Ankündigungseffekt oder Maßnahmewirkung?

EINE EVALUATION VON TRAININGSMAßNAHMEN ZUR ÜBERPRÜFUNG DER VERFÜGBARKEIT Auszüge aus einem Diskussionspapier von Thomas Büttner: “ 1 Einleitung Trainingsmaßnahmen sind ein Instrument der aktiven Arbeitsförderung, das in sehr heterogener Weise zur Verbesserung der Eingliederungschancen von Arbeitsuchenden beiträgt. Es handelt sich dabei um ein Instrument mit relativ kurzer Dauer und daher mit vergleichsweise geringen Kosten. Seit seiner Aufnahme in das Regelinstrumentarium war deshalb ein enormer Anstieg der Förderzahlen zu verzeichnen. Trotz des großflächigen Einsatzes dieser Maßnahme wird ihr von Seiten der Forschung noch recht geringe Aufmerksamkeit geschenkt. Ein Grund hierfür sind die heterogenen Ziele und Varianten der Maßnahme, die eine Erfolgsbeobachtung erschweren. Hinzu kommt das fundamentale Problem der Evaluationsforschung, die fehlende kontrafaktische Situation. Dennoch befasst sich in jüngerer Zeit eine zunehmende Zahl von Studien mit der Analyse von kürzeren Maßnahmen, wie eben Trainingsmaßnahmen. … Studien wurden auf Basis von Prozessdaten durchgeführt, welche eine Vielzahl von relevanten Informationen enthalten. Leider können diese Daten keine Information über ausgesprochene Einladungen zu Maßnahmen und den Zeitpunkt dieser Einladungen liefern. Daher ist es auf Basis dieser Daten nicht möglich, die Wirkung der Ankündigung einer Maßnahme zu untersuchen, sondern lediglich die Wirkung der tatsächlichen Teilnahme an der Maßnahme. Deshalb wird hier eine andere Herangehensweise an die Frage, inwieweit Trainingsmaßnahmen zur Überprüfung der Verfügbarkeit zur Verbesserung der Eingliederungsaussichten von Arbeitsuchenden beitragen, gewählt. Dabei wird das Problem der fehlenden kontrafaktischen Situation mit Hilfe eines Experiments gelöst. Dazu wurden durch eine ausgewählte Agentur für Arbeit aus potentiellen Maßnahmeteilnehmern mit Hilfe einer Zufallsauswahl eine Teilnehmer- und eine Vergleichsgruppe gebildet, wodurch eine Evaluation des Eingliederungserfolgs von Trainingsmaßnahmen zur Überprüfung der Verfügbarkeit ermöglicht wurde. … 5 Mögliche Effekte von Trainingsmaßnahmen zur Überprüfung der Verfügbarkeit …Mögliche Effekte von Einladungen zu Trainingsmaßnahmen zur Überprüfung der Verfügbarkeit müssen differenziert betrachtet werden. Diese Art von Maßnahme zielt darauf ab, festzustellen ob Arbeitslose zu einer Arbeitsaufnahme zur Verfügung stehen und dazu auch bereit sind. Zu überprüfen ist also, wie sich die Ankündigung der Maßnahme auswirkt und welchen Effekt anschließend eine tatsächliche Teilnahme an der Maßnahme hat. Ein Treatment-Effekt kann sich dementsprechend allein durch die Tatsache ergeben, dass die Verpflichtung zur Teilnahme an einer Maßnahme besteht, aber auch durch die Teilnahme am Weiterbildungsprogramm der Maßnahme selbst, das ja zur Verbesserung der Eingliederungsaussichten von Arbeitslosen beitragen soll. … • Zum einen ist zu überprüfen, welche Auswirkungen sich aufgrund der Einladung der Teilnehmer, also der Ankündigung der Maßnahme ergeben. Da es sich hier um eine Trainingsmaßnahme zur Überprüfung der Verfügbarkeit handelt, liegt der Gedanke nahe, dass einzelne Personen für die Teilnahme nicht zur Verfügung stehen, was zu einer höheren Austrittsquote von eingeladenen Personen vor und zu Beginn der Maßnahme gegenüber Vergleichspersonen führt, die sich einer Überprüfung der Verfügbarkeit nicht ausgesetzt sehen. Hier wird das Matching zum Zeitpunkt der Einladungen durchgeführt. • Darüber hinaus soll auch die Wirkung der tatsächlichen Teilnahme an der Maßnahme geschätzt werden. Hier werden für die Teilnehmergruppe nur Personen einbezogen, die auch wirklich an der Maßnahme teilnehmen, die also die Trainingsmaßnahme zur Eignungsfeststellung sowie das vierwöchige Praktikum durchlaufen. Personen, die sich etwa nach Erhalt der Einladung zur Trainingsmaßnahme aus der Arbeitslosigkeit abmelden oder nicht zur Teilnahme erscheinen, werden nicht mehr in die Analyse einbezogen. … Aus der Analyse ausgeschlossen werden Personen, die ihre Arbeitslosigkeit zwischen der Einladung und dem Beginn der Maßnahme beendet haben. … 7 Ergebnisse Zunächst dargestellt werden … die Eingliederungseffekte aufgrund der Einladung zur Trainingsmaßnahme. Es wird also untersucht, welche Auswirkungen eine Einladung zu einer Trainingsmaßnahme gegenüber der kontrafaktischen Situation der Nichteinladung hat. Unterschieden werden dabei die beiden Zielvariablen Abgang aus Arbeitslosigkeit und Abgang in Erwerbstätigkeit, die zweite Zielvariable entspricht hier auch gleichzeitig dem Abgang in ungeförderte Beschäftigung, da die ausgewählten Personen zunächst in keine weiteren Maßnahmen vermittelt wurden. Der Schätzer für den Effekt der Maßnahme wird berechnet als Differenz der Anteile von Personen aus Teilnehmer- und Vergleichsgruppe, die zum jeweiligen Messzeitpunkt bereits aus der Arbeitslosigkeit abgegangen sind beziehungsweise eine Erwerbstätigkeit aufgenommen haben. Er wird jeweils zu Beginn der Maßnahme, am ersten Tag nach Ende der Maßnahme, sowie nach 3, 6, 9, und 12 Monaten gemessen. … Analog dazu werden die durchschnittlichen Eingliederungseffekte der tatsächlichen Teilnahme an der Maßnahme geschätzt. Untersucht wird hier der Effekt, den eine tatsächliche Teilnahme an der Trainingsmaßnahme gegenüber der Nichtteilnahme hat. Effekte definieren wir hier als positiv, wenn eine höhere Abgangsrate der Teilnehmergruppe gegenüber der Kontrollgruppe zu verzeichnen ist. Vergleichspersonen sind in diesem zweiten Fall Personen, die nicht zur Maßnahme eingeladen wurden und zu Beginn der Maßnahme noch arbeitslos gemeldet sind. Beträgt der geschätzte Effekt zu einem Messzeitpunkt beispielsweise 0,2, so ist zu diesem Zeitpunkt die Wahrscheinlichkeit, die Arbeitslosigkeit beendet zu haben bzw. eine Erwerbstätigkeit aufgenommen zu haben, in der Gruppe der Maßnahmenteilnehmer 20 Prozentpunkte höher als in der Vergleichsgruppe. 7.1 Teilzeitarbeitslose, nur Frauen Bei der Gruppe der Frauen in Teilzeitarbeitslosigkeit zeigt sich ein positiver Eingliederungseffekt aufgrund der Einladung. In Bezug auf Abgänge aus Arbeitslosigkeit ist dieser Effekt zu allen Messpunkten signifikant positiv. Bei der Messung der Wirkung auf Integrationen in den ersten Arbeitsmarkt hingegen zeigt sich ein geringerer, nicht signifikanter Effekt. Diese Ergebnisse deuten also daraufhin, dass eine Überprüfung der Verfügbarkeit bei diesem Personenkreis zu einer erhöhten Abgangswahrscheinlichkeit aus Arbeitslosigkeit gegenüber der Kontrollgruppe führt, die dann auch über einen längeren Zeitraum hinweg konstant positiv bleibt, jedoch nur zu einer unwesentlich höheren Wahrscheinlichkeit, eine Beschäftigung aufzunehmen. Bei der Evaluierung der tatsächlichen Teilnahme an der Trainingsmaßnahme zeigt sich hier jedoch weder bei den Abgängen aus Arbeitslosigkeit, noch bei Abgängen in Erwerbstätigkeit ein deutlicher Effekt. Zudem zeigt sich, dass ein positiver Effekt sich erst nach Ende des „Lock-in“-Effekts einstellt. Diese Befunde legen den Schluss nahe, dass in dieser Gruppe Trainingsmaßnahmen tatsächlich zu Abmeldungen aus Arbeitslosigkeit führen, die jedoch, wie erwartet, auf die Überprüfung der Verfügbarkeit durch die Ankündigung einer Maßnahme zurückzuführen sind. Durch die tatsächliche Teilnahme an der Trainingsmaßnahme wird kaum eine Verbesserung der Eingliederungsaussichten erreicht. … 7.3 Jugendliche Etwas differenzierter stellt sich das Bild bei der Gruppe der arbeitslosen Jugendlichen dar. Auch hier hat die Einladung zur Trainingsmaßnahme zunächst einen deutlichen, signifikant positiven Effekt auf die Abgangswahrscheinlichkeit aus Arbeitslosigkeit. Dieser nimmt jedoch zwischen den Messpunkten nach 3 und nach 6 Monaten deutlich ab und wird insignifikant. Bei der Betrachtung der Zielvariable Abgänge in Erwerbstätigkeit bleibt der Effekt positiv, ist jedoch ebenfalls nicht über den gesamten Beobachtungszeitraum hinweg signifikant. Bei der Evaluierung der tatsächlichen Teilnahme an der Maßnahme zeigt sich in Bezug auf Abgänge in Erwerbstätigkeit nach 9 Monaten ein signifikant positiver Effekt. Hier kann also davon ausgegangen werden, dass sich hier eine Teilnahme an der Maßnahme nach längerer Anlaufzeit positiv auf die Abgangsrate in Erwerbstätigkeit auswirkt. In dieser Gruppe kann zusammenfassend also ein kurzfristiger, positiver Effekt auf die Abgangswahrscheinlichkeit aus Arbeitslosigkeit aufgrund der Einladung zur Maßnahme sowie ein langfristiger, positiver Effekt auf die Eingliederungswahrscheinlichkeit in Erwerbstätigkeit durch die Teilnahme an der Trainingsmaßnahme festgestellt werden. 8 Fazit Bei der Auswertung des Experiments zu Trainingsmaßnahmen zur Überprüfung der Verfügbarkeit in der ausgewählten Agentur für Arbeit zeigen sich zwei unterschiedliche Effekte von Einladungen zu einer solchen Maßnahme. Zum einen ist dies ein positiver Abgangs- beziehungsweise Eingliederungseffekt, der sich durch die Einladung zu einer Maßnahme ergibt. Dieser Effekt ist aus den Abgängen bereits vor Beginn der Maßnahme zu erkennen. Zum anderen ist dies der Effekt der tatsächlichen Teilnahme an der Maßnahme. Eine positive Maßnahmewirkung aufgrund der Teilnahme kann jedoch nur in geringem Ausmaß festgestellt werden. Eine höhere Abgangsrate der eingeladenen Personen gegenüber der Vergleichsgruppe aufgrund der Überprüfung der Verfügbarkeit ist hier vor allem bei der Gruppe der teilzeitarbeitslosen Frauen und bei der Gruppe der Jugendlichen in den ersten Monaten festzustellen. … Ein signifikant positiver Effekt der tatsächlichen Teilnahme ist jedoch nur bei der Gruppe der Jugendlichen nach Ablauf von 9 Monaten nach Ende der Maßnahme festzustellen. Die Ergebnisse der Evaluation von Trainingsmaßnahmen zur Überprüfung der Verfügbarkeit mit Hilfe von Daten eines Experiments deuten daher darauf hin, dass diese geeignet sind, zu überprüfen ob arbeitslos gemeldete Personen tatsächlich zur Teilnahme an einer Maßnahme und damit eben auch zur Vermittlung zur Verfügung stehen. Dies kann anhand der höheren Wahrscheinlichkeiten der Personen der Teilnehmergruppe nach Erhalt der Einladung zur Maßnahme die Arbeitslosigkeit zu beenden festgestellt werden. In diesem Zusammenhang ist aber auch darauf hinzuweisen, dass die Abmeldungen aufgrund der Einladung überwiegend nicht zu Integrationen in den ersten Arbeitsmarkt führen. Die Evaluation der tatsächlichen Teilnahme an der Maßnahme zeigt dagegen kurzfristig kaum eine Auswirkung auf die Abgangs- und Eingliederungsrate. Die Ergebnisse zeigen jedoch, dass sich eine Teilnahme an der Maßnahme langfristig positiv auf die Eingliederungsaussichten auswirken kann. Um dies abschließend beurteilen zu können, wären jedoch weitere Beobachtungspunkte über den Zeitraum von 12 Monaten hinaus nötig. Schließlich muss hier aber auch, gerade vor dem Hintergrund der relativ geringen Fallzahlen, darauf hingewiesen werden, dass sich diese Schlussfolgerungen lediglich auf das hier untersuchte Experiment in einem bestimmten regionalen Arbeitsmarkt beziehen und daher nicht ohne weiteres verallgemeinert werden sollten. “ Den Volltext der Untersuchung des IAB entnehmen Sie bitte aufgeführtem Link.

http://www.iab.de/de/publikationen/discussionpaper.aspx

Quelle: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung

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