‚DEMOKRATIE LEBEN LERNEN. HERAUSFORDERUNGEN FÜR DIE JUGENDSOZIALARBEIT IN LÄNDLICHEN RÄUMEN‘ – ein Projekt der Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit (BAG KJS) e.V. * PROJEKTVORSTELLUNG “ Problemaufriss: Wachsende soziale Ungleichheit und Ausgrenzung sowie die ungleiche Verteilung von Chancen, Ressourcen und Macht prägen bestimmte Gruppen wie Regionen in der Bundesrepublik Deutschland: In ländlichen marginalisierten Regionen und so genannten „abgehängten Gebieten“ ist eine massive Demokratiemüdigkeit und Werteunsicherheit festzustellen, die sich einerseits durch vorhandene Entwertungserfahrungen z.B. durch Arbeitslosigkeit und sozialen Abstieg, andererseits durch Unerfahrenheit in demokratischen Entscheidungsprozessen (gilt insbesondere für die ostdeutschen Bundesländer) erklären lässt. Hier haben rechtsextremistische Akteure leichtes Spiel, mit ihren Vorstellungen von Ungleichwertigkeit und Ungleichheit insbesondere bei den jungen Erwachsenen und Jugendlichen ohne Bildungs- und Berufsabschluss, die sich alleingelassen fühlen und mit den steigenden Mobilitätsanforderungen in Beruf und Gesellschaft nicht mithalten können, anzuknüpfen. Konzepte der Jugendsozialarbeit (JSA) wurden häufig für den urbanen Raum konzipiert und sind im ländlichen Raum aufgrund der höheren Entfernungen, der geringeren Personaldecke und struktureller Unterschiede nicht 1:1 umsetzbar. Es bedarf in marginalisierten Regionen der stetigen Unterstützung im Sinne eines kollegialen und fachlichen Coachings und des Aufbaus von Netzwerken, um den Tendenzen entgegen treten zu können. Eltern und Angehörige stehen diesem Problem oft hilflos gegenüber. Zunehmend bitten Akteure wie z.B. auch Berufsbildungswerke und Ausbildungszentren um Unterstützung, weil sie zunehmend mit Hilfeanfragen von Eltern bzw. Angehörigen rechtsextremer Jugendlicher konfrontiert werden. In bestimmten Regionen existieren bislang jedoch keine Ansprechpartner, so dass immer wieder Anfragen aus diesen Regionen an andere, ortsfremde Fachkräfte gerichtet werden, die keine ortsnahe Unterstützung anbieten können und zunehmend mit den Anfragen aus den eigenen Regionen überlastet sind. Es müssen sowohl qualifizierte AnsprechpartnerInnen vor Ort „gefunden“, wie auch MultiplikatorInnen geschult und in bereits bestehende Netzwerke wie z.B. das bundesweite Netzwerk „Beratung für Eltern und Angehörige von Kindern und Jugendlichen in der rechtsextremen Szene“ integriert werden. Die bisherigen Angebote reichen dafür bei weitem nicht aus. Die Interkulturelle Öffnung der gesellschaftlichen Einrichtungen im Sinne von Chancengleichheit und Partizipation dem demokratischen Grundgedanken nach ist bislang nicht umgesetzt. MigrantInnen werden defizitorientiert betrachtet. Probleme der beruflichen und sozialen Eingliederung werden ihrer mangelnden Integrationsbereitschaft angelastet. Eine demokratische Integrationskultur beinhaltet jedoch, dass Integrationsschritte auf allen Ebenen mit allen Betroffenen verhandelt werden müssen und sich all diese Beteiligten ihrer demokratischen Verantwortung für diesen Prozess bewusst werden. Dazu müssen auch die Bereiche, in denen die Frage nach Demokratie nicht ausreichend gestellt wird, „demokratisiert“ werden. Es muss also nicht nur gegen Rechtsextremismus und Alltagsrassismus, sondern vor allem für interkulturelle Verständigung und demokratische Mitgestaltungsmöglichkeiten gearbeitet werden. Projekthintergrund: Die Solidarität mit Benachteiligten und die Begegnung mit anderen Lebenswelten und Kulturen ist ein genuiner Kernbestandteil der christlichen Identität. Alle Menschen, die in Deutschland leben, sollen an der Gestaltung der Gesellschaft beteiligt werden: Demokratiekompetenz geht über das Wissen der politischen Handlungsmechanismen einer demokratischen politischen Ordnung hinaus. Vielmehr geht es um die Gestaltung eines demokratischen Miteinanders, dh. Demokratie wird als Lebensform und als Grundlage für das Zusammenleben in einer pluralistischen Gesellschaft gesehen. „Ziel jeder Integrationspolitik muss es (demnach) sein, für die einheimische Bevölkerung ebenso wie für die hier lebenden und die künftigen Migranten Rahmenbedingungen zu schaffen, die die gleichberechtigte Eingliederung in die soziale, wirtschaftliche und rechtliche Ordnung ermöglichen.“ Eine der drei Säulen dieser Integrationspolitik ist Teilhabe an der Gesellschaft. „Deshalb müssen den Zuwanderern Wege zur wachsenden Partizipation an den gesellschaftlichen Gütern und an der Gestaltung des Gemeinwesens eröffnet werden. (Quelle: Heft 77 „Die deutschen Bischöfe: Integration fördern – Zusammenleben gestalten Wort der deutschen Bischöfe zur Integration von Migranten vom 22.09.04“). Mit Bezug zu den Grundlagen kirchlicher Jugendarbeit stellt sich für die kirchlichen Träger die Aufgabe, entsprechende Kompetenzen bei ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern entsprechend zu fördern und die Zusammenarbeit und Kooperation mit Einrichtungen, die sich für die Belange von Migrantinnen und Migranten einsetzen (z.B. Migrantenselbstorganisationen) zu stärken. Bezugnehmend auf den Schwerpunkt des Projektes zur Förderung der JSA in katholischer Trägerschaft im ländlichen Raum dient der Synodenbeschluss „Ziele und Aufgaben kirchlicher Jugendarbeit“ mit den folgenden Ausführungen als Orientierung: „Jugendarbeit ist … zugleich Dienst der Kirche an der Jugend überhaupt und Dienst an der Jugend der Kirche. Sie ist immer zugleich ein Dienst am einzelnen jungen Menschen und ein Dienst an der Gesellschaft, deren Schicksal davon abhängt, wie die Generationen miteinander zu leben und zu arbeiten verstehen. Eine einzelne Gruppe der Gesellschaft kann sich in ihrem Dienst an der Jugend daher niemals darauf beschränken, ihre eigenen Überzeugungen und Ideale weiterzugeben. So sollte die Kirche ihre Jugendarbeit auch als ‚gesellschaftliche Diakonie‘ verstehen, d.h., ihre Jugendarbeit sollte durch die missionarische Ausrichtung Dienst sowohl an der Jugend als auch Dienst an der Gesellschaft sein. Wo dies zur Grundhaltung wird und glaubwürdig ist, kann kirchliche Jugendarbeit drauf vertrauen, dass es immer auch junge Menschen geben wird, die bewusst in die Nachfolge Jesu eintreten.“ Die Jugendlichen im ländlichen Raum und die Fachkräfte, die als MultiplikatorInnen in den Seminaren teilnehmen, erleben durch dieses Projekt die Anwaltschaftlichkeit der Kirche, die mit ihrem umfassenden Integrations- und Bildungsanspruch auf die Förderung personaler und sozialer Kompetenzen zielt. Projektziel: Das Projekt verfolgt das Ziel, demokratisches Denken und Handeln als Querschnittsthema in die Jugendsozialarbeit zu integrieren. Einerseits sollen die Akteure in ihrem eigenen demokratischen Selbstverständnis gestärkt werden, denn oft sind JugendsozialarbeiterInnen selbst in ihrem Handlungsfeld eingeschränkt, verunsichert und fühlen sich sprichwörtlich „allein auf weiter Flur“. Auf der anderen Seite sollen die Akteure motiviert werden, Jugendliche und junge Erwachsene an Prozessen, die sie selbst betreffen, zu beteiligen, sich als aktive GestalterInnen einer Demokratie wahrzunehmen und rechten Agitationen entgegenzutreten. Durch eine erlebbar gemachte Demokratie mit stabilen Grundwerten kann sich der Einzelne als ein individuell handelndes Wesen für einen gemeinsame Idee – die Gestaltung der Demokratie – wahrnehmen und braucht nicht auf autoritäre Ideen, die auf Ungleichheit aufbauen, zurückzugreifen. Langfristig werden die erworbenen Demokratiekompetenzen zu einer Förderung der beruflichen und sozialen Integration junger benachteiligter Menschen in alle Bereiche des kulturellen und gesellschaftlichen Lebens im Sinne von Chancengleichheit beitragen. Gleichzeitig werden die entwickelten Konzepte und Ideen sich auf den internen Ebenen der Einrichtungen der Jugendsozialarbeit widerspiegeln und somit einen Beitrag zur einer Demokratie – Öffnung auch in Institutionen beitragen. Projektaktivitäten: Im Rahmen des Projektes werden zwei Fortbildungsreihen angeboten: – Multiplikator/-in für demokratische Mitgestaltung und Chancengleichheit in der JSA , Themenschwerpunkt Arbeiten im ländlichen Raum – Multiplikator/-in für demokratische Mitgestaltung und Chancengleichheit in der JSA , Themenschwerpunkt Interkulturelle Gestaltung und Öffnung Parallel soll die Kooperation und Vernetzung der Akteure vor Ort aktiv unterstützt werden, um Coachingangebote an den Orten zu etablieren, an denen es keine (mobilen) Beratungsangebote gibt. Auf der Bundes-, Landes- und regionaler Ebene finden regelmäßig Arbeitstreffen, Workshops und Seminare statt, um die Umsetzung der Querschnittsaufgabe strategisch zu begleiten. “ * VERANSTLATUNGSHINWEISE “ Fortbildungsreihe ‚ Multiplikatorin/ Multiplikator für demokratische Mitgestaltung und Chancengleichheit in der Jugendsozialarbeit‘ startet im Februar. Vom 05. Februar bis zum 31.05.2008 finden im Rahmen der Fortbildungsreihe drei Seminare statt: – „Betzavta-Seminar“ (5.2-7.2.2008), – „Position beziehen“ (14.-15.04.2008), – „Mit dem Rücken zu Wand?“ (29.-31.05.2008). Alle Seminare der Fortbildungsreihe können unabhängig voneinander besucht werden. Bei Teilnahme an allen drei Fortbildungsteilen wird auf den Gesamtteilnahmebeitrag ein 10%er Rabatt gewährt und ein besonderes Zertifikat ausgestellt. Das „Betzavta-Seminar“ ist bereits ausgebucht. Die Ausschreibungen für die beiden anderen Seminare entnehmen Sie bitte dem Anhang. “ Weitere Informationen: Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit (BAG KJS) e.V. Projekt: Demokratie Leben Lernen. Herausforderungen für die Jugendsozialarbeit in ländlichen Räumen Projektleitung: Christine Müller, Tel: 0211-94485-29, christine.mueller@jugendsozialarbeit.de Projektreferentin: Elisabeth Khan, Tel: 0211-94485-28, elisabeth.khan@jugendsozialarbeit.de
Quelle: BAG KJS
Dokumente: Einladung_zum_Seminar_Position_beziehen.pdf