STREIT UM HARTZ IV-KÜRZUNGEN AWO, Diakonie und DRK fordern Hartz IV-Kürzungen. Die Caritas protestiert heftig. Das Bundesarbeitsministerium hat ausgerechnet, dass die befürchtete Kostenexplosion ausbleibt. * Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat ausgerechnet, dass Hartz IV kaum teurer ist, als Arbeitslosen- und Sozialhilfe wäre. Ein Artikel in der taz beraubt die Initative von AWO, Diakonie und DRK ihrer Grundlage: “ „Keine Hartz-Explosion Der Staat gibt für die Empfänger von Arbeitslosengeld II gar nicht so viel mehr aus, als sie an Arbeitslosen- und Sozialhilfe gekostet hätten. Dies hat … das Arbeitsministerium unter Franz Müntefering (SPD) ausgerechnet. Die gern beschworene „Kostenexplosion“ durch die 2005 in Kraft getretene Arbeitsmarktreform „Hartz IV“ findet demnach nicht statt. Hochgerechnet auf das Jahr 2005 „ergibt sich, dass auch in den alten Systemen die Transferausgaben auf ca. 35,5 Milliarden Euro angestiegen wären“, schreibt das Ministerium in einem Brief an die Linksfraktion. … Gegenüber den realen Ausgaben für die ALG-II-Empfänger im Jahr 2005 von 37,5 Milliarden Euro macht das eine Differenz von 1,8 Milliarden Euro. … Der unkontrollierte Kostenanstieg minus gesetzlich gewollter Rentenbeiträge betrüge also im Jahr 2005 maximal 400 Millionen Euro – kaum mehr als ein Prozent der Gesamtausgaben. … Die „unterstellte Kostenexplosion ist nichts weiter als ein Hirngespinst, mit dem weitere Einschnitte bei den Erwerbslosen gerechtfertigt werden sollen“, kommentierte Katja Kipping von der Linkspartei die Berechnungen. …“ “ Die Tageszeitung (17.5.2006) * Folgende Wohlfahrtsverbände haben sich, zusammen mit den kommunalen Spitzenverbänden nun zur Speerspitze der Hartz IV-Kürzungen aufgeschwungen. Wie einem Bericht der Financial Times Deutschland zu entnehmen war, schreiben AWO, die Diakonie und das DRK folgendes an die Chefs der Bundestagsfraktionen und an die Minister Steinbrück und Müntefering: “ ‚Die Unterzeichner stimmen darin überein, dass (…) eine Senkung passiver Leistungen notwendig ist, um ein dauerhaft tragfähiges und finanzierbares Leistungssystem zu erhalten‘. Passive Leistungen sind neben dem ALG II der Mietzuschuss, individuelle Zuschläge und Freibeträge. Dies stärkt den Rücken der Haushalts- und WirtschaftspolitikerInnen der Koalition, die die Kürzungen durchbringen wollen. Zu den Unterzeichnern gehören Wilhelm Schmidt, Jürgen Gohde und Clemens Graf von Waldburg-Zeil. Die Kommunen warnen seit längerem – trotz steigender Steuereinnahmen – vor den Folgen einer Kostenexplosion durch Hartz IV, und spielen dabei andere soziale Bereiche dagegen aus, indem sie davor warnen, dass dadruch andere wichtige Projekte etwa in der Kinder- und Jugendarbeit gefährdet seien. Den Verbänden geht es nicht darum, den ALG II-Regelsatz zu kürzen, sondern bei den passiven Leistungen zu sparen, die den Kreis der Anspruchsberechtigten erweitern und den Anreiz zur Arbeitsaufnahme verringern. Sie fordern, ‚die gegenwärtigen Anspruchsgrundlagen und -voraussetzungen‘ zu überprüfen, z.B. die Freibeträge bei Einkommen und Vermögen, da diese dazu beitrügen, dass die Zahl der ALG II-Bezieher enorm gestiegen sei. “ vgl. FTD 18.5.2006 * Zur Diskussion gestellt. Eine Anmerkung der Redaktion : ‚Bei einer ursprünglich geplanten sog. Reichensteuer, die etwas über 1 Milliarde Euro erbringen sollte, wird jedoch von „Neiddebatte“ gesprochen, anstatt von angemessener Solidarität. Vielmehr scheint es sich um eine umgekehrte Neiddebatte zu handeln. Beneidet werden wohl, warum auch immer, die Millionen von Hartz IV-EmpfängerInnen, die keine Arbeit haben oder 1-€-Jobs übernehmen, Jugendliche, die keine Chance auf Ausbildungsplätze haben und nicht mehr zuhause wohnen wollen, weil die Verhältnisse gewalttätig, aggressiv etc. sind. Bei Ihnen muss gespart werden. Dafür werden bei der „Reichensteuer“ die Selbständigen ausgenommen, und es bleiben noch 400 Millionen übrig. Christlich-soziale Gerechtigkeit sieht anders aus.‘ * Forderungen nach Einschränkungen bei den Hilfen für Langzeit- Arbeitslose stoßen bei anderen Wohlfahrtsverbänden auf heftigen Protest. Kürzungen seien unverantwortlich, meint die Caritas. Auszüge aus einem Beitrag der netzeitung (18.5.06): “ Forderungen von Diakonie, Rotem Kreuz und Arbeiterwohlfahrt nach Kürzungen bei den Leistungen für Langzeitarbeitslose stoßen bei der Caritas und beim Paritätischen Wohlfahrtsverband auf Widerstand. Sein Verband lehne Einschnitte bei den so genannten passiven Leistungen für Empfänger des Arbeitslosengeldes (ALG) II ab, sagte Caritas-Präsident Peter Neher am Donnerstag in Berlin. Auch über Kürzungen des ALG-II-Regelsatzes wolle er nicht debattieren. … ‚Angesichts des Umfangs sozialer Not sind Forderungen nach weiteren Leistungskürzungen unverantwortlich‘, kritisierte indes Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtverbands. Der ostdeutsche Sozialverband Volkssolidarität bezeichnete die Forderungen als einen Skandal. Die Wohlfahrtsverbände ‚entpuppen sich als Vasallen der Großen Koalition‘, sagte Martin Behrsing vom Erwerbslosen-Forum Deutschland. “ Redaktion: Brigitte Schindler und Silke Starke-Uekermann
Quelle: http://www.netzeitung.de/arbeitundberuf/399500.html http://www.ftd.de/politik/deutschland/74539.html http://www.taz.de/pt/.1/archiv/suche?dos=1&mode=erw&demo=1&tx=Keine+Hartz-Explosion&ti=&au=&sdd=01&smm=01&syy=2006&edd=&emm=&eyy=&art=&len=&se=&rev=1&List