Grundgesetzänderung durch Föderalismusreform – weitreichende Auswirkungen für die Jugendhilfe ab dem Sommer 2006 möglich

GRUNDGESETZÄNDERUNG DURCH FÖDERALISMUSREFORM – weitreichende Auswirkungen für die Jugendhilfe ab dem Sommer 2006 möglich Die bundesweit einheitliche Qualität der Kinderbetreuung und Jugendhilfe steht momentan auf dem Spiel: Dabei greifen Föderalismusreform und der – durch das Land Hessen über den Bundesrat in den Bundestag eingebrachte – Entwurf des Zuständigkeitslockerungsgesetzes geschickt ineinander. Scheitert die Reform, muss sich der Bundestag mit dem Lockerungsgesetz beschäftigen. Die möglichen, weit reichenden Auswirkungen auf die Existenz der Jugendämter und Jugendhilfeausschüsse sowie auf die Landesjugendämter werden in einem Beitrag von Alfred Oehlmann-Austermann, Jurist im Landschaftsverband Westfalen-Lippe, in der nächsten gedruckten Ausgabe der Jugendhilfe-aktuell dargestellt. Auszüge aus dem Beitrag: “ Die Parteien der Regierungskoalition und der Bundesrat haben im März 2006 zeitgleich im Rahmen der sogenannten Föderalismusreform ein identisches Gesetzespaket auf den Weg gebracht (sogenannte Föderalismusreform), welches auch die Zuständigkeiten und Kompetenzen in der Jugendhilfe betrifft. Nach der 1. Lesung im Bundestag wird das Paket nun in den Fachausschüssen des Bundestages beraten. Bleiben dabei die Jugendhilfe sowie wichtige Strukturen (Jugendämter, Jugendhilfeausschüsse) und feste Ansprechpartner für Fachleute und Bürger z.B. im Rahmen des Kindesschutzes in den Kommunen und ggf. überregional im Rahmen des Kinderschutzes „auf der Strecke“? Dies steht zu erwarten, wenn der bzw. die Gesetzentwürfe unverändert wie geplant vor der Sommerpause endgültig als Gesetz verabschiedet werden sollten. Parallel muss der Bundestag auch noch über einen durch das Land Hessen über den Bundesrat eingebrachten Gesetzentwurf entscheiden (sogenanntes Zuständigkeitslockerungsgesetz), dessen Artikel 6 ebenfalls die Möglichkeit der Auflösung der Jugendhilfestrukturen vorsieht. … Aufgrund der vorgelegten Materialien zu den geplanten Gesetzesänderungen – in denen im übrigen die Wörter Jugendhilfe, Jugendhilfeausschuss, Jugendamt, Landesjugendamt überhaupt nicht unmittelbar und mittelbar nur über das Stichwort Kitaplätze und Kostenfolgen erwähnt wird – lässt sich m.E. zur Zeit zu den möglichen Auswirkungen auf die Jugendhilfe und insbesondere ihre Strukturen folgendes sagen: 1. Der Bund kann (und wird) weiterhin materielles Jugendhilferecht (Fürsorgerecht) erlassen (Gesetzentwurf) – Gemeinden und Gemeindeverbänden darf zukünftig vom Bund gar nichts mehr übertragen werden. (Art.74 GG-Gesetzentwurf, BR-Drs.178/06, Seite 3 und 29) … 2. Wenn es um Geld oder geldwerte Sachleistungen geht, müssen die Länder Bundesgesetzen zukünftig zustimmen (Art. 104a GG-Gesetzentwurf, BR-Drs. 178/ 06, Seiten 8 und 43/44). Wenn der Bund z.B. im Bereich der (Jugendhilfe) demnächst Gesetze erlässt, die Pflichten der Länder (mittelbar Gemeinden) zur Erbringung von Geldleistungen oder geldwerten Sachleistungen … beinhalten, wird zukünftig auch hierdurch eine Zustimmungsbedürftigkeit des Bundesrates ausgelöst. … 4. Übergangsregelungen (u.a. für Jugendhilferecht) 4.1. Gemeinden bleiben in der Jugendhilfe materiell in der Pflicht, wenn das Land nichts anderes regelt (Artikel 125a GG-Gesetzentwurf, BR – Drs. 178/06, Seiten 10 und 49-51). Soweit in bestehenden Bundesgesetzen die Gemeinden und Gemeindeverbände verpflichtet wurden, bleiben diese Verpflichtungen bestehen. Landesrecht kann diese aber ersetzen. … Örtliche Träger (der Jugendhilfe) sind die Kreise und kreisfreien Städte. (…) Sie sind sachlich zuständig für alle Leistungen und anderen Aufgaben nach dem SGB VIII, soweit nicht der überörtliche Träger zuständig ist. 4.2. Übergangsregelungen für bestehende Behörden und das Verwaltungsverfahren … – Änderung bestehender Verwaltungsverfahrensregelung ab 2010, Änderung von Behördenbestimmung sofort nach Verabschiedung des Gesetzentwurfs möglich?. (Gesetzentwurf, Art.125 b GG, BR- Drs. Seiten 10 und 51, 52) Führten bislang Länder Bundesgesetze als eigene Angelegenheiten aus, so regelten sie nach Art. 84 GG die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren, soweit nicht Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundsrates etwas anderen bestimmten. Dies soll – wie oben unter II.3 beschrieben – zukünftig geändert werden. … Bislang war man im Vorfeld davon ausgegangen, dass die Vorschrift zur Einrichtung von Jugendämtern/ Landesjugendämter zumindest für einen Übergangszeitraum bis Ende 2009 unter den „Bestandsschutz“ des Übergangsrechts fällt. … Die genaue Betrachtung des Wortlauts der vorgeschlagenen Übergangsregelung in Art 125 b Abs.2 GG und insbesondere die Gesetzesbegründung zur beabsichtigten GGÄnderung lassen an dieser Interpretation jedoch Zweifel aufkommen. So heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs (vgl.BR-Drs.178/06, Seite 52 oben: … Während die Länder von bestehenden Regelungen der Behördeneinrichtung sofort abweichen dürfen, wird für die Regelungen des Verwaltungsverfahrens eine Übergangsfrist bestimmt, innerhalb deren die Länder von nach altem Recht bestehenden bundesgesetzlichen Regelungen des Verwaltungsverfahrens erst dann abweichende Regelungen treffen können, wenn der Bund das jeweilige Bundesgesetz im Bereich des Verwaltungsverfahrens geändert hat. … Der derzeitigen Einschätzung, dass mit der vorgesehenen Übergangsregelung ab Sommer/Herbst 2006 die Vorschrift zum Einrichten/Vorhalten von Jugendämter und Landesjugendämtern (und Jugendhilfeausschüssen?) durch die Länder aufgehoben werden können, stehen … Überlegungen entgegen, die aber noch weiter geprüft werden müssten … Fazit: Reformen sollen und müssen sein. Die Föderalismusreform wird kommen. Wenn dies allerdings zur völligen Verschiedenartigkeit von Strukturen in der Jugendhilfe führen kann, ist dies im Detail nicht richtig. Einheitliche Strukturen und Ansprechpartner für Fachleute und Bürger sind gerade heute zur Problembewältigung notwendig und sinnvoll. Ihre mögliche Zersplitterung kann beispielsweise im Kindesschutz zu unnötigen Unklarheiten und Gefährdungen führen. … So wie es in ganz Deutschland Amtsgerichte gibt, muss es auch in ganz Deutschland weiterhin Jugendämter mit klarer Zuständigkeit geben. “ (Alfred Oehlmann-Austermann) Den vollständigen Beitrag können Sie allerdings bereits jetzt unter angegebenem Link herunterladen.

http://www.lwl.org/LWL/Jugend/Landesjugendamt/LJA/erzhilf/Rechtsfragen/mat_urt/1144918736_0/060411_Foederalismusreform.pdf
http://www.bundesrat.de/Site/Inhalt/DE/6_20Parlamentsmaterialien/index,templateId=renderUnterseiteKomplett.html

Quelle: [Jugendhilfe-aktuell] – Newsletter des LVR www.jugendsozialarbeit.info

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