Soziale Arbeitsgelegenheiten. Einsatz und Wirkungsweise aus betrieblicher und arbeitsmarktpolitischer Perspektive

SOZIALE ARBEITSGELEGENHEITEN Einsatz und Wirkungsweise aus betrieblicher und arbeitsmarktpolitischer Perspektive Auszüge aus den Ergebnissen der Projektarbeit des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung von Anja Kettnerund Martina Rebien: “ 1 EINLEITUNG Seit dem In-Kraft-Treten des „Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ (HARTZ IV) am 01. Januar 2005 besteht die Möglichkeit, erwerbsfähige hilfebedürftige Personen, die zum Rechtskreis SGB II (Grundsicherung für Arbeitssuchende) gehören, in eine zeitlich begrenzte Arbeitsgelegenheit zu vermitteln. Für die geleistete Arbeit wird dabei eine Aufwandsentschädigung von 1 bis 2 Euro pro Stunde gezahlt. Die offizielle Bezeichnung lautet deshalb „Arbeitsgelegenheit in der Mehraufwandsvariante“, umgangssprachlich wird diese Beschäftigungsform häufig als Soziale Arbeitsgelegenheit, (Sozialer) Zusatzjob oder Ein-Euro-Job bezeichnet. Inzwischen haben Soziale Arbeitsgelegenheiten die zuvor dominierenden Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen weitgehend abgelöst. Viele Alg II-Empfänger haben bereits einen Zusatzjob ausgeführt und in einer Vielzahl von Betrieben gab es entsprechende Einsatzmöglichkeiten. … Bisher gibt es jedoch keine empirisch fundierten Erkenntnisse darüber, wie die Sozialen Arbeitsgelegenheiten in den Betrieben genutzt werden und wie sie sich auf das Leistungsangebot und die innerbetrieblichen Strukturen auswirken. Offen ist insbesondere die Frage, ob durch Soziale Arbeitsgelegenheiten reguläre Beschäftigungsverhältnisse verdrängt werden. Des Weiteren ist bislang unbekannt, wie Betriebe die Arbeitsleistungen dieser häufig als Zusatzjobber bezeichneten Personen einschätzen. Dies zu erfahren ist besonders wichtig, da mit diesem Instrument auch die Beschäftigungsfähigkeit und -bereitschaft arbeitsloser ALG II-Empfänger überprüft werden soll … 2 AUSGESTALTUNG UND ZIELE SOZIALER ARBEITSGELEGENHEITEN … Erwerbsfähige Jugendliche unter 25 Jahren sollen unverzüglich nach Einreichung des Antrages auf Leistungen nach SGB II in eine Arbeit, Ausbildung oder in eine Arbeitsgelegenheit vermittelt werden. Gerade bei Jugendlichen mit multiplen Vermittlungshemmnissen werden Zusatzjobs genutzt, um eine Beschäftigung anbieten zu können, die gleichzeitig die berufsbezogenen Kenntnisse und Fähigkeiten verbessern soll. Generell sind aus Sicht des Gesetzgebers solche kombinierten Beschäftigungs-/Qualifizierungsmaßnahmen wünschenswert. Die Träger erhalten deshalb für Zusatzjobber eine Pauschale von bis zu 450 Euro, mit der die entstehenden Ausgaben für Qualifizierung sowie weitere Kosten abgegolten werden sollen. Darüber hinaus besteht die Hoffnung, dass Arbeitgeber häufiger als bisher Langzeitarbeitslose einstellen, wenn sie sich zuvor in einem sozialen Zusatzjob „bewährt“ haben. … Wird ein angebotener Zusatzjob abgelehnt, so kann der Leistungsbezug gekürzt bzw. bei Jugendlichen auch vorübergehend ausgesetzt werden. Jedoch steht während der Tätigkeit in einem Zusatzjob weniger Zeit für die Suche nach einer regulären Beschäftigung zur Verfügung, wodurch sogenannte Einsperreffekte auftreten können. … 3 AKTUELLE FORSCHUNGSFRAGEN UND DIE MÖGLICHKEITEN IHRER BEANTWORTUNG DURCH DIE VORLIEGENDE UNTERSUCHUNG … Bislang liegen aus der amtlichen Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) keine vollständigen Informationen darüber vor, wie viele arbeitslose ALG II-Empfänger in Sozialen Arbeitsgelegenheiten tätig sind. … Diese Untersuchung ermöglicht es, den gesamten Bestand und seine Verteilung auf verschiedene Personengruppen im IV. Quartal 2005 genauer abzuschätzen. … 3.4 ZUR UNTERSWUCHUNGSMETHODE Für die Untersuchung … wurde die IAB-Erhebung des gesamtwirtschaftlichen Stellenangebots 2005/2006 um Fragen zu den Sozialen Arbeitsgelegenheiten ergänzt. Allgemein dient diese Erhebung der Analyse des Stellenangebots sowie der Stellenbesetzungsprozesse im gesamtwirtschaftlichen Kontext. … Der Begriff „Betriebe“ begrenzt sich dabei nicht auf privatwirtschaftlich orientierte kaufmännische, gewerbliche oder industrielle Betriebe, sondern schließt öffentliche bzw. gemeinnützige Betriebe, Verwaltungen und Vereine mit ein. … 4 UNTERSUCHUNGSERGEBNISSE 4.1 ENTWICKLUNG SOZIALER ARBEITSGELGENHEITEN LAUT BA-STATISTIK Der größte Teil der Sozialen Arbeitsgelegenheiten wird in der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) erfasst. Sie liefert jedoch kein vollständiges Abbild, da aus den zugelassenen kommunalen Trägern keine oder nur unvollständige Informationen über den Einsatz dieses Arbeitsmarktinstruments vorliegen. … erkennt man den starken Anstieg Sozialer Arbeitsgelegenheiten unmittelbar nach Inkrafttreten der Arbeitsmarktreform. In Ostdeutschland wurde im Oktober 2005 mit über 150.000 Personen der bisherige Höhepunkt des Bestands in den ARGEn und getrennten Trägerschaften erreicht. Anschließend kam es bis zum Frühjahr 2006 zu einem Rückgang, der aus dem starken Absinken der Zugänge von Oktober 2005 bis Januar 2006 resultierte. Erst danach wurden wieder mehr Personen in Soziale Arbeitsgelegenheiten vermittelt und die Bestände stiegen wieder an, sie erreichten allerdings nicht mehr das Niveau vom Oktober 2005. In Westdeutschland verlief die Entwicklung stetiger. Die höchste Bestandszahl wurde hier im Juni 2006 mit 152.500 erreicht, die stärksten Zugänge zeigten sich zu Jahresbeginn und Mitte 2006, sie führten aber aufgrund gleichzeitig steigender Abgänge zu leicht sinkenden Beständen. Ostdeutschland zeigt vor allem in der ersten Jahreshälfte 2006 hohe Zugänge. 4.2 ZAHL ALLER SOZIALEN ARBEITSGELEGENHEITEN – Ergebnisse der Erhebung Die Zahl aller Sozialen Arbeitsgelegenheiten konnte mit unserer Erhebung abgeschätzt werden. Die Hochrechnung der einzelbetrieblichen Angaben auf die Gesamtwirtschaft erbringt für das IV. Quartal 2005 eine Anzahl von insgesamt 381.700. Die BA-Statistik, die hinsichtlich Sozialer Arbeitsgelegenheiten die ARGEn und getrennten Trägerschaften einschließt, den größten Teil der optierenden Kommunen dagegen nicht, weist für den gleichen Zeitraum eine Anzahl von 290.700 Zusatzjobs aus. … zeigt, dass die Strukturen hinsichtlich der Bestände in beiden Datenbasen nahezu übereinstimmen. … Insgesamt wurden zum Befragungszeitpunkt mehr Männer als Frauen in Sozialen Arbeitsgelegenheiten beschäftigt. Während in Ostdeutschland der Anteil der weiblichen Beschäftigten bei durchschnittlich 49% lag, waren in Westdeutschland nur 32% der sozialen Arbeitsgelegenheiten von Frauen besetzt. Im Vergleich dazu sind die Anteile der Frauen an allen arbeitslosen erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in beiden Regionen mit 45% gleich hoch. In Westdeutschland sind die Frauen in Sozialen Arbeitsgelegenheiten demnach deutlich unterrepräsentiert, was u. a. auf ihre im Vergleich zu ostdeutschen Frauen schon früher vorhandene geringere Erwerbsbeteiligung zurückgeführt werden kann. … Mehr als die Hälfte aller Arbeitsgelegenheiten wurde unserer Untersuchung zufolge in Ostdeutschland angeboten. Die Zahl der Arbeitslosen im Rechtskreis SGB II betrug hier im IV. Quartal 2005 rund 931.000, in Westdeutschland 1.861.000 … Zum anderen dürften die Betriebe im Osten eine höhere Nachfrage nach Zusatzjobbern äußern als die Betriebe im Westen: Aufgrund der Kriterien der Zusätzlichkeit und Gemeinnützigkeit wird es sich bei einem Teil der Tätigkeiten um niedrigproduktive Arbeiten handeln. Eine produktivitätsorientierte Entlohnung am ersten Arbeitsmarkt wäre in diesen Fällen zu gering, um für Arbeitssuchende attraktiv zu sein, denn der angebotene Lohn läge niedriger als der Transferbezug bei Arbeitslosigkeit. … Eine starke Nachfrage nach Sozialen Arbeitsgelegenheiten ist gerade aus den besonders finanzschwachen Einrichtungen zu erwarten. Es ist davon auszugehen, dass die Mitarbeiter der ARGEn und Optionskommunen auf lokaler Ebene um die finanzielle Situation einzelner Betriebe wissen. Eine gezielte Vermittlung von arbeitslosen ALG II-Empfängern in besonders knapp ausgestattete Betriebe mit dem Ziel der Arbeitsunterstützung kann auch vor diesem Hintergrund im Osten eine noch größere Bedeutung als im Westen haben. Aber nicht nur Unterstützung, sondern auch finanzielle Entlastung könnte ein rationales Motiv sowohl bei der Vergabe als auch auf Seiten der Betriebe sein. Die Überlegungen werden auch durch die Betrachtung der Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten je Sozialer Arbeitsgelegenheit in den einzelnen Wirtschaftszweigen gestützt. Während in der öffentlichen Verwaltung im Osten auf einen Zusatzjob 8 sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse kommen, sind es in Westdeutschland etwa 53. Eine große Differenz zeigt sich auch in den Sonstigen privaten und öffentlichen Dienstleistungen: Im Osten gibt es hier 4 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte je Zusatzjob, im Westen 30. In den Sozialen Dienstleistungen kommen 13 bzw. 26 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte auf einen Zusatzjob. … 4.4 AUSGEÜBTE TÄTIGKEITEN … Die Antworten der Betriebe wurden in vier Kategorien zusammengefasst … Betreuung, Altenpflege etc. Hausmeisterdiesnte oder handwerkliche Arbeiten Garten- und Landschaftspflege Verwaltungstätigkeiten In Westdeutschland erledigen ca. 37% aller Zusatzjobber Hausmeisterdienste oder handwerkliche Arbeiten, ihr Anteil liegt damit mehr als doppelt so hoch wie in Ostdeutschland (17%). Auch Verwaltungstätigkeiten, worunter allgemeine Verwaltungsarbeiten sowie die Arbeit in Bibliotheken, Archiven und Kulturzentren fallen, spielen im Westen relativ gesehen eine größere Rolle: fast jeder dritte Zusatzjobber arbeitet hier, im Osten dagegen nur knapp jeder Fünfte (30% vs. 18%). Demgegenüber ist der Anteil der Personen in der Garten- und Landschaftspflege im Osten mit ca. 40% mehr als doppelt so hoch wie im Westen (18%), auch im Bereich Betreuung, Altenpflege etc. arbeitet ein größerer Anteil aller Zusatzjobber (26% vs. 16%). … 4.6 BETRIEBE, IN DENEN SOZIALE ARBEITSGELEGENHEITEN ANGEBOTEN WERDEN … Man erkennt zwischen West- und Ostdeutschland eine hohe Ähnlichkeit hinsichtlich der Anteile der Betriebe in den Wirtschaftszweigen sowie hinsichtlich der Größenverteilung. Mehr als zwei Drittel aller tätigen Betriebe sind in den Sozialen Dienstleistungen angesiedelt, rund ein Viertel in den Sonstigen privaten und öffentlichen Dienstleistungen und nur 10 bzw. 8% in der Öffentlichen Verwaltung. In beiden Landesteilen haben rund 80% aller Betriebe in diesen Wirtschaftszweigen weniger als 10 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, weitere 14% haben zwischen 10 und 49. Nur wenige sind größer (5% der Betriebe). Rund zwei Drittel der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten aller drei Wirtschaftszweige sind den Sozialen Dienstleistungen zuzurechnen. 24% sind im Bereich der Öffentlichen Verwaltung tätig, während lediglich 10% auf die Sonstigen privaten und öffentlichen Dienstleistungen entfallen. … 4.7 AUSWIRKUNGEN IN DEN BETRIEBEN – Hinweise auf Substitutionseffekte … Zwischenfazit: In fast der Hälfte aller Betriebe mit Sozialen Arbeitsgelegenheiten erfüllt unserer Einschätzung nach mindestens ein Teil der Sozialen Arbeitsgelegenheiten die gesetzlichen Voraussetzungen für ihre Einrichtung nicht. Auch wenn Substitutionen aus einzelwirtschaftlicher Perspektive ein ökonomisch rationales Motiv sein können, können sie auf gesamtwirtschaftlicher Ebene negativ wirken. Wie unsere Untersuchung zeigt, birgt ein Teil der Sozialen Arbeitsgelegenheiten Risiken für die Funktionsweise des Arbeitsmarktes, insbesondere des ersten Arbeitsmarktes. Eine zu 100% öffentlich finanzierte Beschäftigung darf nicht dazu führen, dass reguläre ungeförderte Beschäftigung verringert und damit Arbeitslosigkeit bei anderen Personen erhöht wird. Nicht zuletzt ist die Finanzierung der Sozialversicherungssysteme bei einem Abbau sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung gefährdet. Der große Spielraum, den der Gesetzgeber bei der Interpretation des § 16 Abs. 3 des SGB II bietet, lässt den Betrieben aber offensichtlich Möglichkeiten für solches Handeln. Daraus könnte geschlussfolgert werden, dass der Gesetzgeber erneut tätig werden und konkrete Kriterien für Einsatz und Kontrolle Sozialer Arbeitsgelegenheiten aufstellen muss. Dagegen spricht jedoch der hohe bürokratische Aufwand, der damit verbunden wäre sowie die Tatsache, dass die konkrete Ausgestaltung vor Ort nicht unabhängig von den regionalen Gegebenheiten sein kann, deren Unterschiedlichkeit vom Gesetzgeber nicht adäquat berücksichtigt werden könnte. Stattdessen sollten die regionalen Beiräte stärker in die Pflicht genommen werden. … 4.8 BETRIEBLICHE EINSCHÄTZUNGEN DER PERSONEN IN SOZIALEN ARBEITSGELEGENHEITEN … Durchschnittlich 58% der neu eingestellten Zusatzjobber waren passend qualifiziert, im Osten mit 67% allerdings weitaus mehr als im Westen (47%). Demnach werden von den ARGEn, den optierenden Kommunen und den getrennten Trägern häufig die geeigneten Personen für die geplanten Tätigkeiten ausgewählt. Jedoch ist im Westen etwa jeder zweite Zusatzjobber unterqualifiziert (48%), im Osten ist es jeder achte. Hier wiederum ist der Anteil der überqualifizierten Personen mit 12% deutlich höher als in Westdeutschland (2%). … Die betrieblichen Einschätzungen in Bezug auf Pünktlichkeit, Verlässlichkeit, korrektes Auftreten und Kommunikationsfähigkeit der beschäftigten Zusatzjobber zeigen … Unterschiede im Ost-West-Vergleich. In Ostdeutschland wurden von etwa 89% der Zusatzjobber die betrieblichen Erwartungen erfüllt, in Westdeutschland von 75%. Der Anteil der Personen, die den Erwartungen nicht entsprochen haben, liegt im Westen mit 24% deutlich über dem Anteil in Ostdeutschland, wo dies nur auf 8% zutrifft. 4.8.2 BEURTEILUNG DER EIGNUNG FÜR DEN ERSTEN ARBEITSMARKT … Im gesamtdeutschen Durchschnitt wurden von den befragten Betrieben rund 44% der Personen für geeignet befunden, 27% dagegen nicht. Bei 29% konnten die Betriebe dies zum Befragungszeitpunkt nicht beurteilen. Das bedeutet, dass für mehr als ein Viertel dieses Personenkreises aus betrieblicher Sicht kaum Möglichkeiten für eine Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt bestehen. Im Westen liegt ihr Anteil mit 42% allerdings dreimal höher als im Osten (14%). … 4.8.2.1 EIGNUNG NACH GESCHLECHT Frauen wurden häufiger als Männer für geeignet befunden (50% der Frauen, 38% der Männer). Der regionale Vergleich zeigt, dass im Osten mehr als die Hälfte aller Zusatzjobber aus Sicht der Betriebe ausreichend arbeitsfähig und –bereit ist, darunter 58% der Frauen und 55% der Männer. In Westdeutschland liegen die Anteile wesentlich niedriger, hier wurden nur 37% der Frauen und 24% der Männer als geeignet beurteilt, also nur jeder vierte Mann und jede dritte Frau. … 4.8.2.2 EIGNUNG NACH QUALIFIKATION Unterscheidet man die Antworten zur Eignung der Personen nach dem Qualifikationsniveau, so zeigt sich ein hoher Grad der Eignung bei Personen mit Beruflicher Ausbildung (74% im Westen und 72% im Osten), während Un- und Angelernte seltener als geeignet befunden wurden … Im gesamtdeutschen Durchschnitt wurde fast die Hälfte aller Un-/Angelernten als nicht geeignet befunden (45%), in Ostdeutschland liegt der Anteil mit 23% weit niedriger, in Westdeutschland mit 56% deutlich höher. Nun erklären sich auch die geschlechtsspezifischen Unterschiede: In beiden Landesteilen haben mehr Frauen als Männer, die in Arbeitsgelegenheiten tätig sind, eine berufliche Ausbildung und in Westdeutschland sind Frauen im Vergleich zu Männern stark unterrepräsentiert … . Hier liegt der Anteil der Un- und Angelernten deutlich höher als im Osten. Die Bewertung von Arbeitsfähigkeit und Arbeitsbereitschaft hängt also eng mit dem Qualifikationsniveau zusammen. Personen ohne Berufsabschluss werden tendenziell schlechter beurteilt und haben häufiger keine Chance auf eine reguläre und damit ungeförderte Beschäftigung. … 4.8.2.3 EIGNUNG NACH ALTER Bei einer Aufteilung der Zusatzjobber nach Altersgruppen zeigen sich beträchtliche Unterschiede bezüglich der Einschätzung der Integrierbarkeit in den ersten Arbeitsmarkt: So werden nur durchschnittlich 31% der Jugendlichen unter 25 Jahren als geeignet befunden, 39% von ihnen werden als ungeeignet eingeschätzt … . Sie erhalten damit sowohl in Ost- als auch in Westdeutschland von den Betrieben die schlechtesten Chancen zugesprochen. Außer bei den Jugendlichen wird im Osten in allen Altersgruppen die Integrierbarkeit der Personen deutlich besser bewertet als im Westen … Zusammenfassend zeigen unsere Ergebnisse, dass aus Sicht der Betriebe in Ostdeutschland für einen deutlich höheren Anteil von arbeitslosen Alg II-Empfänger … der Weg in den ersten Arbeitsmarkt offen ist, als dies in Westdeutschland der Fall ist. Männer haben häufiger Defizite als Frauen, Personen ohne Berufsabschluss häufiger als Personen mit einer Ausbildung. Jugendlichen unter 25 Jahren wird seltener ausreichende Arbeitsfähigkeit und/oder -bereitschaft bescheinigt. … , dass die mangelnde Qualifikation hierfür eine zentrale Rolle spielt. Unter allen Personen in Arbeitsgelegenheiten zeigen Jugendliche unter 25 Jahren mit 65% den größten Anteil Un- und Angelernter, in allen anderen Altersgruppen liegt er geringer. … 4.8.4 ZUR INTEGRIERBARKEIT GEEIGNETER PERSONEN IN DEN BETRIEB Selbst wenn Personen grundsätzlich für geeignet befunden werden, eine Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt aufzunehmen, muss das nicht bedeuten, dass es auch die Möglichkeit dazu gibt. Tatsächlich zeigen unsere Ergebnisse, dass die Übernahme durch den Betrieb nur bei einem sehr geringen Anteil aller Zusatzjobber Realität werden kann (siehe Tabelle 18). Nur bei 2% aller Zusatzjobber, die generell geeignet sind, haben die Betriebe eine Übernahme fest geplant. Bei weiteren 5% denken sie darüber nach, eine tatsächliche Übernahme ist jedoch ungewiss. Obwohl sie als geeignet, leistungsfähig und leistungsbereit eingeschätzt wurden, haben nur maximal 7% bzw. jeder Vierzehnte von ihnen über die Arbeitsgelegenheit die Chance auf den Einstieg in ein reguläres Beschäftigungsverhältnis. … Bei insgesamt 78% aller geeigneten Zusatzjobber erklären die Betriebe, dass keine finanziellen Mittel für eine Einstellung zur Verfügung stehen. Wie bereits vermutet, nutzen zwar viele Kommunen, Einrichtungen und Vereine dieses Arbeitsmarktinstrument, sehen aber aufgrund beschränkter Budgets keine Übernahmemöglichkeiten. Der Trend zum Personalabbau in diesen Bereichen … wird auch durch Soziale Arbeitsgelegenheiten nicht gestoppt – im Gegenteil: Soweit Substitutionen stattfinden, wird er sich in Zukunft sogar verstärken. Seit Jahren ist die Zahl der neu begonnenen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse in den drei betrachteten Wirtschaftsbereichen tendenziell rückläufig … . Der Bestand an sozialversicherungspflichtig Beschäftigten geht in der Öffentlichen Verwaltung und den Sonstigen privaten und öffentlichen Dienstleistungen zurück, in den Sozialen Dienstleistungen stagniert er … Soziale Arbeitsgelegenheiten zeigen sich unter diesen Umständen aus heutiger Sicht nicht als „Brücke“ in den ersten Arbeitsmarkt, zumindest nicht aus Sicht der befragten Betriebe. Ihre Bedeutung auf individueller Ebene ist dennoch hoch. Sie geben arbeitslosen Personen die Gelegenheit, zumindest für einen bestimmten Zeitraum ihr Können unter Beweis zu stellen und Neues hinzuzulernen und können auch die soziale Integration fördern. Die Arbeitsvermittler können Soziale Arbeitsgelegenheiten zur Prüfung von Beschäftigungsfähigkeit und -bereitschaft nutzen. Darüber hinaus könnten sie aus dem Verlauf der Beschäftigung und den betrieblichen Einschätzungen wichtige Informationen über vorliegende Defizite und notwendige Qualifizierungsmaßnahmen erhalten. Würden diese Informationen für eine zielgerichtete Vergabe geeigneter Maßnahmen genutzt, könnten Zusatzjobs auf indirektem Wege mittel- bis langfristig eine Brücke in den ersten Arbeitsmarkt sein. … So bleiben Arbeitsgelegenheiten vorerst ein Instrument, das auf individueller Ebene wirkt und das zur Prüfung von Beschäftigungsfähigkeit und -bereitschaft genutzt wird. Das andere und langfristig bedeutsamere Potential zur Aufdeckung und gezielten Bekämpfung von Defiziten bei arbeitslosen Personen bleibt dagegen weitestgehend ungenutzt. … “ Den Volltext der Untersuchung können Sie über angegebenen Link einsehen oder als PDF-Datei runterladen.

http://www.iab.de/asp/internet/dbdokShowOhne.asp?pkyDoku=k070126a04
http://www.iab.de

Quelle: IAB Forschungsbericht Nr.2/2007

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