IST VOM INTEGRATIONSGIPFEL AM 14. JULI MEHR ALS SCHÖNE FERNSEHBILDER UND PROMIAUFLAUF ZU ERWARTEN? Nun steht er vor der Tür, der von Kanzlerin Merkel angekündigte Integrationsgipfel. Die Linksfraktion im Bundestag Bezeichnet ihn als reine Alibiveranstaltung. Der Tagesspiegel bleuchtet Zustandekommen, Teilnehmerkreis und mögliche Wirkung. Das Bundesland NRW verabschiedet einen 20-Punkte-Aktionsplan Integration und will damit das Land der neuen Integrationschancen werden. * Auszüge aus der Pressemitteilung der Linksfraktion: “ Integrationsgipfel wird reine Alibi-Veranstaltung Wie die Bundesregierung … bekanntgebeben hat, soll der groß angekündigte ‚Integrationsgipfel‘ am 14. Juli 2006 stattfinden und ganze vier Stunden dauern. Dazu erklärt die migrations- und integrationspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion DIE LINKE., Sevim Dagdelen: Der auf vier Stunden angesetzte Integrationsgipfel macht deutlich, dass die Bundesregierung ihrer Linie treu bleiben will, über die Köpfe der Betroffenen hinweg und gegen deren Interessen die eigene Politik zu verfolgen. Allein die Aufzählung der Probleme, die sich aufgrund einer verfehlten Integrationspolitik seit über fünf Jahrzehnten angehäuft haben, ist in dem vorgesehenen Zeitrahmen kaum möglich. Der Gipfel wird so zu einer reinen Alibi-Veranstaltung. … Nach ersten Verlautbarungen wird auf dem Integrationsgipfel der Spracherwerb die zentrale Frage sein soziale und rechtliche Aspekte werden hingegen unter den Teppich gekehrt. Wenn der Integrationsgipfel tatsächlich zur Lösung bestehender Probleme dienen soll, muss er mit den Vertreterinnen und Vertretern von Migrantenverbänden gemeinsam und besser vorbereitet werden. Er muss auch den notwendigen Diskussionen den gebührenden Rahmen bieten. Anderenfalls wird er lediglich Gipfel der Scheinheiligkeit sein. … “ * Auszüge aus einem Beitrag des Tagesspiegels: “ Geladene Gäste Bundeskanzlerin Merkel bittet am 14. Juli zum Integrationsgipfel. Was kann dieses Treffen bewirken? Wie kam der Integrationsgipfel zustande? Der Ehrenmord an der jungen Berliner Kurdin Hatun Sürücü im vergangenen Jahr und der Brandbrief der Lehrer der Rütli-Schule, den der Tagesspiegel Ende März veröffentlichte, waren die Ereignisse, die die deutsche Öffentlichkeit beschäftigten wie seit langem kein Thema der so genannten Ausländerpolitik mehr. In dieser Situation kündigte die Kanzlerin im April einen Integrationsgipfel an. Vorher allerdings hatte schon die rot-grüne Koalition mit dem Tabu der Ära Helmut Kohl („Deutschland ist kein Einwanderungsland“) gebrochen, als sie ein Zuwanderungsgesetz formulierte. Aber auch auf konservativer Seite hat sich in den vergangenen Jahren viel getan. Nordrhein-Westfalen, seit einem Jahr schwarz-gelb regiert, hat als erstes Land einen Integrationsminister bekommen. Und auf Bundesebene sind etliche Christdemokraten erleichtert, dass mit der großen Koalition die ideologischen Fronten – hier Multikultibegeisterte, dort Weggucker – endlich aufgeweicht sind. Wer sind die Teilnehmer? Das weiß bisher nur das Kanzleramt und das gab nicht einmal Vorabinformationen an mögliche Gipfelteilnehmer. Ganz allgemein ist bisher davon die Rede, dass Vertreter von Ländern und Gemeinden, Sozialverbänden, Migrantenorganisationen und Religionsgemeinschaften eingeladen würden. Aus dem Stab von Staatsministerin Maria Böhmer (CDU), die den Gipfel vorbereitet, hieß es … lediglich, die Einladungen gingen jetzt „so schnell wie möglich“ raus. Faruk Sen, der Leiter des Essener Zentrums für Türkeistudien, kritisierte den Zeitdruck scharf. So bleibe den Vertretern der Migranten kaum Zeit zur Vorbereitung. … Sollten übrigens auch die größeren muslimischen Verbände dabei sein, haben die ein weiteres Problem: Der 14. Juli ist ein Freitag. An diesem Tag gehen gläubige Muslime eher nicht zu Gipfelgesprächen, sondern zum Gebet. Welche Vorschläge für eine bessere Integration sollen dort besprochen werden? Dazu bleibt die Regierung bisher eher wolkig. … Man wolle einen nationalen Aktionsplan erarbeiten, Beispiele gelungener Integration aufgreifen, auf Defizite hinweisen, aber auch die Potenziale von Migration nutzen. Nordrhein-Westfalen will auf dem Gipfel ein 20-Punkte-Programm vorlegen … Was kann dieser Gipfel bewirken? Auf den ersten Blick so viel oder so wenig wie praktisch alle Gipfel, egal ob die G-8-Staaten sie veranstalten oder die EU: … die Ergebnisse längst von Beamten und persönlichen Stäben bis aufs Komma vorformuliert. Dennoch ist dieser Gipfel in mehrfacher Hinsicht anders: Erstens findet er zum ersten Mal statt, es gibt noch keine alten Riten und deswegen Raum für Überraschungen. Außerdem ist es das erste Mal in der Geschichte der Bundesrepublik, dass sich ein so hochrangig und parteiübergreifend besetztes Treffen den Kopf über Einwanderung zerbricht – und damit erstmals laut und vernehmlich eingesteht, dass dieses Land ein Einwanderungsland ist. … “ von Andrea Dernbach * Nordrhein-Westfalen beschließt 20-Punkte-Aktionsplan Mit einer modernen und realistischen Integrationspolitik will die nordrheinwestfälische Landesregierung die Integration der Zugewanderten verbessern und das Land der neuen Integrationschancen werden. Das Landeskabinett beschloss … am 27. Juni 2006 einen 20 Punkte umfassenden ‚Aktionsplan Integration‘. Die zentrale Herausforderung lautet: ‚Integration durch Bildung‘. Der ‚Aktionsplan Integration‘ stellt vor allem die Bildung und Erziehung der nachwachsenden Zuwanderergeneration in den Mittelpunkt. Ganztagsschulen sollen ausgebaut werden und Bildungs- und Zukunftschancen von Zuwanderkindern deutlich verbessert werden. Zugangsbarrieren zum Ausbildungsmarkt sollen mittels eines Werkstattjahres und gezielter Unterstützungsleistung durch Landes- und ESF-Mittel abgebaut werden. Speziell für Zuwanderinnen plant NRW ausbildungsbegleitende Instrumente wie mentoring oder Beratung zu Dienstleistungs- und Handwerksberufen. Ein Konzept zur Existenzgründung für Zuwanderinnen wird erarbeitet werden. Der islamische Religionsunterricht soll ordentliches Schulfach werden und Schulen werden angehalten verstärkt MigrantInnen als Lehrkräfte einzustellen. Den gesamten 20-Punkte-Aktionsplan-Integration erhalten Sie im Anhang.
Quelle: http://archiv.tagesspiegel.de/archiv/26.06.2006/2622068.asp http://www.linksfraktion.de/presse/mitteilungen/view_html/zid1801/bs1/n1 Newsletter der Initiative Pro Integration Nr. 517 Presseinformation der Landesregierung NRW
Dokumente: mgffi27062006.pdf