Europapolitik für benachteiligte Jugendliche

EUROPAPOLITIK FÜR BENACHTEILIGTE JUGENDLICHE Zertifizierung von non-formalem und informellem Lernen – Chancen und Risiken für benachteiligte Jugendliche “ Derzeit wird vor allem auf EU-Ebene, aber auch im nationalen Bereich mit großem Engagement und vielen Hoffnungen über die möglichen Chancen für benachteiligte Jugendliche gesprochen, die aus der Zertifizierung von non-formalem und nicht formellem Lernen insbesondere dieser Zielgruppe erwachsen können. Gerade für Jugendliche, die in und mit den klassischen formellen Lernorten und –formen Schwierigkeiten haben und aus diesem System zusehends herausfallen, scheint die zertifizierte Anerkennung anderer Lernformen, Lernorte und Lerninhalte und der hierbei erworbenen Kompetenzen Möglichkeiten zu bieten, die sie in den herkömmlichen Systemen nicht nutzen können oder nicht erhalten. Dies könnte ihre Chancen auf eine Erwerbstätigkeit und damit auf ein eigenständiges, selbst bestimmtes Leben erhöhen. Ziele der EU sind dabei nicht zuletzt „employability“, die Stärkung des „Humankapitals“ und der Ausbau der „Humanressourcen“. Darüber hinaus geht es um die Förderung der Mobilität durch Vergleichbarkeit von Abschlüssen, Zertifikaten und Lernergebnissen. Dieses Streben nach Vergleichbarkeit und Zertifzierung und nach der Aufwertung nicht formellen und non-formalen Lernens manifestiert sich in den verschiedenen EU-Beschlüssen und –Strategien von Kopenhagen, Bologna über Lissabon bis zum Europäischen Qualifikationsrahmen (EQF).* Die Europäische Kommission hat am 5. September 2006 heute einen Vorschlag für eine Empfehlung des Europäischen Parlamentes und des Rates zur Einrichtung des Europäischen Qualifikationsrahmens für lebenslanges Lernen (EQF) angenommen. Der EQF ist eine Art gemeinsame Sprache, mit der sich die Qualifikationen der verschiedenen Aus- und Weiterbildungssysteme innerhalb der EU beschreiben lassen. Mit seiner Hilfe können Mitgliedstaaten, ArbeitgeberInnen und BürgerInnen unterschiedlichste Qualifikationen miteinander vergleichen. Ján Figel’, Kommissar für allgemeine und berufliche Bildung, Kultur und Mehrsprachigkeit, erklärte: “Wir sind überzeugt, dass der EQF eine wichtige Initiative für mehr Beschäftigung und Wachstum ist – eine Initiative, die den Menschen in Europa hilft, die Herausforderungen einer zunehmend globalisierten, wissensbasierten Weltwirtschaft anzunehmen.“ Die Erwartungen an die Chancen, die diese Entwicklungen gerade für benachteiligte Jugendliche bringen könnten, sind sehr hoch. Die möglichen Risiken werden derzeit etwas verhalten diskutiert. Kommt es möglicherweise zu einer Zertifizierungsinflation mit der Gefahr des „Creaming Effects“ und so zu einer möglichen doppelten Benachteiligung, wie es der Fachbeirat Europa der BAG EJSA benennt? Wie wirkt sich ein „Zertifizierungsdruck“ auf die informellen und non-formalen Lernformen und – orte aus? Oder hat diese Entwicklung möglicherweise eine lang ersehnte Aufwertung der Jugendsozialarbeit mit ihren verschiedensten Lernangeboten zur Folge und damit endlich eine Neujustierung des Bildungs- und Kompetenzbegriffes zu Gunsten benachteiligter Jugendlicher? Jugendsozialarbeit muss sich intensiv mit diesen Themenbereichen beschäftigen und Chancen und Risiken gleichermaßen in den Blick nehmen, um sinnvoll Anwältin für benachteiligte Jugendliche im Prozess der Europäisierung sein zu können. “ Brigitte Schindler (Referentin BAG KJS) Im Anhang finden Sie drei Texte, die sich aus unterschiedlichen Perspektiven mit diesen Themen beschäftigen: 1. Anerkennung und Bewertung von Bildungsprozessen im europäischen Kontext vom Fachbeirat Europa der BAG EJSA 2. „Lernen in Europa“. Informations- und Diskussionspapier des AGJ-Fachausschusses „Kinder- und Jugend(hilfe)politik Europa“ zum Europäischen Qualifikationsrahmen und zur Validierung von nicht-formalem und informellem Lernen. 3. Wenn der „schöne Schein“ trügt – Positionspapier zu Komeptenznachweisen und Zertifzierung in der non-formalen Bildung des DBJR *Die Erklärung von Kopenhagen vom November 2002 beinhaltet die Förderung der europäischen Zusammenarbeit bei der beruflichen Bildung. Hierbei geht es auch um eine verbesserte Transparenz bezüglich berufsqualifizierender Abschlüsse und um gemeinsame Instrumente zur Qualitätssicherung und zur Feststellung von nicht-formal und informell erworbenen Kompetenzen. Der Bologna-Prozess bezieht sich auf das Erreichen einer europäischen Vergleichbarkeit der Qualifizierung von HochschulabsolventInnen und der Förderung einer größeren Kompabilität der europäischen Hochschulsysteme. Die Lissabonstrategie aus dem Jahr 2000 hat zum Ziel, Europa bis zum Jahr 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten, wissensbasierten und sozial ausgeglichenen Wirtschaftsraum der Welt zu machen.

http://www.dbjr.de
http://www.agj.de
http://ec.europa.eu/education/policies/educ/eqf/index_en.html

Quelle: BAG Katholische Jugendsozialarbeit Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe Deutscher Bundesjugendring BAG Evangelische Jugendsozialarbeit Pressemitteilung der Europäischen Kommission

Dokumente: Lernen_in_Europa.pdf

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