Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE zum Thema „Zukunft der Bildung und Berufsberatung“

‚ZUKUNFT DER BILDUNG UND BERUFSBERATUNG‘ Auszüge aus der Antwort von Gerd Andres (Parlamentarischer Staatssekretät BMAS) im Namen der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE zum Thema „Zukunft der Bildung und Berufsberatung“: “ Vorbemerkung der Fragesteller: Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Ausdifferenzierung von Bildungs- und Erwerbsbiographien wachsen sowohl Bedarf als auch Anspruch an die Bildungs- und Berufsberatung. Hierauf hat unter anderem der Rat der Europäischen Union … hingewiesen (Rats-Dok. 9286/04). … Auch der Hauptausschuss des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) betont in seinen Empfehlungen zur Berufsorientierung und Berufsberatung vom Dezember 2005 die „zunehmende Bildungs- und gesellschaftspolitische Bedeutun der Berufsorientierung und Berufsberatung“. Öffentliche Berufsberatung wird in Deutschland im Wesentlichen von der Bundesagentur für Arbeit … angeboten. In der letzten Organisationsreform der Bundesagentur spielte das Thema Beratung dennoch keine wesentliche Rolle. Im Rahmen der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung des Deutschen Bundestages zum Europäischen und nationalen Qualifikationsrahmen im Dezember 2006 wurde aus den Reihen der Sachverständigeen bestätigt, das der Beartungsbedarf sich sowohl im Bereich der beruflichen als auch im Bereich der Bildungsberatung deutlich erhöht habe, es zum Umgang hiermit in Deutschland allerdings noch an konkreten Konzepten seitens der verantwortlichen Stellen mangele. Frage Nr. 1a): Welchen Reformbedarf sieht die Bundesregierung im Bereich der Bildungs- und Berufsberatung in Deutschland? Antwort: Angebote zur Berufsorientierung und Berufsberatung sollen weiterhin von jedem in Anspruch genommen werden können. Um dies zu gewährleisten, arbeiten die allgemein- und berufsbildendnen Schulen sowie die Bundesagentur für Arbeit mit Eltern, Jugendhilfe, weiterführenden Bildungseinrichtungen, Ländern, Wirtschaft, Gewerkschaften, Sozialverbänden, Arbeitsgemeinschaften, Kommunen, Hochschulen und Bildungsträgern zusammen. … Bundesregierung und Bundesagentur für Arbeit messen der Berufsorientierung und Berufsberatung hohe Bedeutung bei. Allein für Berufseinsteiger beschäftigt die Bundesagentur für Arbeit 6.600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, vorwiegend mit Beratungs- und Vermittlungsaufgaben. Finanziell unterstützt die Bundesagentur für Arbeit den Berufseinstieg Jugendlciher an der ersten Schwelle mit rd. 3,4 Mrd. € jährlich aus Beitragsmitteln, u.a. mit Maßnahmen der vertieften Berufsorientierung an Hauptschulen in Kofinanzierung insbesondere mit Ländern, um die Berufswahlvorbereitung Jugendlicher zu verbessern. Berufsberatung, Berufsorientierung und Ausbildungsvermittlung werden von Jugendlichen und Arbeitgebern in außerordentlichem Maße in Anspruch genommen und akzeptiert. Die Bundesagentur für Arbeit als Hauptakteurin neutraler und mit Beitragsgeldern finanzierter Berufsberatung überarbeitet deshalb im Rahmen des laufenden Reformprozesses zur Zeit ihr Beratungsangebot und reagiert damit auf veränderte Rahmenbedingungen. Relevante gesellschaftliche Gruppierungen und Verbände werden eingebunden. Frage Nr. 1b): Welche Konsequenzen hat die Bundesregierung aus den in den Vorbemerkungen genannten Dokumenten der EU gezogen oder plant sie zu ziehen? Antwort: Die in den genannten Dokumenten enthaltene Einschätzung zur Bedeutung von Berufsberatung und Bildungsberatung wird geteilt. … Berufsberatung ist ein zentrales Instrument der beruflichen Information, Perspektivfindung und Integration für junge Menschen beim Übergang von der Schule in das Beschäftigungssystem … Berufsberatung für alle Zielgruppen wird von den Arbeitsagenturen als Pflichtleistung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in den §§ 3 und 29ff erbracht. … Die vom Rat der Europäischen Union im Mai 2004 verabschiedete Entschließung zur Förderung der lebenslangen Bildungs- und Berufsberatung versteht Beratung als lebensbegleitendes Instrument zur Förderung der eigenständigen Berufs- und Bildungslaufbahn, das durch gezielte Information die Mobilität und Flexibilität der Bürger in Europa unterstützen und zum Erhalt der individuellen Beschäftigungsfähigkeit beitragen soll. Die Bundesagentur für Arbeit unterstützt diesen Prozess nachhaltig, z.B. durch interkulturelle und internationale Arbeitsmarktstudien des IAB sowie den Auf- und Ausbau internationaler Beratungs- und Vermittlungsstrukturen. … Die Konzeption der lebensbegleitenden Beratung wird von der Bundesagentur für Arbeit unterstützt, die Realisierung ist jedoch nur noch in Kooperation mit anderen Beratungseinrichtungen möglich. Daher wird das eigene Beratungsangebot profiliert und es werden träger- und bildungsbereichsübergreifende Netzwerke geschaffen, um die heterogene Beratungslandschaft transparenter und effizienter zu machen. Die Vermittlung von Berufslaufbahnkompetenzen sollte beispielsweise bereits in der Schule beginnen. … Frage Nr. 2 b): Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Bildungs- und Berufsberatung für alle Menschen gebührenfrei zugänglich sein muss? Antwort: Die Bildungs- und Berufsberatung im öffentlichen Bereich ist für Ratsuchende kostenlos. Über die Kosten privater Bildungs- und Berufsberatung liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. Frage Nr. 3 a): Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Berufsberatung in den Kompetenzbereich des Bundes fällt und nicht den einzelnen Bundesländern überlassen werden darf? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht? Frage Nr. 3 b): Begreift die Bundesregierung die Aufrechterhaltung und den Ausbau der Berufsberatung als Aufgabe der Arbeitslosenversicherung oder hält sie vor dem Hintergrund der volkswirtschaftlichen und sozialpolitischen Bedeutung von Beratungsleistungen einen steuerfinanzierten Ausbau für sinnvoll? Antwort: Berufsberatung ist – wie bereits ausgeführt – eine Pflichtaufgabe der Agentur für Arbeit, die Teil der Bundesagentur für Arbeit als einer rechtsfähigen bundesunmittelbaren Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung ist. Die Bundesregierung plant keine Veränderung der öffentlichen Berufsberatung, da das flächendeckende Beratungsangebot der Bundesagentur für Arbeit einen optimalen, qualitativ hochwertigen Zugang der Bevölkerung zu beruflichen Beratungsdienstleistungen gewährleistet. Frage Nr. 4: Wie beurteilt die Bundesregierung Vorschläge, die Berufsberatung aus der Bundesagentur herauszulösen und in eine eigenständige, bundesunmittelbare Institution zu überführen. Antwort: Aufgrund der jahrzehntelangen positiven Erfahrungen mit einer unter dem Dach der Bundesagentur für Arbeit institutionalisierten Berufsberatung, die sich zudem gegenwärtig in einem Erneuerungsprozess befindet, bestehen keine derartigen Überlegungen. … Frage 6 a): Plant die Bundesregierung, im Laufe dieser Legislaturperiode des Deutschen Bundestages ein Konzept für Neustrukturierung der Bildungs- und Berufsberatung in Deutschland vorzulegen? Frage 6 b): Welche Schritte zu einem Ausbau und zur Reform des Bildungs- und Berufsberatung plant die Bundesregierung noch in dieser Legislaturperiode zu unternehmen? Antwort zur Frage Nr. 6a) und 6b): Im Rahmen des von Frau Bundesministerin Dr. Annette Schavan einberufenen ‚Innovationskreis Weiterbildung‘ befasst sich einer der vier Arbeitskreise mit dem Thema Bildungsberatung und erarbeitet in diesem Rahmen Empfehlungen für die Bundesregierung im Feld der Bildungsberatung. … Frage Nr. 9 a) Welche Konsequenzen entstehen für Beratungssuchende, die bereits das 25. Lebensjahr erreicht haben, durch die Eingliederung der allgemeinen Berufsberatung innerhalb der Arbeitsagenturen in den Bereich U25? Frage Nr. 9 b) Hält die Bundesregierung die unter a) genannten Zuordnung vor dem Hintergrund der Aufgaben der Agenturen für Arbeit zur Beratung aller ArbeitnehmerInnen über ihre beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten nach SGB III für sinnvoll? Falls ja: warum? Falls nein, wie wird die Bundesregierung auf eine Änderung dieser Situation hinarbeiten? Antwort zu Frage Nr. 9 a) und b): Das Beratungsangebot in der Bundesagentur für Arbeit ist nicht an eine bestimmte Altersgrenze gebunden. Jugendliche udn junge Erwachsene werden nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit aus organisatorischen und fachlichen Gründen in einem Team ‚U25/Berufsbaratung‘ betreut. Das Tätigkeits- und Kompetenzprofil dieser Fachkräfte ist explizit auch auf Beratungsaufgaben ausgelegt. Frage Nr. 11 a): Welche Auswirkungen haben die Anwendungen der für die Arbeitsvermittlung entwickelten Software VERBIS bzw. das Fehlen einer auf die speziellen Bedarfe der Berufsberatung zugeschnittenen Software nach Kenntnis der Bundesregierung auf die Berufsberatung? Antwort: … Ein wesentlicher Vorteil des neuen Systems besteht in der einheitlichen und eineindeutigen Datenhaltung. Damit können Doppelerfassungen vermieden und ein für alle mit dem System arbeitenden Mitarbeiter integrierter valider Datenbestand sichergestellt werden. Die für die Berufsberatung und Ausbildungsvermittlung erforderlichen Parameter sind analog zu dem früheren System COMPAS – in teilweiser anderer, verbesserter Darstellung – abgebildet. Gerade an der Schnittstelle Ausbildungsvermittlung/Arbeitsvermittlung, die bei einem Teil der Jugendlichen beim Übergang vom allgmein bildenden in das Beschäftigungssystem relevant wird, erweist sich die integrierte Datenhaltung und die vereinheitlichte Abbildung von Bewerber- und Stellenprofilen als großer Vorteil. … Frage Nr. 12 a) Welche Auswirkungen hat es nach Auffassung der Bundesregierung auf die Qualität der Berufsberatung, dass seit der Organisationsreform der BA potentielle Ausbildungsbetriebe von den BerufsberaterInnen nicht mehr betreut und besucht werden? Antwort: In der neunen Organisationsform der Teams ‚U25/Berufsberatung‘ erfolgt nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit eine klare Zuweisung von Verantwortlichkeiten auf BerufsberaterInnen (Intergrationsverantwortung für Ausbildungssuchende) und VermittlerInnen (Besetzungsverantwortung für gemeldete Ausbildungsstellen). Dies bedeutet für BerufsberaterInnen jedoch nicht, dass sie ausschließlich bewerberorientiert arbeiten dürfen. Im Rahmen ihres Vermittlungsauftrages sind auch Arbeitsgeberkontakte Bestandteil der Arbeit. Über geeignete Informations- und Kommunikationswege stellen die Teamleiter U25 in den Agenturen für Arbeit sicher, dass erforderliche berufskundliche, betriebssezifische und arbeitsmarktbezogene Informationen und Entwicklungen im Austausch mit den Vermittlern laufen kommuniziert werden. Die Qualität der beruflichen Beratung wird daher nach Einschätzung der Bundesagentur für Arbeit durch die Organisationsreform nicht geschmälert. Frage Nr. 12 b): Welche Auswirkungen hat die unter a) beschriebene Entwicklung auf die Fähigkeit der BerufsberaterInnen, junge Menschen in Ausbildung zu vermitteln? Antwort: Die Fähigkeit der BerufsberaterInnen zur integrationsorientierten Vermittlung junger Menschen in Ausbildung wird nach Einschätzung der Bundesagentur für Arbeit nicht beeinträchtigt. Frage 12 c): Welcher Gruppe von Jugendlichen sind die direkten Kontakte der BeraterInnen mit den Ausbildungsbetrieben in der Vergangenheit insbesondere zu Gute gekommen? Antwort: Eine personen- oder branchenspzifische Differenzierung ist nach Angaben der BA empirisch nicht belegbar. … Frage Nr. 13 a): Welchen Personalschlüssel (Ratsuchende pro Beratungsfachkraft) hält die Bundesregierung für die Berufsberatung für angemessen? Frage Nr. 13 b): Wie viele Ratsuchende werden derzeit im Schnitt von einer Beratungsfachkraft betreut? Wie hat sich dieser Personalschlüssel und wie haben sich die absoluten Anzahlen von Ratsuchenden und Beratungsfachkräften (bitte aufschlüsseln nach voll- oder teilweise in der Berufsberatung eingesetzten Fachkräften) in den letzten Jahren verändert? Antwort zu Frage Nr. 13a) und b): Aus Sicht der Bundesagentur für Arbeit ist der entscheidende Faktor bei der Beratung und Vermittlung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, dass jede und jeder Einzelne das erforderliche individuelle Maß an Betreuung erfährt. Insofern lässt sich die Frage einer angemessenen Betreuung nicht allein auf einen Personalschlüssel reduzieren. Vielmehr ist es erforderlich, dass durch sinnvolle organisatorische Regelungen und eine fachlich-inhaltlich tragfähige Konzeption von Beratung gewährleistet wird, dass Ratsuchende die für ihre Beratung und Integration notwendige Betruung erfahren. … Personalschlüssel bei der Bundesagentur für Arbeit … im Bereich Berufsberatung … Beratungsfachkraft: Ratsuchen im Berichtsjahr 2005/2006 1:594 … Frage Nr. 14 a): Welche Bedeutung misst die Bundesregierung im Rahmen der Berufsberatung dem Ziel zu, alle Jugendlichen darin zu fördern, eine geregelte Berufsausbildung anzustreben und abzuschließen? Antwort: Ein beruflicher Abschluss für möglichst jeden jungen Menschen hat absolute Priorität. Deshalb ist es eine zentrale Aufgabe der Berufsberatung, gemeinsam mit den Familien, dem Bildungswesen und der Wirtschaft zu Erreichung dieses Zieles beizutragen. Im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags kommt die Bundesagentur für Arbeit diesem Auftrag durch das Angebot von Berufsorientierung, Berufsberatung, Ausbildungsvermittlung sowie ausbildungsfördernden Leistungen in erheblichem Umfang nach. “ Den Volltext der Antwort entnehmen Sie bitte dem Dokument im Anhang.

http://dip.bundestag.de/parfors/parfors.htm

Quelle: Deutscher Bundestag BT-Drs. 16/4273

Dokumente: 7740612871_1604462.pdf

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