwerke eingebunden sind. Bilinguale Kompetenzen von Migranten, also die zur Sprache des Aufnahmelandes zusätzliche Beherrschung der Muttersprache, sind für den Bildungserfolg und für die Positionierung auf dem Arbeitsmarkt weitgehend irrelevant. Anders ist dies lediglich in Bezug auf spezielle Arbeitsmarktsegmente sowie allgemein bei Englischkenntnissen. Ethnische Ressourcen sind für Bildung und Arbeitsmarkterfolg fast bedeutungslos Insgesamt belegen die empirischen Untersuchungen eine überragende Bedeutung der kulturellen Vorgaben des jeweiligen Aufnahmelandes für die Integration, und zwar in allen drei Bereichen: Sprache, Bildung und Arbeitsmarkt. Eine besondere Bedeutung ethnischer Ressourcen für die strukturelle Integration der Migranten, wie beispielsweise die Beibehaltung der Muttersprache, die Bilingualität oder die Verfügung über ethnische Netzwerke, konnte nicht festgestellt werden. Nach Esser ist es vielmehr so, dass stärkere ethnische Bindungen und exklusive binnenethnische Beziehungen die Integration eher behindern. Allenfalls vermögen sie bestehende Nachteile zu mildern, nämlich dann, wenn die jeweiligen Gruppen, ethnischen Enklaven und Märkte groß genug sind. “ Weitere Auszüge aus der Studie der Arbeitsstelle Interkulturelle Konflikte und gesellschaftliche Integration (AKI)Forschungsbilanz 4: … 1. Das Problem Eine der auffälligsten Folgen im Zusammenhang der internationalen Migration ist die Entstehung und Verfestigung von vertikalen ethnischen Ungleichheiten in den jeweiligen Aufnahmeländern … Sie treten in so gut wie allen Einwanderungsländern und unter den unterschiedlichsten Bedingungen der jeweiligen Migrations-, Integrations- und Minderheitenpolitik, des öffentlichen Diskurses oder des rechtlichen Status der Migranten auf … Ethnische Schichtungen sind über systematische Unterschiede zwischen den ethnischen Gruppen im Erfolg auf dem Arbeitsmarkt definiert … Eine weitere … Ursache könnten demgegenüber aber auch gewisse Defizite in den sprachlichen Kompetenzen der Migranten sein, die die Nutzung des jeweils verfügbaren Humankapitals auf den Arbeitsmärkten entweder nicht oder nicht vollständig erlauben. Sprachliche Defizite können dabei bereits beim Erwerb des arbeitsmarktrelevanten Humankapitals eine Rolle spielen, speziell bei den schulischen Leistungen und bei der daran hängenden Schulkarriere, so dass es sowohl direkte wie indirekte Einflüsse der Sprache auf die Arbeitsmarktintegration geben kann. Der Hintergrund für die Erstellung dieser AKI-Forschungsbilanz 4 zu der Thematik des Zusammenhangs von Migration, Sprache und Integration war, dass die überragende Bedeutung der Sprache für die Integration von Migranten zwar einerseits inzwischen kaum (noch) bestritten wird … es aber andererseits nur wenig Konsens über die dabei wirksamen Mechanismen und sozialen Bedingungen gibt … Ein vordringliches Ziel dieser AKI-Forschungsbilanz 4 ist es daher, die zwischen den Disziplinen oft nur schwer erkennbaren Bezüge zugunsten eines möglichst vollständigen und integrierenden Konzeptes belastbarer Ergebnisse zu verdeutlichen … ausgehend die engen Verbindungen von Spracherwerb, Schul- und Arbeitsmarkterfolg und anderen Aspekten der Integration von Migranten … zu klären. … 2. Konzeptionelle Grundlagen Die Sprache ist ein zentraler Bestandteil der Integration von Migranten in die Aufnahmegesellschaft. … Das Problem der Integration allgemein berührt zwei verschiedene, aber aufeinander bezogene Aspekte: die soziale Integration und die Systemintegration. … Die besondere Bedeutung der Sprache für die Integration hat mit ihrer mehrfachen Funktionalität zu tun. Drei spezielle Funktionen lassen sich angeben. Die Sprache ist erstens eine …. wertvolle Ressource, über die andere Ressourcen erlangt werden können und in die man investieren kann … Sie ist zweitens ein Symbol, das Dinge bezeichnen, innere Zustände ausdrücken, Aufforderungen transportieren und (darüber) Situationen „definieren“ kann … Und sie ist drittens ein Medium der Kommunikation und der darüber verlaufenden Transaktionen und hat dabei die besondere Funktion der kommunikativen Sicherstellung von Abstimmungen und „Verständigung“. Vor diesem allgemeinen Hintergrund ist der Erwerb der Sprache des Aufnahmelandes eine zentrale Bedingung zunächst jeder weiteren Sozialintegration der Migranten außerhalb des ethnischen Kontextes. Bildungserfolg, die Platzierung auf interessanten Positionen, die Aufnahme von Kontakten und die Strukturierung von Identitäten hängen allesamt deutlich von sprachlichen Kompetenzen ab – … Beim Spracherwerb und beim Schulerfolg werden dabei vor allem die ethnischen Konzentrationen in der Wohnumgebung bzw. den Schulklassen bedeutsam. Sie führen zu einer wechselseitigen Verstärkung mit den jeweils schlechten anderen Bedingungen, wie einem höheren Einreisealter oder einer geringeren Bildung der Eltern. Umgekehrt profitieren gerade die schlechter gestellten Migranten (-kinder) von der Verbesserung einzelner Umstände besonders, etwa bei einer Verminderung der ethnischen Konzentrationen in problematischen Wohnumgebungen und Schulsituationen. Allerdings würden die besser gestellten einheimischen Kinder gleichzeitig einen Teil ihrer Vorteile verlieren, wenn sich ihre Schulen und Schulklassen stärker ethnisch mischen würden. Auf dem Arbeitsmarkt interagiert insbesondere die Bildung als wichtigste Humankapitalkomponente für Beschäftigung und Einkommen statistisch mit der Sprachkompetenz. Es scheint dabei, … eine kumulierte Wirkung von Bildung und (Zweit-) Sprachkompetenz auf Beschäftigungschancen und Einkommen zu geben: Migranten mit höheren Bildungsqualifikationen profitieren vom Abbau sprachlicher Defizite besonders und bei schlechten Sprachkenntnissen nutzt auch die beste Bildung kaum etwas. Umgekehrt bleiben auch gute Sprachkenntnisse folgenlos, wenn der Bildungsstand schlecht ist. … “

http://www.good-practice.de

Quelle: http://www.good-practice.de/zielgruppen_beitrag2313.php Studie: Migration, Sprache und Integration

Dokumente: AKI_Forschungsbilanz_4_Sprache.pdf

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