Förderung von arbeitslosen Personen im Rechtskreis des SGB II durch Arbeitsgelegenheiten: Bislang wenig zielgruppenorientiert

FÖRDERUNG VON ARBEITSLOSEN PERSONEN IM RECHTSKREIS DES SGB II DURCH ARBEITSGELEGENHEITEN Steigende Zahlen der Ein-Euro-Jobs bei abnehmendem Erfolg. Der IAB Forschungsberichte zu Ein-Euro-Jobs macht deutlich, dass diese zwar immer häufiger, dafür jedoch nicht sehr zielgerichtet eingesetzt wurden. Ein Statistikbericht der Bundesagentur für Arbeit analysiert die quantitative Entwicklung der Arbeitsgelegenheiten und kommt u.A. zu folgenden Ergebnissen: 630.000 Eintritte in Arbeitsgelegenheiten. Auf 100 SGB II – Arbeitslose kamen durchschnittlich 11 Teilnehmer in Arbeitsgelegenheiten. Ende 2005 befinden sich 6,7% der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Arbeitsgelegenheit. Der Frauenanteil an den Eintritten liegt bei 39,3%. 25% aller Eintritte sind Jüngere unter 25 Jahren. Die durchschnittliche vorgesehene Teilnahmedauer liegt bei 5,7 Monaten. Die durchschnittlich gezahlte Mehraufwandsentschädigung beträgt 1,25 € pro Stunde. Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von Zusatzjobs liegt bei 28 Stunden. Den gesamten Bericht der Statistik der BA erhalten Sie in der Anlage. Auszüge aus dem IAB Forschungsbericht: “ 1 Einleitung Das Sozialgesetzbuch (SGB) II sieht die Möglichkeit vor, hilfsbedürftige Personen, die einen Anspruch auf Arbeitslosengeld (ALG) II haben, in Arbeitsgelegenheiten zu vermitteln. Arbeitsgelegenheiten sollen vor allem Personen angeboten werden, die anderenfalls keine Arbeit oder Ausbildung finden. Dabei sind zwei Varianten möglich: 1.Arbeitsgelegenheiten in der Entgeltvariante, die in rechtlicher Hinsicht ein reguläres Beschäftigungsverhältnis darstellen. 2. Arbeitsgelegenheiten in der Mehraufwandsvariante, die weitestgehend auf gemeinnützige Tätigkeiten begrenzt sind, rechtlich kein normales Arbeitsverhältnis sondern ein Sozialrechtsverhältnis darstellen und auch nur geringfügig entlohnt werden. Die Entlohnung liegt in der Regel zwischen 1 und 1,5 Euro pro Stunde, daher sind sie als „Ein-Euro-Jobs“ bekannt. … Bereits vor der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe im Jahre 2005 waren Arbeitsgelegenheiten als ein Instrument im Bundessozialhilfegesetz (BSHG) als „Hilfe zur Arbeit“ verankert. … Dieses Instrument des SGB II steht in engem Zusammenhang mit den Prinzipien des „Förderns“ und des „Forderns“ der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Die vorübergehende Ausübung solcher Tätigkeiten zielt darauf ab, die Beschäftigungsfähigkeit der Teilnehmer zu verbessern. Sie könnte beispielsweise ihre Arbeitsmotivation erhöhen, grundlegende Voraussetzungen für die Aufnahme einer regulären Tätigkeit wie Pünktlichkeit und Sorgfältigkeit verbessern und auch dazu beitragen, Kontakte zu potenziellen Arbeitgebern herzustellen. Für Arbeitslosengeld II-Empfänger im Alter von unter 25 Jahren sollen Zusatzjobs zusätzlich Qualifizierungskomponenten enthalten, die ihren Einstieg ins Erwerbsleben beschleunigen könnten. Ebenso dienen Zusatzjobs dazu, das Prinzip des Forderns zu verwirklichen. Dadurch, dass gering vergütete Zusatzjobs Arbeitslosengeld II-Beziehern angeboten werden, kann ihre Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt überprüft werden. … Zusatzjobs können jedoch zu Fehlanreizen führen. Sie könnten reguläre Beschäftigung verdrängen. … Einsperreffekte wären allerdings nach wie vor möglich. Allein die Tatsache, dass durch die Ausübung eines Zusatzjobs weniger Zeit zur Arbeitsuche zur Verfügung steht, ist hierfür ursächlich. Ferner könnten ALG II-Bezieher sich weniger um die Aufnahme einer regulären Beschäftigung bemühen, weil sie mit einer (baldigen) Teilnahme an Zusatzjobs rechnen. … Ob und inwieweit sich die zuvor genannten Wirkungen von Zusatzjobs einstellen, muss durch ökonometrische Untersuchungen ermittelt werden. Zu diesem Zeitpunkt sind noch nicht hinreichend Daten vorhanden, um diesen Fragen nachzugehen. Dies gilt insbesondere für die Wirkung der Zusatzjobs auf die Teilnehmer, da deren Arbeitsmarkterfolg erst für eine hinreichend lange Periode nach der Teilnahme beobachtet werden muss. … Mit den derzeit verfügbaren Daten lassen sich erste Einblicke in die Praxis der Vergabe von Arbeitsgelegenheiten gewinnen und die Teilnehmerstrukturen untersuchen. … 2 Institutionelle Rahmenbedingungen: Arbeitsgelegenheiten im Rahmen des SGB II … Zugangskriterien – Wer darf und wer sollte an Arbeitsgelegenheiten teilnehmen? In Arbeitsgelegenheiten können nur Berechtigte laut § 7 SGB II beschäftigt werden. Dies sind erwerbsfähige Hilfebedürftige zwischen 15 und 64 Jahren, die ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort in Deutschland haben. … Arbeitsgelegenheiten sollten vor allem Arbeitslosengeld II-Bezieher fördern, die sonst keine Arbeit finden (§ 16 Abs. 3 Satz 1 SGB II). Dies impliziert, dass erwerbsfähige Hilfebedürftige aus Personengruppen, die besondere Schwierigkeiten haben einen Arbeitsplatz zu finden, intensiver durch Arbeitsgelegenheiten gefördert werden sollten als andere erwerbsfähige Hilfebedürftige, die nicht zu einer solchen Gruppe gehören. … 4 Teilnehmerstrukturen in Zusatzjobs … 4.1 Zielgruppen Im § 16 (3) SGB II wird festgelegt, dass für hilfsbedürftige erwerbsfähige Personen Arbeitsgelegenheiten geschaffen werden sollen, die keine Arbeit finden können. Daher sollten unter den ALG II-Beziehern diejenigen Personen mit den geringsten Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt in eine Arbeitsgelegenheit vermittelt werden. … Das Kompendium „Aktive Arbeitsmarktpolitik im SGB II“ der Bundesagentur für Arbeit (2004b: 17) nennt als Zielgruppen der Arbeitsförderung beispielsweise Migranten, Frauen und behinderte Personen. Ebenso gehören dazu Langzeitarbeitslose (Bundesagentur für Arbeit 2004b: 63)sowie junge Menschen unter 25 Jahren und ältere Personen. § 3 Abs. 2 SGB II definiert Jugendliche und junge Erwachsene als eine besondere Zielgruppe: Personen im Alter von weniger als 25 Jahren sollen unverzüglich in Arbeit, Ausbildung oder eine Arbeitsgelegenheit vermittelt werden. In der Praxis wurde dieses Ziel weiter konkretisiert: „Kein Jugendlicher soll länger als drei Monate arbeitslos sein“ (Bundesagentur für Arbeit 2006a: 43). … 4.2.1 Jüngere und ältere Personen … Die Zugangsraten nehmen mit dem Alter ab. Die mit Abstand höchsten Zugangsraten weisen Jugendliche und junge Erwachsene unter 25 Jahren auf (Männer West: 12,3 %, Frauen West: 7,5 %, Männer Ost: 18,5 %, Frauen Ost: 15,2 %). Ihre Zugangsraten sind mehr als doppelt so hoch wie für die Altersgruppe der 25- bis unter 50-Jährigen. Die ausgesprochen hohe Eintrittswahrscheinlichkeit in Zusatzjobs der Personen im Alter unter 25 Jahren lässt sich durch mehrere Faktoren erklären: Erstens wird das Ziel verfolgt, dass Jugendliche möglichst nicht länger als drei Monate arbeitslos sind. Zweitens werden die Zusatzjobs bei dieser Zielgruppe womöglich besonders häufig als Work-Test verwendet. Aufgrund der höheren Sanktionen für junge Erwachsene haben sie dadurch besondere Anreize, sich um Erwerbsarbeit zu bemühen. Drittens sollen Zusatzjobs für diesen Personenkreis auch eine Qualifizierungskomponente erhalten. Daher könnte die Teilnahme an Zusatzjobs für Jugendliche ohne abgeschlossene Berufsausbildung und mit keiner oder wenig Berufserfahrung wesentlich effektiver sein als für ältere Arbeitsuchende. Unter den Jugendlichen ist für Frauen in beiden Regionen der Eintritt in einen Zusatzjob wesentlich weniger wahrscheinlich als für Männer. Während in Westdeutschland die höheren Zugangsraten für Männer für alle Altersgruppen gelten, trifft dies in Ostdeutschland nur auf die jüngste Altersgruppe zu. … Für alle Altersgruppen haben sich die Zugangswahrscheinlichkeiten im dritten Quartal 2005 erhöht. … Als Konsequenz des Fokus des SGB II auf Jugendliche und junge Erwachsene unter 25 Jahren lässt sich für diese Altersgruppe die höchste Zugangswahrscheinlichkeit in Zusatzjobs beobachten. Eine zielgruppenorientierte Vergabe von Arbeitsgelegenheiten wird hier also erreicht. Dennoch spricht nicht alles dafür, dass Jugendliche und junge Erwachsene eine Zielgruppe sein sollten … Angesichts der hohen Abgangsraten in reguläre Beschäftigung sollte bei Jugendlichen unbedingt das Gebot der Nachrangigkeit von Zusatzjobs beachtet werden. … 4.2.2 Schulische und berufliche Qualifikation Aufgrund der besonders hohen Arbeitslosenquote gering qualifizierter Personen und Vermittlungshemmnissen, die mit geringen Qualifikationen verbunden sind, sollten Zusatzjobs sich besonders auf diese Gruppe von Arbeitslosen konzentrieren. Die Wahrscheinlichkeit in eine Arbeitsgelegenheit einzutreten, sollte der Tendenz nach mit dem Grad der Ausbildung abnehmen. Unsere Fallmanagerbefragung hatte bereits ergeben, dass nicht hinreichend Zusatzjobs für gering qualifizierte Personen vorhanden sind. Wird also auch diese Zielgruppe nicht hinreichend durch Zusatzjobs gefördert? … Für Personen ohne Ausbildung liegt die Wahrscheinlichkeit, einen Zusatzjob zu beginnen, bei 5,1 % in den ersten beiden Quartalen des Jahres 2005. Für die drei nächst höheren Qualifikationsstufen(außerbetriebliche oder betriebliche Ausbildung, Abschluss einer Berufsfachschule oder Fachschule) liegt die Zugangsrate zwischen 6 % und 6,9 %. … Die Zusatzjobs fokussieren als aktive arbeitsmarktpolitische Maßnahme bislang nicht gering qualifizierte arbeitslose Personen. … dies gilt für Frauen noch in stärkerem Maße, da die Zugangsrate in Arbeitsgelegenheiten den kleinsten Wert für die Gruppe der arbeitslosen Frauen ohne Ausbildungsabschluss aufweist. … 4.2.3 Nationalität Die Zugangsrate in Arbeitsgelegenheiten deutscher Arbeitsloser im Rechtskreis SGB II ist in den ersten beiden Quartalen des Jahres 2005 mit 6,1 % etwas mehr als doppelt so hoch wie für Arbeitslose mit ausländischer Staatsangehörigkeit (Tabelle 13 im Anhang). Interessant ist, dass in Ostdeutschland bei ausländischen Frauen eine leicht höhere Zugangsrate zu beobachten ist als bei den Männern (3,4 % gegenüber 3,0 %), wohingegen in Westdeutschland ausländische Männer eine höhere Teilnahmewahrscheinlichkeit haben als ausländische Frauen (3,1 % gegenüber 1,9 %) … 4.2.5 Besonders förderbedürftige Personen … Jugendliche und junge Erwachsene unter 25 Jahren, Ältere ab 50 Jahren, gering qualifizierte, behinderte, langzeitarbeitslose Personen und Berufsrückkehrer zählen zu den „besonders förderbedürftigen Personen“. 31 Personen, die nach den Kriterien des SGB III als besonders förderbedürftig eingestuft werden, haben in den ersten beiden Quartalen des Jahres 2005 mit 2,3 % im Vergleich zu anderen Personen mit 7,2 % eine sehr viel niedrigere Abgangsrate aus Arbeitslosigkeit in selbständig gesuchte Beschäftigung. Es gibt daher gute Gründe, besonders förderbedürftige Personen durch die Teilnahme an Zusatzjobs häufiger zu fördern als andere Personen. Unsere Berechnungen … zeigen für die ersten beiden Quartale des Jahres 2005 auch folgendes Ergebnis: 5,1 % der besonders förderbedürftigen Personen beginnen pro Quartal einen Zusatzjob. Diese Wahrscheinlichkeit ist um mehr als zwei Prozentpunkte niedriger als für nicht besonders förderbedürftige Personen. … Alles in allem ist also auch hier eine Zielgruppenorientierung nicht zu beobachten. 5 Zusammenfassung und Fazit … Einzig für die Gruppe von Jugendlichen und jungen Erwachsenen unter 25 Jahren kann man von einer Zielgruppenorientierung sprechen. … Ihre Übergangsrate aus Arbeitslosigkeit in Zusatzjobs liegt pro Quartal bei über 12 %. Sie ist damit mehr als doppelt so hoch wie die durchschnittliche Übergangsrate in Zusatzjobs, sodass Jugendliche und junge Erwachsene eindeutig eine Zielgruppe sind. Allerdings findet dieser Personenkreis auch eigenständig überdurchschnittlich schnell neue Jobs. … “

http://iab.de/iab/forschung/forschung.htm
http://iab.de/iab/default.htm
http://www.dbsh.de

Quelle: http://www.dbsh.de/html/hauptteil_hartziv-news.html

Dokumente: sonderbericht_arbeitsgelegenheiten_2005.pdf

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